Black Hawk Down

Originaltitel: 
Black Hawk Down
Land: 
USA
Laufzeit: 
142 min
Regie: 
Ridley Scott
Drehbuch: 
Ken Nolan
Darsteller: 
Josh Hartnett, Ewan McGregor, Jason Isaacs, Eric Bana, Tom Sizemore, Sam Shepard
Kinostart: 
10.10.02

Basierend auf Mark Bowdens Bestseller schildert Black Hawk Down die Ereignisse des 03.10.1993: Fast 100 Rangers werden im Bakara-Markt von Mogadischu, Somalia, abgesetzt, der "heißen Zone" unter Kontrolle des terroristischen Kriegsherrn Aidid. Eigentlich sollen sie lediglich das Feuer auf sich ziehen, um vom Einsatz einer Delta-Force-Einheit abzulenken, die zwei hohe Mitglieder des Terrorregimes gefangen nehmen soll. Doch der Einsatz entwickelt sich schnell zu einer einzigen Rettungsaktion, als die Rangers einsehen müssen, dass sie gegen die ganze Stadt kämpfen.


Filmkritik:
von Andreas Koberstein (für SF-Radio.net)

Krieg ist die Hölle, und das hält Black Hawk Down dem Zuschauer durchgehend schonungslos vor Augen. Er schafft es, sämtliche patriotischen Untiefen zu umschiffen und sich nicht mit eingestreuten fiktiven Psychodramen aufzuhalten, die dem Zuschauer die Identifikationscharaktere näher bringen sollen und doch nur vom Film an sich ablenken. Welcher Kriegsfilm kann das schon von sich behaupten?

Vor allem bewerkstelligt Ridley Scott das kleine Wunder, alles, aber auch wirklich alles so glaubwürdig zu inszenieren, dass nicht eine einzige Szene heraussticht, die nach Hollywood-Dramaturgie riecht. Gerade das wird Black Hawk Down gern zum Vorwurf gemacht – er sei zu lange pausenlos zu realistisch. Wem der Sinn eher nach einer schmierigen Hollywood-Schmonzette á la Saving Private Ryan oder verquast-existenziellem Philosophiegequatsche aus dem Off á la Thin Red Line steht, wird Black Hawk Down vorwerfen, zwei Stunden lang ein einziges Massaker zu zeigen, ohne eine "Geschichte" zu erzählen. Und doch tut er genau das, und zwar realistischer und konsequenter als fast jeder andere Kriegsfilm – nur hat er es eben nicht nötig, Subplots einzuflechten, um sich einen anspruchsvollen Anstrich zu geben. Hier wird nicht alle paar Minuten darüber gefaselt, wer welches Liebchen daheim hat und mit welchen privaten Problemchen fertig werden muss. Der Film plätschert nicht wie so viele andere vor sich hin, um dem Publikum eine Revue von Handlungsetappen zu zeigen, sondern packt den Zuschauer am Genick, drückt sein Gesicht in den Staub von Mogadischus Straßen und schleift ihn hinter sich her. Diverse Aussagen, die in vergleichbaren Produktionen zum guten Ton gehören – "Krieg ist ganz was Schlimmes! Nimm ihn nicht auf die leichte Schulter, Sohn! Aber es ist trotzdem toll, deinem Kameraden beizustehen!" –, werden auch hier getroffen, jedoch lange nicht so aufgesetzt, ölig und scheinheilig wie bei Spielberg, so möchtegern-nachdenklich und furchtbar betroffen wie bei Malick oder so widerlich patriotisch wie bei Wallace. Vielmehr ergeben sie sich ganz automatisch aus der realistischen Schilderung tatsächlicher Geschehnisse, zu denen nichts hinzugedichtet wurde (die aber aus filmdramaturgischen Gründen etwas komprimiert wurden).

Welche Einblicke in menschliche Verhaltensweisen er scheinbar nur im Vorbeigehen gewährt, demonstriert, für wie mündig Scott sein Publikum hält, dass er ihm zutraut, aus dem Gezeigten selbst schlau zu werden. Die in vielen Kriegsfilmen bemühte Kameradschaft behandelt Scott zum Beispiel ganz zwanglos und natürlich, ohne die Thematik mit dem erprobten Hollywood-Pathos zuzukleistern, und siehe da: Nicht nur, dass der erwartete Brechreiz ausbleibt, nein, man ist gar geneigt, der Story besagte Kameradschaft abzukaufen. Solche Natürlichkeit möchte man auch einem Spielberg wünschen.

Übrigens klagen oft genug geistig herausgeforderte Zuschauer in Testvorführungen von Kriegsfilmen, sie hätten die Charaktere nicht auseinanderhalten können, da ja alle dieselben Uniformen trügen. Um auch diesen Gesellen einen uneingeschränkten Filmgenuss zu ermöglichen, hat Hollywood seinen Filmemachern ein bis zum Rand mit handverlesenen Klischees gefülltes Carepaket geschnürt: "Dies ist der Kompanieclown, jenes der Trottel, hier der schießwütige Kinderfresser, dort der coole Sprücheklopfer." Scott hat gut daran getan, die Finger davon zu lassen, und dennoch gelingt es ihm, seinen Figuren Profil zu verleihen. Daran ist die Besetzungsliste, die sich von wenigen Stars abgesehen wie ein "Best Of" der Nebendarsteller-Riege Hollywoods liest, gewiss nicht ganz unschuldig: Namen, mit denen das Gros der Kinogänger nichts anfangen kann, und doch gibt es kaum einen Schauspieler, dessen Gesicht man noch nie gesehen hat. Tom Sizemore wiederholt seine herzlich-derbe Veteranenrolle aus "Saving Private Ryan", William Fichtner und Eric Bana punkten als glaubwürdige Delta-Force-Spezialisten, Ewan McGregor spielt herrlich trocken einen überrumpelten Schreibtischhengst, der wider Willen seinen ersten Kampfeinsatz absolvieren muss, Jason Isaacs gefällt als humorloser Unsympath, der im Verlauf der Mission seine Maske fallen lässt, und, und, und.

Kurzum: Ein Kriegsfilm, wie er besser eigentlich kaum sein kann. In seinem Genre erklimmt er mühelos den Thron, genreübergreifend reicht's immerhin zu einem guten Film, der sicherlich die Action-Geilheit seines Publikums bedient, genug Futter für Herz und Hirn aber nicht vermissen lässt.

Königreich der Himmel sei Ridley verziehen – das kann wohl jedem mal passieren.