PR Neo 61- Der verlorene Himmel

Oliver Plschka

Gleich zu Beginn des Romans von Oliver Plaschka stellt sich dem Leser die Frage, ob es sinnvoll ist, dass Ende und den Beginn eines Zyklus derartig willkürlich zu wählen. Im Grunde setzt "Der verlorene Himmel" als erster Roman der neuen Staffel unmittelbar an den Vorgängerroman an. Im amerikanischen Fernsehen sind diese Cliffhanger ja gang und gäbe, in einer laufenden Heftromanserie im Allgemeinen und bei Perry Rhodan im Besonderen eher ungewöhnlich. Es drängt sich ein wenig der kommerzielle Verdacht auf, als fürchte man mit dem Ende einer Miniserie Leser zu verlieren. Mehr zu verlieren als man mit dem Hinweis auf eine neue Staffel und die Möglichkeit des Einsteigens gewinnen könnte. Also wird versucht, mit diesem Trick das Phlegma der Käufer aufrechtzuerhalten.

Wie schon angedeutet setzt die Handlung unmittelbar im Anschluss ein. So sehr sich Oliver Plaschka auch mit einigen sehr gut geschriebenen Szenen sich bemüht, einen vielschichtigen Roman zu verfassen,. so sehr stehen ihm Plotverlauf und Charaktere auch im Wege. Der positive Aspekt ist ohne Frage, dass Frank Borsch Iwan Goratschin im zweiten Versuch hat sterben lassen. Wie sein Tod beschrieben worden ist, sollte es auch endgültig sein. Eine Wiederauferstehung würde Plaschkas überdurchschnittlich emotional, am Randes des Kitsches allerdings erträglich verlaufende Szene unterminieren und das Sterben in der "Neo" Serie endgültig ad absurdum führen. Die Reaktion des Regenten auf den Zünder ist eine der Schwächen des Romans. Er ist beunruhigt und hinterfragt die bislang unbekannten "Spielregeln". Um das Scheitern von Rhodans Mission in Bilder zu fassen. Der Regent beginnt sich zu fragen, welche neuen Feinde auf der intergalaktischen Bühne aufgetaucht sind und sollte relativ schnell einen Zusammenhang mit den verschwundenen Kriegsschiffen herstellen. Denn wie da Treffons Reaktion auch deutlich macht, verschwinden im gigantischen arkondischen Reich keine Raumschiffe aufgrund der Meuterei der Besatzung. Der Regent lässt Iwan von Medorobotern versorgen und beginnt ihn mit einem Angebot zu ködern. Wenn er einen Auftrag für den Regenten erledigt, kommen Iwan und seine Freunde frei. Der Leser weiß, das das Angebot eine Finte ist, denn der Regent hat - ein weiterer Handlungsarm dieses Romans, der stark konstruiert worden ist, um Rhodan und seinem kleiner werdenden Team die Flucht aus aussichtsloser Situation ermöglicht - auch den jungen Offizier der Garde kaltblütig erschossen, der ihn vor den Eindringlingen gewarnt hat. Zusammen mit einem Duplikat soll Iwan in die Schatzkammer der Prinzessin Crysalgiras eindringen. Dort erhofft der Regent bei einem zweiten Versuch, die Pläne der Konverterkanone zu finden, mit denen die Methanatmer schon einmal in die Flucht geschlagen worden sind. Die Grundidee einer verschollenen Wunderwaffe ist schon angesichts der technologischen Geschichte der arkonidischen Reiches; angesichts der mehrfach ausprobiereten Prämisse, das derenm Raumschiffwracks nach Jahrtausenden auf dem