Kritik zu Lucifer 2.06 - Monster

SPOILER

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Lucifer Still Monster

Die Folge "Weaponizer" endete mit einem Knall: Lucifer (Tom Ellis) hatte seinen Bruder Uriel (Michael Imperioli) getötet. Schon die Vorschau auf die aktuelle Episode "Monster" ließ ahnen, dass er diese Tat nicht einfach abstreifen wird.

"When the feelings are too painful."

Die Figur des Teufels balancierte in Lucifer stetig zwische Genie und Wahnsinn; die Reaktionen Lucifers auf die letzten Ereignisse der Serie setzen dem noch ein Sahnehäubchen auf. Er steht völlig neben sich und lenkt sich mit Frauen und reichlich Alkohol ab. Bezeichnenderweise ist es Linda (Rachael Harris), die zuerst nach ihrem Patienten sieht, als dieser nicht zu einem Termin auftaucht. Bereits hier wird klar - Lucifer ist noch deutlich in der Phase der Verleugnung. Er streitet ab, dass er Linda braucht ("My door is always open." - "Well, feel free to shut it!") und macht sich lieber volltrunken auf zum Fall der Woche.

Passend zu Halloween befinden wir uns auf einer Zombie-Hochzeit auf einem Friedhof. Schüsse fallen, der Bräutigam wird angeschossen, die Braut stirbt. Klingt nach einem eigentlich banalen Fall, der mit Rücksicht auf das Ausstrahlungsdatum konstruiert worden ist. Im Laufe der Episode stellt sich jedoch - für die Serie fast ungewöhnlich - heraus, dass die Motivation des Täters, der eine Liste abarbeitet, gar nicht so eindimensional ist. Denn hier geht es nicht um simple Rache, sondern um Bestrafung und einen verzweifelten Mann, der sich Selbstvorwürfe macht; damit zieht "Monster" eine clevere Parallele zu Lucifers Zustand.

"Guilt is such a useless emotion!"

Denn dieser hat noch nie so etwas wie Schuld verspürt, sagt von sich selbst, dass er noch nie getötet, sondern lediglich immer nur bestraft hat und ist mit den Gefühlen, die auf ihn einprasseln, völlig überfordert. Gibt Darsteller Tom Ellis anfangs noch den Lucifer, den man gewohnt ist - der Teufel, der auch noch sturztrunken mit dem Brautjungfern flirtet -, wird bald klar, dass sein Charakter völlig überfordert ist.

Wir sehen einen Lucifer, der nicht auf sein Äußeres achtet, fast schon mechanisch reagiert und dennoch unfähig ist, das in Worte zu fassen, was ihn beschäftigt. Lucifer ist jemand, der Dinge mit sich selbst ausmacht und keine Hilfe von außen annehmen möchte. Weder von Linda noch von Chloe (Lauren German).

Seine Mutter (Tricia Helfer) versucht erst gar nicht, ihrem Jüngsten zu helfen, sie kennt ihn schließlich. Mit kleinen Nebensätzen wird deutlich, wie durchdacht die Drehbücher sind und durchaus ihren Bezug zur Bibel ziehen ("A little rebellion here, a little apple there."). Charlotte hat erst einmal alle Hände voll zu tun mit Amenadiel (D.B. Woodside).

The Unforgiven

In eine der besten Montagen, die wir in der Serie jemals gesehen haben, zeigt sich das deutlich. Unterlegt mit einer beeindrucken Klavier-Version von Metallicas "The Unforgiven" sehen wir Charlotte und Amenadiel, die am Grabe Uriels stehen. Amenadiel stellt die Frage, die sich viele stellen, wenn sie jemanden verloren haben: Warum? Und warum lässt dies Gott zu?

Charlotte hat keine eindeutige Antwort auf diese Frage, ermuntert ihren ältesten Sohn jedoch, seinen Trauer zuzulassen. In "Monster" sehen wir definitiv mit die besten Leistungen von Helfer, Woodside und Ellis. Sie zeigen, dass Trauer nicht immer überdramatisch mit ständigem Schluchzen dargestellt werden muss. Vielmehr zeigen sie die realistische Reaktion auf einen Verlust: Fassungslosigkeit. Verleugnung. Verwirrung. Und Emotionen, die sich erst langsam ihren Weg an die Oberfläche suchen.

