Zwei tolle Kerle in Texas

Originaltitel: 
Texas Across the River
Land: 
USA
Laufzeit: 
97 min
Regie: 
Michael Gordon
Drehbuch: 
Wells Root, Harold Greene
Darsteller: 
Dean Martin, Alain Delon, Rosemary Forsyth, Peter Graves
Kinostart: 
16.12.66

Der Erfolg von Cat Ballou im Jahre 1965 hat dem Western eine weitere Facette hinzugefügt: die Klamaukkomödie. Während sich Filme wie Vierzig Wagen westwärts noch auf einen mit mehr oder minder erfolgreichen Humoreinlagen gespickten Plot konzentrierten, stand die Farce im Mittelpunkt der Jane Fonda Komödie und das Publikum liebte diese Art von belangloser Unterhaltung. Der europäische Western sollte erst vier Jahre später mit dem inzwischen auch auf DVD veröffentlichten Petroleum- Miezen ihren Versuch des brachialen Humors unter Beweis stellen.

Mit Claudia Cardinale und Bridget Bardot prominent besetzt. 1966 startete Universal- Studios mit Texas across the river – der Originaltitel weißt darauf hin, dass erstens Texas zu diesem Zeitpunkt noch unabhängig gewesen und zweitens wie groß das Land eigentlich ist, ein Fakt, der insbesondere Don Andrea vollkommen unbekannt erscheint – einen weitere humorvollen Western. Mit Dean Martin als alter Haudegen Sam Hollis, die phasenweise seinen Auftritt in Rio Bravo parodiert und seine Rolle in Rio Lobo vorwegnimmt. Wie Richard Oehmann in seinem zu kritischen und teilweise auch unfair geschriebenen Booklet schon herausarbeitet, standen Dean Martin in den sechziger Jahren alle Türen offen. Zwischen den erfolgreichen Kinoauftritten, seinen wenigen Platten, der TV- Show folgten private Eskapaden und Alkoholexzesse. In Zwei tolle Kerle in Texas wirkt Dean Martin erstaunlich nüchtern, auch wenn er in einigen Szenen einen Betrunkenen spielen muss. Eine gesunde Gesichtsfarbe und auf keinen Fall eine Rolle, die er im Vorbeigehen als Stangenware abgeliefert hat. Der in Europa sehr populäre Alain Delon sah in diesem Film – nicht zuletzt aufgrund der besseren Rolle – die Chance, zumindest die Fühler nach Hollywood auszustrecken. Auch wenn er nominell die zweite Geige in diesem Film spielt, trägt er doch die Handlung über weite Strecken auf seinen attraktiven Schultern und ist die Identifikationsfigur für den Zuschauer. Gleich von Beginn des Films an ist er auf der Flucht und muss sich in einem ihm fremden Land mit seinem teilweise stutzerhaften Benehmen zurechtfinden. Es geht ja immer wieder um seine Haut.

Als der spanische Edelmann Don Andrea (Alain Delon) seine Verlobte Phoebe (Rosemary Forsyth) ehelichen will, kommt ihm sein Nebenbuhler, ein amerikanischer Offizier, in die Quere. Das Fechtduell endet für den amerikanischen Offizier durch einen Fenstersturz tödlich. Die mitgereisten Cousins sehen im biblischen Motiv des Auge um Auge, Zahn um Zahn die einzige Möglichkeit, die Ehre des getöteten Offiziers wieder herzustellen. Insbesondere Peter Graves als ehrgeiziger Anführer einer Kavallerieeinheit überzeugt mit seinem stoischen Beharren auf der Hinrichtung des Ausländers. Don Andreas bleibt nur die Flucht. In Texas hat er sich mit seiner Verlobten wieder verabredet. Doch Texas ist groß und die Indianer sind wieder auf dem Kriegspfad. Durch einen Zufall lernt er den Abenteurer Sam Hollis kennen, der versucht, die amerikanische Armee von einer Waffenlieferung für die von Indianern bedrohten Siedler zu begeistern. Diese lehnen den Vorstoß ab, da Texas ja nicht den Vereinigten Staaten angehört. Am Ende des Films dagegen marschieren sie mit gezückten Säbeln über die texanische Prärie und stören sich an den politischen Verboten wenig. Es ist nicht die einzige Stelle des Drehbuchs, an der ein aufmerksamer Zuschauer die fehlende Kooperation der insgesamt drei Drehbuchautoren erkennen kann. Am Ende des Films wird die ansonsten stringente Handlung auf dem Altar des Klamauks im wahrsten Sinne des Wortes geopfert.

Das der amerikanische Western – der Italo- Western in Form von Sergio Leons ersten beiden Dollar- Filmen begann sich genau wie die sehr erfolgreichen Karl- May Verfilmungen zu regen – in dieser Zeit ein Kassenschlager und künstlerisch auf dem Höhepunkt seiner durchaus kritischen historischen Aufarbeitung gewesen ist, hat die Produktion auch von B- und C- Produktionen mit allerdings A Budgets begünstig. Schon Cat Ballou hat unterstrichen, dass Erfolgsrezept sind bekannte Stars in unmöglichen Situationen. Je verrückter diese Teams auf den ersten Blick auch erscheinen mögen, desto beliebter waren sie an der Kinokasse. Wenn ein Film dann auch noch mit den Klischees des Genres spielen konnte, war der Erfolg garantiert. Mit dem in den fünfziger Jahren verbannten Michael Gordon konnte das Studio einen verlässlichen Regisseur engagieren, der in Filmen wie Bettgeflüster – an der Seite von Rock Hudson spielte Doris Day – zwar nicht sein Talent, aber zumindest sein Gespür für die richtige Umsetzung dieser Art von Stoffen zeigen konnte.

