Das Haus Zamis 35 - Weil es so schwer wie Blut sein soll

Catalina Corvo & Logan Dee

Das Haus Zamis 35

 

In „Weil es so schwarz wie Blute sein soll“ gehen Catalinca Corvo und Logan Dee unter der Leitung Uwe Voehls ungewöhnliche Wege. Bedenkt man, dass Michael Zamis und seine Tochter Coco im höflichen Sinne zerstritten gewesen sind und das der Schiedsrichter Skarabäus Toth auch nicht gerade ein Freund der Zamis zu nennen ist, dann wirkt die unheilige Allianz, die in der Not unter der Aufsicht von Asmodis geschmiedet werden muss, wie ein Hohn.

Aber die Hintergründe werden im vorliegenden Coco Zamis Band sehr genau und überzeugend beschrieben. Zum einen erhielten alle drei Besuche von Todesboten, deren Macht sehr viel größer zu sein scheint als sie ahnen. Die einzige Möglichkeit ist ein Bündnis gegen den oder die Hintermänner dieser Anschläge. Da sie sich bislang nicht gezeigt haben, können Toth, Coco und Michael Zamis nicht ahnen, mit welchem Feind sie es zu tun haben. Es gibt aber die Möglichkeit, ein Bündnis der besonderen Art zu schmieden, in dem die Partner sich gegenseitig mit ihren Kräften ergänzen. Aber dieses Bündnis ist an einige Besonderheiten gekoppelt. So darf es zwischen den Partnern keinen Verrat geben. Das Bündnis ist zeitlich mit wenigen Tagen eng begrenzt und vor allem muss der Feind besiegt werden, da ansonsten die hinterlegten Pfänder dem Oberaufseher zu fallen. Bei Coco Zamis bedeutet es, ihr ungeborenes Kind zu hinterlegen. Michael Zamis „opfert“ seine Frau, die interessanterweise ja auch mit Asmodi verwandt ist. In diesem Fall bleibt die Frage offen, ob der Oberteufel sich einen neuen Weg ausgedacht hat, sowohl die Zamis als auch den ihm inzwischen lästigen Toth los zu werden. Toth legt sein ehrwürdiges Äußeres ab, was allerdings zu einigen laufenden Witzen hinsichtlich seiner neuen Unkenntlichkeit führt. Dabei ist Humor egal welcher Art eines der Elemente, über welches die Serie auf keinen Fall verfügt.

Im ersten Teil aus der Feder Catalina Corvos geht die Handlung nicht nur ausführlich auf das Schmieden dieses Bündnisses ein, sondern einige Hintergründe werden subtil erläutert. So erhält Thekla die Beine einer lebendigen Schönheitskönigin, so dass ihre von Dorian Hunter zugeführten Verletzungen gänzlich geheilt sind. Michael Zamis besucht ein besonderes Bordell auf der Suche nach Vebündeten und Coco Zamis muss ihre neuen Heimat – das Wiener Kaffeehaus – verlassen. Da die Geschichte aus unterschiedlichsten Perspektiven erzählt und die Ich- Erzählerebene Coco Zamis aufgegeben wird, wirkt der Text deutlich abgerundeter und interessanter. 

Trotzdem sucht das Unheil die Drei heim. Im zweiten Teil „Todesfrist“ zeigt Logan Dee die einzelnen Reaktionen auf die Bedrohungen. Michael Zamis sichert weiterhin mit wenig Bedauern seiner „gefangenen“ Frau gegenüber das eigene Heim. Toth ist sich seiner neuen Verbündeten nicht sicher und versucht, ein ausgezeichnetes Versteck zu finden. Am schlimmsten erwischt es Coco Zamis, die in die Vergangenheit geschleudert und ihrer Kräfte beraubt worden ist. Der Roman endet mit einem brutalen Cliffhangar, in dem Coco Zamis das Schicksal der Wiener Juden teilt, die im 15. Jahrhundert unter der Herrschaft der Fürsten verhaftet, gefoltert und schließlich verbrannt worden ist. Coco Zamis wird als Hexe angeklagt und landet im Folterkeller.

Diese Reisen in die Vergangenheit beinhalten Stärken und Schwächen zu gleich. Zu den Stärken gehört ohne Frage ein nicht immer angenehme Untersuchung des spätmittelalterlichen Antisemitismus, wie er in Wien vergleichbar vielen anderen mitteleuropäischen Städten vorgeherrscht hat. In kraftvollen Bildern beschreibt Logan Dee das Elend dieser unschuldig verhafteten Menschen. Auf der anderen Seite ist Coco Zamis mehrfach schon in die Vergangenheit gereist und wurde ihrer Kräfte beraubt. Dieser Aspekt der Serie ist im Vergleich zu den sehr viel interessanteren Chroniken der Familie Zamis eingebettet in einen historischen Kontext zu of angesprochen worden. Auch glaubt niemand wirklich, das die wichtigste Protagonisten – auch wenn die Serie nicht mehr ihren Namen trägt – gefoltert und hingerichtet wird.

