Big Fish - Der Zauber, der ein Leben zur Legende macht

Originaltitel: 
Big Fish
Land: 
USA
Laufzeit: 
110 min
Regie: 
Tim Burton
Drehbuch: 
John August
Darsteller: 
Ewan McGregor, Albert Finney, Billy Crudup, Alison Lohman, Jessica Lange, Helena Bonham Carter, Danny DeVito
Kinostart: 
08.04.04

Edward Bloom hat wohl eines der aufregendsten und interessantesten Abenteuerleben hinter sich, schenkt man seinen Geschichten Glauben. Denn vor allem anderen ist Edward ein Geschichtenerzähler und kann durch seine fantastischen Berichte in jeder Gelegenheit die volle Aufmerksamkeit seiner Zuhörer auf sich ziehen. Für seinen Sohn William wird dies jedoch zur Qual. Und als Edward sogar auf seiner Hochzeit seine Geschichten zum Besten gibt, herrscht von da an Funkstille zwischen den beiden.

Seinen Erzählungen zufolge kam Edward nicht nur wie aus der Pistole geschossen auf die Welt, sondern wuchs auch im Teenageralter in Riesenschüben heran, so dass er eine Zeit lang sein Bett nicht verlassen konnte und damit alle Zeit der Welt hatte, sich durch Bücher zu einen der intelligentesten Menschen zu entwickeln. Schon bald begegnete er einem Riesen. Und da für sie beide das Südstaatenstädtchen Ashton zu klein geworden ist, zogen sie gemeinsam in die weite Welt hinaus. Auf dieser fantastischen Odyssee findet Edward nicht nur die perfekte Stadt, in der man alt werden kann, sondern auch die Liebe seines Lebens, für die er jedoch viel opfern muss, um sie endlich für sich zu gewinnen. Aber all dies ist erst der Anfang.

Wie das Leben so spielt, holt jeden irgendwann die Realität wieder ein. Und so liegt Edward nun als gealterter Mann krank im Bett. Für seinen Sohn William ist dies wahrscheinlich die letzte Möglichkeit herauszufinden, welche Geschichten seines Vaters wahr sind und wer Edward wirklich war.


Filmkritik:
von Mario Rössel (für SF-Radio.net)

"Big Fish" - das klingt doch nach einem Anglerfilm, oder? Doch weit gefehlt, schon der Name Tim Burton verspricht weitaus größeres und cineastischeres und enttäuscht dabei keinesfalls. Vor den Film hat hier Schriftsteller Daniel Wallace das Buch gesetzt. Als Inspiration für seinen Roman "Big Fish - Ein Roman von mythischen Ausmaßen" diente dabei sein Vater, der genau wie Edward Bloom ein extrem charismatischer Mensch mit einer außergewöhnlichen Ausstrahlung war. Sein ganzes Leben lang erzählte er Wallace, dass er in die weite Welt hinaus wollte, um kein "großer Fisch in einem kleinen Teich zu sein".

Wie uns schon zu Anfang des Filmes verraten wird, gibt es einige Fische, die man nicht zu fassen bekommt. Nicht dass sie schneller oder stärker als andere Fische wären, ihnen ist nur etwas Besonderes gegeben - genau wie Edward. Auch bei ihm ist es schwer, durch seine Schutzhülle aus fantastischen Geschichten hindurchzudringen, um den wahren Menschen dahinter zu entdecken. Dabei erfand Daniel Wallace für seinen Roman Geschichten, die sich aus Fakten, Übertreibung und Fiktion zusammensetzen, was für die Erzählungen der amerikanischen Südstaaten typisch ist. "Es ist eine Form der Magie - für viele von uns der einzige Zauber, der in unserem Leben noch Platz hat. Als Kind erfahren wir diese Magie noch häufig, doch die meisten von uns verlieren sie, wenn wir erwachsen werden", meint der Autor.

