Hero

Originaltitel: 
Ying xiong
Land: 
China / Hongkong
Laufzeit: 
90 min
Regie: 
Yimou Zhang
Drehbuch: 
Feng Li, Bin Wang
Darsteller: 
Jet Li, Tony Leung Chiu-wai, Maggie Cheung
Kinostart: 
05.06.03

Namenlos, ein kleiner Stadtvorsteher aus dem Lande Zhao und brillianter Schwertkämpfer, erbittet eine Audienz beim König von Qin. Er hat vollbracht, was keinem vorher gelang: Er hat drei Attentäter getötet, Fliegender Schnee, Zerbrochenes Schwert und Weiter Himmel, die den Tyrannen von Qin umbringen wollten. Dieser, Chinas erster Kaiser und eine historische Figur, ließ sich mit der mittlerweile weltberühmten Tonarmee begraben, einte schließlich das Reich und die mit Qin konkurrierenden Reiche zu einem einigen China.


Filmkritik:

von Susanne Picard (für sf-radio.net)

Ein Film, bei dem man kaum weiß, wo man anfangen soll: verschiedene Arten, eine Geschichte zu erzählen, verschiedene Arten, wie man kämpfen kann – so findet das erste Duell denn auch hauptsächlich im Geiste statt -, verschiedene Arten, ein chinesisches Zeichen zu schreiben, verschiedene Arten, sich zu lieben und auch verschiedene Arten, als Held in Legenden unsterblich zu werden.
Und alles wird zugleich brilliant erzählt.

Namenlos, ein kleiner Stadtvorsteher aus dem Lande Zhao und brillianter Schwertkämpfer, erbittet eine Audienz beim König von Qin. Er hat vollbracht, was keinem vorher gelang: Er hat drei Attentäter getötet, Fliegender Schnee, Zerbrochenes Schwert und Weiter Himmel, die den Tyrannen von Qin umbringen wollten. Dieser, Chinas erster Kaiser und eine historische Figur, ließ sich mit der mittlerweile weltberühmten Tonarmee begraben, einte schließlich das Reich und die mit Qin konkurrierenden Reiche zu einem einigen China.

Der König will wissen, wie Namenlos die Mörder besiegt hat und erweist sich überraschenderweise schon bald als kluger Mann mit hoher Menschenkenntnis: Er durchschaut Namenlos als vierten Attentäter und erzählt ihm triumphierend seine eigene Version der Geschichte. Doch die Wahrheit sieht anders aus, als beide gedacht haben – der gefürchtetste Kämpfer von allen, Zerbrochenes Schwert, hatte auch die höchste Weisheit: er erkannte die edlen Motive des Königs und weigerte sich am Ende, ihn zu töten. Namenlos erkennt diese Weisheit schließlich an und verzichtet letztendlich auf den Königsmord.
Dennoch befiehlt der König seine Hinrichtung – aus Staatsgründen muss er das tun, doch der Namenlose wird noch im Tode hoch von ihm geehrt.

Verschiedene Variationen einer Geschichte also. Jeder erzählt wie in Kurosawas “Rashomon” eine andere Version. Zhang Yimou bedient sich damit eines Mittels, das er meisterlicher beherrscht als beinahe jeder andere Regisseur auf diesem Planeten: Der Farbe. Jede der Versionen ist in einer bestimmten Farbe gestaltet. Die erste ist rot gefärbt, da sie eine Geschichte um Leidenschaft, Verrat, Liebe und Untreue ist. Doch diese glaubt der König nicht und präsentiert seinerseits eine Geschichte - in Blau, der Farbe des Wassers und der Vernunft. Aber auch die stimmt nicht ganz und so wird die Geschichte erneut erzählt, in Stücken, die in Grün und Weiß gestaltet sind, in China die Farben der Trauer, also eines Endes und der Erneuerung, in Grün. Für jede dieser Varianten wurden dieselben Kleider je in den verschiedenen Farben gestaltet, allein dreien, weiß, rot und blau, die Bibliothek einer Schreibschule.

So entstehen Legenden, besonders Heldenlegenden; wie der chinesische Originaltitel “Ying Xiong” das auch richtiger zusammenfasst, als der europäische Titel “Hero” das könnte. Beide Zeichen, aus denen der Begriff ‘ying xiong’ besteht, bezeichnen eher die archaische oder mythische Idee des Heldentums, keinen individuellen Helden. Die Bedeutung der Worte ist im Chinesischen wichtig, wie der Film doziert – so kann der Kalligraphie-Meister Zerbrochenes Schwert das Zeichen für ‘Schwert’ in 19 verschiedenen Arten schreiben und entwirft für Namenlos eine weitere Art.

Nomen est Omen also – und führt man diesen Gedanken konsequent weiter, wird auch klar, dass dieser Film kein politisches oder persönliches Statement Zhang Yimous darstellen kann. Wer das annimmt, nimmt nur eine Facette dieses Films wahr, der doch gleichzeitig so viele erzählt. Nicht zuletzt wirkt der König am unsympathischsten bei dem Satz, in dem er stolz beschließt, dass er alle Schreibweisen verbieten und nur eine zulassen wird.

So steht der Film, wie der chinesische Titel andeutet, für die Darstellung einer Legende und nicht einer Figur. Die einzelne Person zählt in “Hero” jedenfalls nicht, es sind die Archetypen, ihre Werte und die daraus entstehende Tragödie, die wichtig sind.
Aber – letztendlich ist Kino ja auch nichts anderes als (das hat Zhang Yimou auch sehr richtig erkannt), eine moderne Form des altmodischen Geschichtenerzählens auf dem mittelalterlichen Marktplatz.

HERO| Trailer Directors Cut deutsch