DC-Comic-Kritik: Die letzten Tage von Superman - Vor Rebirth (2/3)

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Die letzten Tage von Superman

In einer Welt, in der mittlerweile sehr viele Menschen sehr allergisch auf Spoiler reagieren, überrascht ein solch (vermeintlich) vielsagender Titel durchaus. In den 90ern war das natürlich noch völlig anders. Da konnte man im großen Stile Der Tod von Superman ankündigen und selbst ohne Social-Media-Unterstützung einen Hype erzeugen, der wohl auch mit Facebook, Twitter und Co. nicht hätte größer sein können.

Wer sich heutzutage darauf verlässt, dass ein Comic keiner Was-Spannung bedarf, muss zweifelsohne großes Vertrauen in den Autor und dessen Geschichte haben. Eins kann schon vorweggenommen werden: Peter J. Tomasi hat das in ihn gesetzte Vertrauen mehr als nur gerechtfertigt! 

Inhalt

Der Superman des neuen DC-Universums ist am Ende seiner Kräfte. Er weiß, dass er sterben wird, und will sich deshalb noch von all jenen, die ihm wichtig sind, verabschieden. Doch Superman wäre nicht Superman, wenn er nicht bis zu seinem letzten Atemzug versuchen würde, Schaden von der Erde abzuwenden.

Gemeinsam mit Batman und Wonder Woman stürzt sich der Mann aus Stahl also in ein letztes großes Abenteuer, das nicht nur für ihn einige Überraschungen bereithält… 

Stärken…

1. Der Protagonist oder die Protagonisten?

Man könnte meinen, angesichts eines solchen Titels sei es völlig klar, dass sich in diesem Sonderband alles um Clark Kents Alter Ego dreht, und im Grunde ist dem auch so, aber eben nicht nur.

Zu weiten Teilen agiert der Kryptonier nämlich - wie gesagt - an der Seite des Dunklen Ritters und der Amazonenprinzessin, die im neuen DC-Universum nicht nur im beruflichen Sinne seine Partnerin ist.

Darüber hinaus sind ebenfalls Supergirl, Lois Lane und selbst Lana Lang, an die sich besonders Fans von Smallville erinnern dürften, mit von der Partie, weshalb es sich eher so anfühlt, als würde sich alles um die “Superman-Familie“ drehen.

Vor allem wird dadurch allerdings auch erreicht, dass man noch mehr mit dem Sterbenden und seinen engsten Bezugspersonen mitleidet. Das wiederum ist nur möglich, weil die für viele größte Schwäche des Mannes, der das legendäre S auf der Brust trägt, ausnahmsweise keine Rolle spielt: seine (vermeintliche) Unverwundbarkeit. 

Die letzten Tage von Superman

2. Der unsichtbare Feind?

Natürlich bekommen es die prominentesten Vertreter der Justice League auf diesen 196 Seiten auch mit echten Antagonisten zu tun; von entscheidender Bedeutung sind diese jedoch ehrlicherweise nicht. Der eigentlicher Kontrahent der Trinity ist nicht greifbar: Supermans “Krankheit“.

Immer wenn der Held zusammenbricht, werden seine Mitstreiter und dadurch automatisch auch die Leser an sie erinnert. Dadurch, dass es mehrmals dazu kommt, nehmen In-Heft-Akteure und Rezipienten quasi zeitgleich Abschied.

Relativ früh werden im Übrigen die unterschiedlichen Faktoren angesprochen, die im Zusammenspiel dazu führen, dass der in Kansas aufgewachsene Superheld gefühlt von Panel zu Panel schwächer wird.

Treue Anhänger haben höchstwahrscheinlich mitbekommen, welch hohen Beanspruchungen der Mann aus Stahl in den finalen The-New-52-Abenteuern ausgesetzt war und dürften daher nicht sonderlich überrascht ob dieser Entwicklungen gewesen sein. Neueinsteiger erhalten die Infos, die sie benötigen, um dem Geschehen folgen zu können und sind daher in der Lage, selbst zu entscheiden, ob sie alle Details erfahren möchten oder nicht.