Für das Surrealistische, das Übertriebene engagierte Produzent Richard D. Zanuck deshalb auch gleich den richtigen Regisseur: Tim Burton. Wie kaum ein zweiter schafft es Burton durch stimmungsvolle Bilder und bizarre Kameraeinstellungen die angebrachte Atmosphäre in einem Film zu schaffen. Jagte der dunkle, mit Nebelschwaden durchzogene Wald in "Sleepy Hollow" den Zuschauern einen eiskalten Schauer den Rücken hinunter, fand man sich in "Mars Attacks" beinahe in einer überzogenen Comic-Welt wieder, in der die Geschichten von kleinen, grünen Marsmenschen wahr werden. In "Big Fish" erkennt man Burtons Handschrift vor allem in Edwards fantastischen Geschichten wieder. Denn in diesen Erzählungen erscheint alles größer und heller als es die Wirklichkeit hergibt. Dank des starken Einsatzes von Weichzeichnern überträgt Burton diese Übertreibung auch visuell auf die Leinwand. Der Film gab ihm augenscheinlich die Möglichkeit, sein Talent als fantastischer Geschichtenerzähler voll auszuleben.

Geschichten sind dabei aber auch immer nur so gut, wie die Figuren, die darin mitspielen - oder besser gesagt, die Schauspieler, die sie spielen. Kaum wieder zu erkennen ist dabei der junge Edward Bloom gespielt von Ewan McGregor. Schwenkte er erst kürzlich noch als Obi-Wan Kenobi in den "Star Wars"-Prequels das Lichtschwert, haucht er nun den jungen Abenteurer Edward Leben ein, der stets mit guter Laune und dem Gefühl, nichts zu verlieren, durch die Welt reist. Der gealterte Edward Bloom wurde von Albert Finney gespielt, der als Anwalt in "Erin Brockovich" Julia Roberts unterstützte, einer kleinen Stadt zur Gerechtigkeit zu verhelfen. Ausschlaggebend für diese Konstellation war auch ein Foto von Ewan McGregor direkt neben einem Bild von Finney in einer Illustrierten. Dabei sahen sich Finney und McGregor so ähnlich, dass die beiden Vater und Sohn hätten sein können. Für Produzent Bruce Cohen stand damit die Besetzung der Hauptrollen fest.

Ebenso hervorzuheben ist Billy Crudup als Sohn William, der als Journalist zwar immer auf der Suche nach der Wahrheit ist, letztendlich jedoch erkennen muss, dass das Leben für uns Größeres bereithält, als die einfache, pure Wahrheit. Auch für Edwards Liebe Sandra fand man zwei Darstellerinnen, die der Rolle voll und ganz gerecht wurden: Alison Lohman und Jessica Lang. Abgerundet wird das Ensemble durch zahlreiche Nebendarsteller, bei denen unter anderem Danny DeVito mit am stärksten in Gedächtnis bleibt. Ihm scheint die Rolle als Zirkusdirektor schließlich wie auf dem Leib geschrieben.

Da der Film in den Südstaaten der USA spielt, suchte man einen einzigartigen Dialekt für die Darsteller des Filmes. Dialekt-Trainerin Carla Meyer suchte und fand schließlich einen Südstaaten-Akzent, den man keinem bestimmten Bundesstaat zuordnen kann. Perfekt für den Film, da Ashton in Alabama nur ein fiktiver Ort ist. Den richtigen Drehort fanden Location-Scouts ironischerweise auch direkt in Alabama in der Nähe der kleinen Stadt Montgomery. Der verschlafene Ort heißt Wetumpka und dort hat sich seit den 50-er Jahren scheinbar nichts verändert - ideal also für Burtons Inszenierung von Edwards Geschichten.

Geschichten - sie erzählen oft von dem was wir ins Herz geschlossen haben. Dabei erscheint uns in unserer Erinnerung das, was uns lieb und teuer geworden ist, oft größer, heller und aufregender als die Wirklichkeit - genau wie Edwards Abenteuer. Geschichten sind meist auch der kleine Teil von uns Menschen, der nach unserem Tod weiter lebt, wenn wir nicht unbedingt berühmt waren. Durch Geschichten leben wir in den Gedanken und Herzen anderer Menschen von Generation zu Generation weiter. Edward Bloom jedenfalls wird durch seine Geschichten unvergessen bleiben, und das ist möglicherweise alles, was er wollte.

Ein Kinoabend mit "Big Fish" ist auf jeden Fall ein großer Fang für den Kinofreund. Für alle hoffnungslosen Romantiker und Leute, die noch zu träumen wagen, ein Muss. Für alle anderen heißt es rein in den Kinosessel und wohlfühlen.

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