Meeresgrund noch fliegen und vor allem der Vielzahl von Konverterkanonen, die damals zum Abwehren des Methanatmerangriffs gebaut werden mussten, abenteuerlich. Die ASrt und Weise, auf welche der Regent allerdings nach den Waffen sucht, erscheint absurd. Wie kann Iwan die Zugangsprüfung als Mensch überstehen, während die Kopie des Regenten und damit impliziert der Regent auch diese nicht überstehen kann? Warum schickt der Regent nicht einen Arkoniden, denn es erscheint unwahrscheinlich, das Crysalgiras als potentielle Hüterin dieses Geheimnisses ihr eigenes Volk in den Untergang schicken könnte. Am Wahrscheinlichsten wäre es noch gewesen, entweder einen Nachkommen ihres Geschlechtes oder einen Verwandten ihres damaligen Geliebten Atlans zu suchen und in die Schatzkammer zu schicken. Das das Regentduplikat dann noch Iwans verstorbenen Bruder ähnlich sieht ist angesichts der Mühen der Duplizierung - theoretisch wird hier auf die Duplikatoren aus dem MDI Zyklus hingewiesen, in der Praxis ist das Kopieren allerdings sehr umständlich und nur auf eine jeweils lebende "Kopie beschränkt - unglaubwürdig. Bedenkt man, welchen Schmerzen sich der Regent zur eigenen Duplizierung unterwerfen muss und welche Ängste er aussteht, nicht mehr aufzuwachen, dann wirkt es unglaubwürdig, dass er Iwans Bruder mit einem ihm gehorchenden Bewusstsein erschafft. Es kommt zu Widersprüchlichkeiten was die Übersendung der OPläne angeht. Die Idee, die Maahks zu Friedensverhandlung mit der Drohung einer ultimativen Waffe angesichts der bedrohlichen Situation an der Front zu überreden erscheint als Zeilenschinderei. Vor allem präsentiert die Prinzessin nachdem sie die Kopie des Regenten/ Goratschins Bruder erledigt hat, Iwan mit einigen Mitteln, um gegen den eigentlichen Regenten vorzugehen. Oliver Plaschka ist unter der Führung von Frank Borsch nicht der einzige, der vieles durcheinander wirft. Es wird über Zeiträume von mehreren tausend Jahren gesprochen. Es wird die Möglichkeit impliziert, dass der Regent ein Eindringling ist. Über allem steht die Gefahr, dass die Maahks wiederkommen und sich möglicherweise technologisch weiter entwickelt haben. Trotzdem beschreiben die Autoren immer wieder ausschließlich Reaktionen, die von den passend am richtigen Ort zur richtigen Zeit befindlichen Terranern ausgelöst bzw. ausgenutzt werden. Die ganze Passage in der Schatzkammer ist so frustrierend langweilig und konstruiert, dass man nur mit dem Kopf schütteln kann. Iwan gelingt es zumindest, den Duplikator auszuschalten. Auch diese Szene beinhaltet eher Wunschträume der Autoren: Einen Regent kann nicht so dumm sein, einen Mann, der ihn vor wenigen Stunden/ Tagen töten wollte, in eine der geheimsten Kammern mitzunehmen und sich in einem Moment der Schwäche derartig bloß zu stellen. Spätestens mit dem "Tod" seiner in die Schatzkammer geschickten Kopie hätte der Regent auf der Hut sein müssen. Und da er beim Erstellen einer weiteren Kopie "erwischt" wird, muss er von dessen Tod gewusst haben. Zumindest endet die Szene nur mit einem bedingten Happy End.

