Der Soldat James Ryan

Originaltitel: 
Saving Private Ryan
Land: 
USA
Laufzeit: 
170 min
Regie: 
Steven Spielberg
Drehbuch: 
Steven Spielberg
Darsteller: 
Tom Hanks, Tom Sizemore, Edward Burns, Matt Damon, Jeremy Davies, Giovanni Ribisi
Kinostart: 
08.10.98

Der D-Day, einer der entscheidenden Momente des II. Weltkriegs: Die Operation "Overlord", die Invasion der Alliierten am 6.6.1942, markiert einen Wendepunkt im Krieg gegen das Deutsche Reich, das halb Europa besetzt hält. Tausende alliierte Soldaten stürmen unter dem Feuer der Deutschen die Küsten und Strände Frankreichs hinauf - hinauf in den sicheren Tod. Darunter ist auch die Einheit von Army-Captain Miller. Nach der Invasion und der Errichtung der "Zweiten Front" erwartet ihn und seine kleine Einheit etwas, dass sie nicht erwartet hatten: Ein absurder Auftrag führt sie hinter die Front und in die feindlichen Linien hinein. Sie sollen den Gefreiten James Ryan finden und heil nach Hause bringen - ein Auftrag im Sinne der Kriegsmoral, denn Ryans Mutter hat bereits drei Söhne auf dem Schachtfeld verloren. Während Millers Truppe weiter in das von Deutschen gehaltene Gebiet vordringt, wird der Befehl, der das Leben von acht Männern zur Rettung eines einzelnen riskiert, langsam in Frage gestellt. Nach einer kräftezehrenden Odyssee durch den Krieg finden sie Ryan in einer verwüsteten Ortschaft - doch die Deutschen sind nicht weit...


Filmkritik:
von Roman Möhlmann (für SF-Radio.net)

"Der Soldat James Ryan" gehört zu jener Spezies von Filmen, die bereits im Vorfeld derart hoch gelobt werden, dass das ganze nur noch in die Hose gehen kann.
'Bester Kriegsfilm aller Zeiten', 'härteste und realistischste Kriegsdarstellung aller Zeiten', 'bewegendes Portrait eines wirklichkeitsnahen Szenarios', und was nicht noch alles, durften wir vorab in der Presse und den Medien über das neueste 'Meisterwerk' des sogenannten Regie-Königs Steven Spielberg lesen.

Die enttäuschende tatsächliche Erfahrung rechtfertigen es, den Mythos etwas anzukratzen.

Kurzer Exkurs über Herrn Spielberg selbst:
Der Mann hat tolle und unterhaltsame Filme (so z.B. "Jurassic Park", "Unheimliche Begegnung der dritten Art", "Indiana Jones" - Trilogie und "E.T.") gedreht, keine Frage. Manche möchte man sogar als wegweisend betrachten (z.B. "Der Weiße Hai" oder seine Erstling "Duell"). Doch alle spielberg'schen Produktionen, selbst das in Details streitbare, aber zurecht gelobte Holocaustdrama "Schindlers Liste", haben eines gemeinsam: Den unübersehbaren Hollywood-Kommerz.

Spielberg ist talentiert und bewies oft das richtige Auge und entsprechendes Fingerspitzengefühl für große, kommerziell erfolgreiche Hits; nunmehr klebt sein Name selbst an diesem Phänomen. Ein großer Regisseur für große - und vor allem reiche - Studios. Aber Spielberg ist sicherlich auch derart verhaftet in hollywood'scher Tradition, Film- und Denkweise, dass er mittlerweile auch den Archetypus des Millionen-Dollar-Regisseurs mit Gewinngarantie verkörpert. Genauere Betrachtungen seines Schaffens und gerade einiger neuerer Gurken wie "Jurassic Park II: Vergessene Welt", "A.I." und natürlich "Minority Report" zeigen, dass er ein zwar talentierter und begabter, aber eben nicht unumstößlich genialer Regisseur ist.

