Nostalgie auf ganz andere Art: Kritik zu Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen

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Arved Friese und Justus von Dohnányi in Timm Thaler

Man könnte meinen, dass den Filmstudios die Ideen ausgehen. Seit geraumer Zeit greifen sie auf alte, liebgewonnene Filme und Serien zurück, um sie neu zu interpretieren - oder eine Realverfilmung zu erschaffen. Wenn ein Trailer dann noch einen falschen Eindruck des Films vermittelt, sind Magenschmerzen gewiss.

So jedenfalls im Fall von Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen.

Viele kennen den Stoff, welcher der Verfilmung zugrunde liegt. Einige von uns sind mit der Serie, in der Thomas Ohrner die Hauptrolle übernahm, aufgewachsen, nicht wenige haben die Romanvorlage von James Krüss gelesen. Da ruft die Meldung über eine Neuinterpretation schon einmal Skepsis hervor. Zumal der Trailer nicht Gutes erahnen ließ, sahen wir zum Großteil doch einen hysterisch lachenden Timm.

Umso schöner ist es dann, wenn ein Film beweisen kann: Ihr habt euch mit eurer Skepsis geirrt.

Eine Regisseur ohne selige Kindheitserinnerungen an die Kultserie

Timm Thaler erzählt die Geschichte um den Jungen Timm (Arved Friese), der in ärmlichen Verhältnissen lebt, jedoch ein unwiderstehliches und ansteckendes Lachen hat. Das sorgt dafür, dass der mysteriöse Baron Lefuet (Justus von Dohnányi) es besitzen will. Er schließt mit Timm einen teuflischen Vertrag: Das Lachen des Jungen dafür, dass dieser künftig jede Wette gewinnt. Timm willigt schließlich ein, wird ohne sein Lachen aber eine ganz andere Persönlichkeit.

Regisseur Andreas Dresen hat die Geschichte bewusst in einen zeitlosen Kontext gepackt, der sich optisch an den 1920er-Jahren orientiert. Zwar hatte die Serie seine Kindheit nicht begleitet, da Dresen in der ehemaligen DDR aufgewachsen ist. Jedoch hat er sie Jahre später gesehen und fand, dass die Bilder sehr gealtert seien und zu stark an die 70er-Jahre erinnerten.

Diese Entscheidung hätte nach hinten losgehen können. Die Kinder von heute sind an Smartphones und Tablets gewöhnt; die Wahl zum Jugendwort des Jahres fördert regelmäßig vermeintlich angesagte Wortschöpfungen zutage.

Alles das fehlt der Neuinterpretation. Die Figuren nutzen Wörter, die man wieder häufiger hören sollte. Die Freunde Timm und Ida (Jule Herrmann) spielen noch miteinander, auf dem Pausenhof ihrer Schule ist Murmeln angesagt. Genau mit solchen Kniffen erzeugt die Verfilmung einen Nostalgie-Faktor, wie es ein moderner Kontext vermutlich nicht geschafft hätte.

Ein Ensemble vom Feinsten

Dem jungen Hauptdarsteller Arved Friese (Der Nanny) wird der Trailer nicht gerecht. Friese kann mehr, als nur aus vollem Halse lachen. Im Spiel mit Schauspielgrößen wie Justus von Dohnányi (Männerherzen, Oh Boy) ist er seinem Gegenüber zwar nicht komplett ebenbürtig, verblasst aber auch nicht. Er kann den Film tragen und ist besonders in den Momenten, in denen Timm eben nicht lacht, verblüffend stark.

Die Geschichte ist ernst und zum Teil düster. Timms Motivation, sein Lachen zu verkaufen, wird durch die Verhältnisse, in denen er lebt, deutlich. Seine größte Motivation hierzu geht ans Herz, ist jedoch nicht kitschig dargestellt. Damit diese Thematik nicht zu schwer und erdrückend wird, bedient sich Timm Thaler gut eingesetzten komödiantischen Elementen. Hierbei stechen besonders Axel Prahl (Tatort) und Andreas Schmidt (Fleisch ist mein Gemüse) als dämonische Helfer Behemoth und Belial hervor. Selbst die eigene Sprache von Belial wirkt trotz ihrer Absurdität nie albern. Das tollpatschige Duo hat ein Herz für Timm und erkennt nach und nach, wie buchstäblich teuflisch Lefuets Pläne sind.

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Arved Friese und Bjarne Mädel in Timm Thaler

Abgerundet wird das Ensemble mit namhaften Darstellern wie Bjarne Mädel (Der Tatortreiniger) als Timms Vater Hans, Charly Hübner (Polizeiruf 110) als Timms Freund Kreschemir, Fritzi Haberland (Eine Insel namens Udo) als Idas Mutter Frau Bebber und Nadja Uhl (Männerherzen) als Yvonne. Kleinere Auftritte haben außerdem Harald Schmidt, Milan Peschel und Thomas Ohrner.

Und ein großes Lob an Szenenbild und Kostüm

Timm Thaler ist unter anderem in Halle an der Saale und Berlin entstanden. Die Szenenbilder fügen sich perfekt in den zeitlosen Kontext ein und machen deutlich, dass man nicht immer einen Green-Screen benötigt, um Welten auf die Leinwand zu zaubern. Dieser optische Genuss wird abgerundet durch die Kostüme, besonders die des Baron Lefuet stechen hier hervor.

Hat die Neuinterpretation nach all den Lobeshymnen eigentlich auch Schwächen? Definitiv. Gerade zum Schluss hin möchte die Geschichte etwas ungeschickt die Moralkeule schwingen und den Bogen zu heutigen Missständen schlagen. Das schmälert den Spaß ein wenig, da der Verlauf zuvor beweist, dass das Drehbuch durchaus in der Lage ist, intelligente Anspielungen auf die heutige Zeit zu machen. Glücklicherweise ist Timm Thaler pünktlich zum großen Finale hin dann wieder in der richtigen Spur und entlässt die kleinen und großen Zuschauer mit einem leisen Lachen aus dem Kinosaal.

Fazit

Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen ist eine intelligent gemachte, zeitlose Neuinterpretation des Stoffs von James Krüss und beweist, dass der deutsche Film nicht immer nur aus romantischen Komödien mit Matthias Schweighöfer oder Til Schweiger in der Hauptrolle bestehen muss.

Filmplakat Timm Thaler
Kinostart:
02.02.17
Laufzeit:
102 min
Regie:
Andreas Dresen
Drehbuch:
Alexander Adolph
Darsteller:
Arved Friese, Justus von Dohnányi, Axel Prahl, Andreas Schmidt, Jule Hermann, Charly Hübner, Nadja Uhl, Steffi Kühnert, Bjarne Mädel, Fritzi Haberlandt, Harald Schmidt, Milan Peschel und Thomas Ohrner
Timm Thaler ist ein Junge, der in ärmlichen Verhältnissen lebt, jedoch ein unwiderstehliches Lachen hat. Dieses will der dämonische Baron Lefuet um jeden Preis besitzen.

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