Bis dahin zeigt Oliver Plaschka, wie man einen Roman mit Phrasen füllen kann, deren Bedeutung Frank Borsch der Autor selbst nicht erkennen. Die wertvollen Duplikate werden vom Regenten auf Missionen eingesetzt, die ihm zu riskant erscheinen oder zu denen er keine Lust hat. In den letzten beiden Romanen eine wichtige, vielleicht die wichtigste Rede an eigene Volk zu halten, im vorliegenden Roman in die Schatzkammer eindringen und einen Zyklus vorher eben durch ein Tunnellabyrinth mit Rhodan im Gefolge im Raumschiff der vor Jahrtausenden verschwundenen Prinzessin auf einem abgeschiedenen Planeten zu suchen. Die Aufgabenstellung ist klar, die Erfüllung fragwürdig. Zum einen sind es Duplikate mit allen Erinnerungen und vor allem allen Fähigkeiten des Regenten. Der Hass auf die eigenen Duplikate, die große Enttäuschung müsste sich also gegen sich selbst richten. Bevor die Analyse allerdings beginnt, wird der Bogen weiter geschlagen. Auch da Treffon erreicht der Zorn des Regenten. In dieser Hinsicht verständlich, weil da Treffon  sich als Versager in mehrfacher Hinsicht erwiesen hat. Ersetzen kann er ihn laut seinen eigenen Gedanken nicht. Bedenkt man, dass sich da Treffon inzwischen wieder auf eine alte Aufgabe als Verantwortlicher für die Heimatwelt der Naats, die wiederum ihn und damit den Regenten mehrfach im Stich gelassen haben, mit opportunistischen „Zielen“ konzentriert, ist die Frust der Regenten zu verstehen. Das es keinen adäquaten Ersatz in einer immer noch elitären Offiziersgarde gibt, erscheint allerdings unwahrscheinlich. Der Bogen noch weiter. Selbst die Flucht von Rhodan & Co. wird kritisiert. Bedenkt man dann, dass nur wenige Seiten später Rhodan und seine Helfer gefangen genommen und von einem am Regenten zweifelnden Offizier wieder frei gelassen werden, erkennt der Leser die Nöte des Autoren, aus dem Wust von schlechten Ideen und inneren Monologen überhaupt einen Roman zu bauen.

Immerhin erkennt Goratschin, dass der Regent die gleiche Art von Zellaktivator trägt wie Atlan. Der Russe fragt zumindest, warum Atlan ihm einen Zellaktivator übergeben soll. Er fragt allerdings nicht, warum Atlan in Unkenntnis der Duplikate den Regenten bei ihrer ersten Begegnung und gerade auch in Bezug auf Ernst Ellers zu späte Warnung „getötet“ hat, wenn seine Mission oder besser eine seiner Missionen – die Übergabe der Konverterkanonenpläne ist eine andere gewesen – eine gänzlich andere gewesen ist. Der Regenten erst töten und ihm dann einen Zellaktivator übergeben macht keinen Sinn. Trauer wegen einer Frau zu empfinden, die mehr als zehntausend Jahre vorher gestorben und nicht vom Regenten, diesem Regenten getötet worden ist, wirkt angesichts der wenigen Unsterblichen in der Galaxis ebenfalls überzogen. 

                       

Die Perry Rhodan Handlung ist allerdings noch furchtbarer. Zusammen mit Crests altem Freund werden sie verfolgt, während sich im Chef der Palastwache - der nächste auf der Liste der Unfähigen - angesichts der Lügen des Regenten Widerstands nährt. Sein Enkel ist offensichtlich vom Regenten ermordet worden. Warum der Regent angesichts des Dienstes, den ihm der Enkel geleistet hat, auf eine derartig dumme Art und Weise gemacht hat, bleibt offen. Hat eine Kopie nicht geklappt? Sonst hätte der Regent den Leichnam des jungen Mannes mehr verstümmelt, um die Schuld ohne Probleme den Eindringlingen in die Schuhe zu schieben. Zumal der Regent weiß, dass es sich um den Enkel des Chefs der Palastwache handelt. Diese Schwäche wird allerdings benötigt, damit Rhodan am Ende freikommt. Dazwischen rettet er zum dritten Mal in den letzten zehn "Neo" Romanen  ein kleines Mädchen aus einer schwierigen Situation. Das revanchiert sich mit einer letzten Botschaft Goratschins, aufgenommen in einer kleinen goldenen Kugel, die ein wenig an einen Spielzeug Harno erinnert. Egal... angesichts der zahllosen Fehler und Versäumnisse, die Rhodan bislang begangen hat und dem Exposefaktum, dass er trotzdem in die Nähe seines Ziels gekommen ist, erscheint dieser Seiten füllende Kompromiss noch akzeptabel. Dafür hat er zweimal seinen wichtigsten Mutanten geopfert. Angesichts allerdings der Tatsache, dass der Regent ein Duplikat von Iwans Bruder herstellen könnte, besteht die Möglichkeit, mit einem weiteren interaktiv verbundenen Duplikator, der entweder in einer anderen Kammer des Palastes gestanden hat oder rechtzeitig geliefert wird, vielleicht eine Kopie von Iwans Bruder herzustellen oder gar mit einer Kombination verschiedener genetischer Quellen den Zünder wieder auferstehen zu lassen.