3. Der Aufbau

Im Grunde weiß also jeder von Beginn an, worauf das Ganze hinausläuft und dennoch ereignen sich immer wieder Dinge, die man so nicht wirklich hat kommen sehen. Genau das versteht man unter gutem Storytelling.

Es lässt sich darüber streiten, ob man unbedingt vor Die letzten Tage von Superman die hierzulande in zwei Bänden erschienene Serie Superman: Lois & Clark gelesen haben muss; eine Vorbedingung ist es nicht. Lesenswert ist das, was Dan Jurgens, der mittlerweile wieder für Action Comics verantwortlich zeichnet, erdacht hat, aber zweifellos.

Bemerkenswert ist allerdings, dass es Tomasi, der sich seit Beginn der Rebirth-Ära um Superman kümmert, gelungen ist, auf originelle Weise die beiden wichtigen Heftserien anzuteasern und gleichzeitig eine Art The-New-52-Schlusspunkt zu setzen.

Dies geschieht jedoch nicht mit dem Holzhammer, sondern ist schlicht die Folge einer schlüssig erzählten Handlung. Es wird zu keinem Zeitpunkt unübersichtlich und man verliert nie den roten Faden, obwohl genau das in einigen Momenten sehr leicht hätte passieren können. 

…& Schwächen

Man kann aber durchaus die Auffassung vertreten, dass es insgesamt etwas zu viele Schauplatzwechsel gibt. Sinnbildlich hierfür steht der Abstecher nach China, wo gewissermaßen die Tür zu einer dritten Heftserie geöffnet wird.

Wie gesagt ist diese Episode ebenfalls sinnvoll in den Gesamtkontext eingebunden, allerdings hätte man sie sicherlich auch etwas kürzer gestalten oder zu einem späteren Zeitpunkt leicht verändert erzählen können.

Fairerweise muss man in diesem Kontext jedoch darauf hinweisen, dass Die letzten Tage von Superman in den USA ursprünglich Teil mehrerer Comic-Reihen (Action Comics #51-52, Superman #51-52, Batman/Superman #31-32 und Superman/Wonder Woman #27-28) war, weshalb die unterschiedlichen Schauplätze dem Nicht-Komplettband-Besitzer weit weniger aufgefallen sein dürften.

Die letzten Tage von Superman

Während die komplette Storyline Peter J. Tomasis Feder entstammt, sieht das bei den Zeichnern etwas anders aus. Mehrere Künstler (Mikel Janín (und Miguel Sepulveda), Doug Mahnke, Paul Pelletier, Ed Benes, Dale Eaglesham und Scot Eaton sowie Jorge Jimenez) durften sich hier austoben, wodurch der Konsument förmlich dazu herausgefordert wird, seinen persönlichen Favoriten zu benennen.

Den Verfasser hat besonders die Arbeit von Ed Benes überzeugt, der bei der Gestaltung der Figuren überdurchschnittlich viel Wert auf Details legt und dessen Wonder Woman beinahe mit der Version von Liam Sharp, mutmaßlich der aktuelle Maßstab, mithalten kann.

Wer also einen einheitlichen Look favorisiert, dürfte mit diesem Sonderband Probleme haben. Wer hingegen ein Freund von abwechslungsreichen Charakterdesigns ist, kommt hier definitiv auf seine Kosten. 

Fazit

Peter J. Tomasi hat einmal mehr unter Beweis gestellt, dass er zu den Autoren gehört, die man mit anspruchsvollen Aufgaben betrauen kann. Die letzten Tage von Superman ist Abschied und Neustart in einem, und zwar zu jeder Zeit.

Beachtlich ist dabei vor allem, dass Tomasi bis zur letzten Seite alle wichtigen Akteure im Blick behält und jedem mindestens einen Moment im Scheinwerferlicht zugesteht. Ein Comic, der Lust auf mehr (Rebirth) macht und den ein oder anderen The-New-52-Kritiker vielleicht doch noch (ein wenig) mit dem neuen DC-Universum versöhnen kann.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Panini Comics/ DC Comics

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