Der Film selbst ist eher routiniert inszeniert worden. An einigen Stellen erkennt der Zuschauer genau die Begrenzungen des Budgets und die Stuntleute haben sicherlich sowohl die Indianer als auch die Kavallerie spielen müssen. Die angreifende Indianerhorde um den sichtlich überforderten Häuptling und den nur peinlichen Sohn halbiert sich plötzlich, als auch die amerikanischen Soldaten im Weitwinkelobjektiv erscheinen müssen. Der optische Humor ist an vielen Stellen zu überzogen, das liegt nicht nur an der insbesondere von Joey Bishop als Winnetou- Parodie überdrehten Darstellung in Kombination mit wenigen wirklich originellen Dialogen, sondern eher an Gordons Unwillen, die lustige Geschichte ernsthaft zu erzählen. Zu den wenigen Höhepunkten und gleichzeitig Tiefschlägen des Films gehört das Duell zwischen Häuptlingssohn Nummer eins und Alain Delon. Auf jede gute Idee folgt eine unterdurchschnittliche. Dabei haben die Produzenten des Films mit dem sportlichen Alain Delon in der Rolle des spanischen Adligen mit europäischen Manieren einen guten Griff getan. Alain Delon bemüht sich, eine überzeugende schauspielerische Leistung abzuliefern. Als Don Andrea Baldasar ist er gleichzeitig klassischer Held als auch bemitleidenswerter Tölpel. Insbesondere in Hinblick auf den visuellen Humor des Films zeigt der Franzose, dass er sich gegen den teilweise lustlosen Dean Martin sehr gut durchsetzen kann. Im Gegensatz zu den Filmen, die Dean Martin mit der Westernlegende John Wayne gedreht haben, konzentrieren sich die beiden sehr unterschiedlichen Schauspieler auf ihre Stärken. Während Delon athletisch sich in jedes Getümmel stürzt, bleibt Dean Martin mit seinen manchmal unpassenden, dann wieder selbst in der deutschen Übersetzung sehr lustigen Sprüchen in der Kommentatorenrolle. Wie sie sich am Ende des Films schließlich in einem ungewöhnlichen Duell gegenüberstehen, ist der Höhepunkt des Films und entschädigt für eine Reihe schwacher Szenen. Hätte Michael Gordon den Film aus der handlungstechnischen Perspektive ernster und dunkler inszeniert und den Humor als Kontrast genommen, wäre „Zwei tolle Kerle in Texas“ sicherlich ein besserer Film geworden.

Im Vergleich zu Cat Ballou und auch Vierzig Wagen westwärts wirkt der vorliegende Film ein wenig zu statisch, zu bemüht und zu konstruiert. Er lebt in erster Linie von Delons wirklich sehr guter schauspielerischer Leistung – Zwei tolle Kerle in Texas ist entgegen den späteren Rivallen unter roter Sonne und Zorro als europäische Vertreter des Genres sein einziger amerikanischer Western geblieben – und der Screwball artigen Komödie einiger weniger dynamisch inszenierter Szenen. Wie Richard Oehmann richtig feststellt, werden nur wenige Jahre später Bud Spencer und Terrence Hill des Comedy- Western zu ihrer eigenen Domäne machen. Delon und Martin lassen sich auch schwer mit den beiden Hans-Dampf-in-allen-Gassen vergleichen. In der kurzen Geschichte der Western- Komödie ist der Film im Grunde der Übergang von den auch budgettechnisch sehr gut ausgestatteten humorvollen, aber liebevollen Parodien auf den Western zu den einfachen – sowohl was die Action als auch den platten Humor angeht – italienischen Westernkomödien. Alleine aufgrund der einzigartigen Kombination Dean Martin/ Alain Delon ist Zwei tolle Kerle in Texas trotz einiger handlungstechnischer Schnitzer sehenswert. Der Charme seiner über vierzig jährigen Geschichte überdeckt diese Schwächen ungewöhnlich elegant.

Wie bei fast allen anderen Teilen der Classic Western Edition der Koch Media ist die Bildaufarbeitung sehr gut. Sehr sauber mit natürlichen, realistischen Farben im eigentlichen Film und dem bonbonartigen gemalten Vorspann kann der Zuschauer nicht glauben, dass dieser Film wirklich schon so alte ist. Insbesondere Verschmutzungen und Rollenspuren sind komplett beseitigt worden. Und wenn einige Farben und Bilder manchmal ein wenig verwaschen aussehen, erhöht diese schwächere Reproduktion den Charme des Originals. Beide Tonspuren lassen sich sehr gut anhören. Es empfiehlt sich, auf die Originalspur zu wechseln. Insbesondere Alain Delon mit seinem starken Akzent erscheint noch mehr als Fremdkörper in dieser für ihn unverständlichen Welt. Selbst Dean Martin verzichtet phasenweise auf sein grässliches Nuscheln. Die komischen Dialoge der Indianer sind im Original belassen und mit gelben deutschen Untertiteln ergänzt worden. Ein löbliches Vorgehen. Der Originalkinotrailer, eine Bildergalerie mit seltenem Werbematerial und das vierseitige Booklet mit einem ironischen, aber irgendwie zu bitteren Kommentar zum Film – danach fragt sich der Zuschauer, warum Koch Media den Film überhaupt in dieser Reihe veröffentlicht hat – runden die empfehlenswerte Präsentation ab.

Filmkritik:
von Thomas Harbach (für SF-Radio.net)

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