Am Ende bleiben so viele Ungereimtheiten zurück, dass der Leser nur den Kopf schütteln kann. Der rote Faden sind die Pläne der Konverterkannne, welche Atlans ehemalige Lebensgefährtin auch den Maahks anbieten wollte. Erstaunlich ist, wie sie überhaupt mit den brutal vorgehenden Maahks Kontakt aufnehmen wollte und was sie ihnen neben der Waffe anbieten könnte. Mit dieser Waffe wären die Maahks unter Ignoranz ihrer bisherigen und zukünftigen Verluste in der Lage gewesen, das arkonidische Reich gänzlich zu zerstören. Höhepunkt ist aber ohne Frage, dass Crysalgira die Pläne der Konverterkanone auswendig (!!!) gelernt hat. Erst als sie erkennt, dass auch sie mit ihrem Vorschlag nicht weiterkommt, bricht sie die Gespräche ab und erhält auch noch ein Geschenk... einen Tarkanchar. Wahrscheinlich haben die Maahks die Schönheit der Prinzessin erkannt und deswegen keinen Versuch unternommen, ihr Schiff zu zerstören. Oder der Tarkanchar beinhaltete eine weitere perfekte Waffe, welche als Minibombe im richtigen Moment gezündet werden sollte. Oder die Maahks hatten einfach einen guten Tag und wollten nett sein. Der Leser kann angesichts dieser fragwürdigen Friedensideen nur den Kopf schütteln. Vieles kommt einem älteren Leser aus den kommunistisch pazifistischen Manifesten der ersten Friedensbewegung lange vor ihren Demonstrationen tatsächlicher Realpolitik bekannt vor. Aber es in dieser Form in einem Perry Rhodan "Neo" zu präsentieren, ist erstaunlich dreist. Selbst die Zielgruppe der vier- bis sechzehnjährigen Leser kann nicht so naiv sein, derartigen Unfug zu akzeptieren, zumal an vielen Stellen die innere Stimmigkeit der „Neo“ Serie noch weiter unterminiert wird. Mehr und mehr hat man den Eindruck, als gäbe es ein viel zu grobes Gerüst, in dem sich jeder Autor in seiner Nische – sprich „Taschenheft“ -  breit machen kann und gegen jede Logik argumentieren darf.  

 

"Der verlorene Himmel" ist ohne Frage einer der schwächsten Romane der "Neo" Serie. Schlecht konstruiert, schlecht entwickelt und voller Widersprüche. Frank Borsch schreibt sich in Bezug auf die Exposes  immer weiter in die Ecke und es bleibt zu hoffen, das die Leser demokratisch mit den Füßen abstimmen. Zumindest stilistisch kann Oliver  Plaschka überzeugen. Er hat sich bemüht, die eindimensionalen Figuren mit innerem Leben zu erfüllen und irgendwo ist er leider falsch abgebogen, wie die zahllosen internen Widersprüche zeigen.        

 

Taschenheft, Pabel Verlag 160 Seiten

Januar 2014

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