Zurück zur Untersuchung von "Saving Private Ryan":
Dieser Kriegsfilm wird hoch gelobt, vorwiegend aufgrund seiner - zugegebenermaßen - fulminanten Eröffnungssequenz: Der Darstellung der alliierten Landung in der Normandie am sogenannten "D-Day". Diese 15 Minuten sind sicherlich erschreckend intensiv und realistisch inszeniert, ihr besonderer Reiz liegt darin, dass das Rennen, in Deckung gehen, Schießen, Kämpfen und Sterben in einem nahezu dokumentarisch anmutenden Stil den Zuschauer direkt an den befestigten und umkämpften Strand katapultiert - quasi "mittendrin statt nur dabei". Diese Sequenz hat sicherlich in ihrer Umsetzung alles Lob verdient, auch wenn manche soldatische Todesszene schon etwas arg zynisch wirkt. Doch dies passt zur schonungslosen Darstellung des Kriegsgeschehens.

Kommen wir nun zum Rest des Films - und damit zum Hauptmanko des bis hierhin ambitionierten und von nun an kommerziellen Streifens: Der restliche Film entpuppt sich als stinknormaler 08/15-Kriegsschinken, der durch einige bemühte Szenen, einer Quoten-Portion Pseudo-Nachdenklichkeit und die gezeigte Härte versucht, so etwas wie klassische Antikriegs-Atmosphäre aufkommen zu lassen. Das Stilleben-artige Zusammensitzen der Soldaten am Abend hat schon etwas für sich - auf den ersten Blick. Bei genauerem Hinhören entpuppt sich die Szenerie als "politically" korrekte Pflichtübung.

Ist die Handlung um die Rettung des letzten überlebenden Sohnes aus moralischen Gründen schon etwas arg hanebüchen geraten, vergällen die klischeehaft und ziemlich hölzern agierenden Darsteller in ihren stereotypen Rollen doch etwas die Stimmung des Zuschauers. Einige bös-überholte Schwarz-Weiß-Malereien des Frontkampfes und eine extrem zu hoch angesetzte Dosis an Pathos und Patriotismus sorgen außerdem für den ein oder anderen skeptischen Augenbrauen-Hochzieher.

"Was?" - werden einige nun fragen und schreien, Spielbergs "Saving Private Ryan" soll doch so unpatriotisch und unpathetisch sein. Tja, dann greifen wir mal zwei Beispielszenen heraus: Am Ende verteidigt ein verletzter Tom Hanks die wichtige Brücke mit letzten Schüssen aus seiner Handwaffe auf den anrückenden deutschen Panzer... dieser wird dann in letzter Sekunde von einer fast ferngelenkt anmutenden Präzisionsbombe eines US-Flugzeugs in Stücke gerissen. Das schmeckt mehr nach Hollywood-Actionfilm statt nach ordentlicher Antikriegsinszenierung. Zum Thema "unpatriotisch" fällt mir neben Dutzenden Kleinigkeiten v.a. die Kriegsgräberszene am Ende ein, sowie eine herrlich schön im Wind schwingende Fahne mit einem blauen Eck voller weißer Sternchen und einigen rot-weißen Streifen... Noch Fragen?

Ich habe nicht prinzipiell etwas gegen diese Art der atmosphärischen Ausgestaltung, angesichts der Erwartungen und des selbst gestellten Anspruchs stößt das dem Betrachter dann aber doch etwas sauer auf. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass "Saving Private Ryan" sicher nicht der "Über-Kriegsfilm" ist, der er gerne wäre; das Gezerre um den Titel "Bester Kriegsfilm aller Zeiten" müssen abseits dieses hier besprochenen Films weiterhin so überlegene Werke wie "Die Brücke von Arnheim", "Full Metal Jackett", "Apokalypse Now" und nicht zuletzt das jüngere Terence Malick - Meisterwerk "Der schmale Grat" unter sich ausmachen.

Spielbergs "Soldat James Ryan" ist ein netter, unterhaltsamer Kriegsfilm mit beeindruckender erster Viertelstunde und vielen durchaus gelungenen Szenen - insgesamt aber zu klischeehaft, pathetisch, patriotisch und - eben - Hollywood-like, um vollends begeistern zu können.

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