Dagegen geht Toth nach einem interessanten Auftakt förmlich unter. Schon im letzten Zyklus mit dem Angriff der schwarzen Familien auf Zamis hat Toth eine interessante, natürlich keineswegs neutrale Rolle gespielt. Andeutungen haben mehrfach gezeigt, das die Figur sehr viel vielschichtiger sein kann. Es wäre schön gewesen, wenn Voehl/ Corvo/ Dee einen Charakter abseits der Zamis ausgewählt und wie schon angedeutet weiter demontiert hätten. Ansätze finden sich in der Demaskierung dieser Figur, welche selbst Stammleser der Serien „Coco Zamis“ und „Dorian Hunter“ überraschen sollte. Aber wie gesagt, die Auswirkungen finden sich eher im Bereich des Running Gag. Toth wird zwar seiner Dämonie beraubt, aber als Figur auch zu stark und zu überraschend reduziert. Vielleicht hätte ein wenig mehr Subtilität dieser Facette des Romans gut getan, zum Toth wirklich sein ganzes Potential noch nicht gehoben hat. Aber alleine für den Versuch, etwas Anderes zu präsentieren, müssen die Autoren inklusiv des Expokraten gelobt werden. 

Michael Zamis hat zusammen mit seiner Familie außerhalb von Coco mehrfach im Mittelpunkt der Handlung gestanden. Dieser Doppelband macht ihn noch mehr zu einer narzisstischen Sadisten, der zwar beim Foltern/ Hinrichten von unschuldigen Menschen keine Miene verzieht, sich aber auch an diesen Schauspielen ergötzt. Mit detaillierten Beschreibungen verschiedener Messen versuchen die Autoren inklusiv der sadistischen Sadomaso Spiele der Dämonen in ihren eigenen Bordellen einen phantastischen Gegenentwurf zu den historischen Schrecken aufzubauen. Leider zeigt positiv auch dieser hier vorliegende Roman, das die Vergangenheit mit ihren Hexenprozessen und Massenhinrichtungen der gegenwärtigen Phantasie der Autor mehr als ebenbürtig ist.

Als eigenständiges Werk ist „Weil es so schwarz wie Blute sei!“ allerdings nicht gänzlich zufrieden stellend. Das Ende ist zu offen und die Cliffhangar zu frustrierend offensichtlich. Hinzu kommt, das auf der einen Seite die Grundidee eines dreiseitigen Beistandspaktes der besonderen Art ohne Frage faszinierend ist und interessant/ nachvollziehbar extrapoliert worden ist. Aber der Leser fragt sich im Gegensatz anscheinend zu Michael Zamis sehr viel früher, ob diese Kombination mit seiner Tochter Coco Zamis und Toth überhaupt eine schlaue Idee ist. Oder reagiert das Haupt der Zamisfamilie nur auf die äußeren Umständen? Denn es scheinen nur diese drei von den Todesboten befallen zu sein. Nicht ganz klar herausgearbeitet wird von den Autoren, ob dieser besondere Pakt nur von drei „Befallenen“ eingegangen werden kann oder ob es möglich/ sinnvoll gewesen wäre, eine andere Instanz mit einzuberufen. Ebenfalls interessant ist die Frage, warum sich Michael Zamis im Grunde in die Hände Asmodis begibt, der als einziger Bündnisschmied in Frage kommen soll. So gefährlich diese Anschläge der Todesboten auch sein mögen, im Grunde kommt Zamis Reaktion zu schnell und zu wenig als letzte Möglichkeit aus dem Geschehen heraus entwickelt. Auch herrscht zwar auf Seite Zamis/Coco und Toth ein gegenseitiges Misstrauen, das sich im nächsten Roman noch steigern soll, auf eine mögliche Falle kommt keiner der Protagonisten. Die Mechanik des Romans ist bei näherer Betrachtung zu absolut, als das sie in der vorliegenden Konzeption gänzlich überzeugen kann.

Als Zwischenband unterhält allerdings „Weil es so schwarz wie Blute sei!“ relativ gut. Die wichtigsten Figuren sind gut gezeichnet, die Hintergründe mit ihrer überzeugenden Mischung aus historischen Fakten und dämonischen Perversionen sehr gut gegeneinander abgemischt und es bleiben so viele Fragen offen, das der Leser förmlich zum nächsten Roman greifen muss. Stilistisch überzeugt Catalina Corvo mit ihrer ersten Romanhälfte mehr, allerdings kann Logan Dee in seinem zweiten Teil nachhaltiger und damit auch gut überzeugend auf historische Fakten zurückgreifen, um Coco Zamis wieder einmal aussichtslose Lage unangenehm detailliert zu beschreiben.          

 

 

 

Zaubermond Verlag, Taschenbuch, 200 Seiten

www.zaubermond.de

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