Trick or Treat

In der Nebenhandlung machen wir das erste Mal Bekanntschaft mit der WG Chloe, Maze (Lesley-Ann Brandt) und Trixie (Scarlett Estevez). Etwas platt wirkt, dass Maze ausgerechnet eine Liebesschaukel in der Wohnung aufgehängt hat, der Gag zündet an dieser Stelle nur bedingt.

Aber man brauchte eben einen Anlass für die erste Meinungsverschiedenheit von Chloe und Maze. Das macht den Eindruck, als wäre diese WG zum Scheitern verdammt. Glücklicherweise zeichnet sich dann aber ab, dass Maze die kleine Trixie doch ganz herzig findet - was sie selbstverständlich niemals offen zugeben würde.

Hier zeigt sich auch, dass es manchmal ganz gut ist, ein Kind in eine Serie einzubinden, um deren Sicht auf die Dinge zu verdeutlichen. Denn als Maze Trixie ihre dämonische Seite zeigt, lacht diese lediglich und trägt dazu bei, dass nicht immer alles schockierend ist. Eins steht fest: Viel mehr Mädchen sollten sich "Präsident vom Mars" als Kostüm aussuchen, es muss nicht immer die Prinzessin sein ...

"I'm a monster."

Wie schlecht es Lucifer geht, zeigt sich, als er sich im Showdown der Folge vor das nächste Opfer des Mörders stellt und beweist, wie lebensmüde er ist. Er will nicht mehr und fordert den Schützen mehrmals auf, ihn zu erschießen; immerhin ist Lucifer in Chloes Gegenwart verwundbar.

Als der Mörder dann abgeführt wird, fragt Lucifer ihn, warum er ihn nicht getötet hat. Die Antwort, dass er es nicht verdient habe, verwirrt ihn. Und Chloe, die sich schon die ganze Folge über ernsthafte Sorgen um ihn gemacht hat, trifft die richtige Entscheidung: Sie schickt ihn zu Linda.

Dummerweise findet das Zusammentreffen von Linda und Lucifer dann zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt statt. Denn Linda ist es müde geworden, seine Metaphern und Lügen anzuhören - schließlich glaubt sie ihm nicht, dass er der Teufel ist. Damit bleibt Lucifer nur eine Wahl: Er muss ihr sein wahres Gesicht zeigen; und lässt sie äußerst verstört zurück.

Gerade diese letzte Szene geht unter die Haut. Sie wirkt wie ein Kammerspiel und die Darsteller laufen - wie schon die ganze Folge über - zur Höchstform auf. Rachael Harris zeigt uns eine Linda, die es einfach satt hat, sich Lucifers Geschichten anzuhören, da sie ihm keinen Funken Glauben schenkt. Tom Ellis hingegen gibt Lucifer ein trauriges, fast schon resigniertes Lächeln, nachdem er Linda sein wahres Gesicht gezeigt hat. Damit ist klar - er hat seine Gründe, lieber als Kunstfigur Lucifer Morningstar seine Zeit auf der Erde zu verbringen. Denn vermutlich wäre nicht nur Linda mit der Wahrheit überfordert.

Fazit

Eine bessere Reaktion der Charaktere als in "Monster" nach Uriels Tod hätte man sich als Zuschauer nicht wünschen können. In einer grandios gespielten Episode laufen die Darsteller zur Höchstform auf und geben ihren Charakteren Tiefe und einen Hintergrund zu ihrem Verhalten. Dies wird sich wohl auch in der nächsten Woche mit "My little Monkey" fortsetzen, wie der Teaser vermuten lässt. Für die Zukunft bleibt nur ein Wunsch offen: Ein Soundtrack zur Serie!

Lucifer 2x07: My Little Monkey | Promo [HD] | FOX 2016 Season 2 Episode 07

Lucifer Staffel 2

Originaltitel: Lucifer (seit 2016)
Erstaustrahlung am 25.01.2016 bei Fox / 15.06.2016 bei Amazon Prime Video
Darsteller: Tom Ellis, Lauren German, Kevin Alejandro, D. B. Woodside, Lesley-Ann Brandt, Scarlett Estevez, Rachael Harris
Produzenten: Tom Kapinos, Ildy Modrovich, Len Wiseman, Jonathan Littman, Jerry Bruckheimer
Staffeln: 3+
Anzahl der Episoden: 51+


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