Ein wahnsinniges Spiel - Kritik zu Gerald's Game

Jessie (Carla Gugino) und Gerald Burlingame (Bruce Greenwood) spielen gerne. Ihrem Bekanntenkreis spielen sie die perfekte Ehe vor. Und miteinander spielen sie ein Spiel der Ignoranz. Mit anderen Worten - die Beziehung der Burlingames ist lange nicht mehr harmonisch und liebevoll. Und dennoch fahren Jessie und Gerald in ihr einsam gelegenes Haus am See, um wenigstens wieder Schwung in ihr Sexleben zu bringen. Als passendes Requisit hat Gerald hierfür zwei Paar Handschellen im Koffer.

Schnell stellt sich aber heraus, dass Gerald ein Nein seiner Frau nicht akzeptieren und das Spiel nicht beenden möchte. Jedoch findet es schließlich ein abruptes Ende: Gerald erleidet einen Herzinfarkt und landet tot neben dem Bett. Zurück bleibt Jessie. Hilflos ans Bett gefesselt.

Die Verfilmung zu Stephen Kings Roman Gerald's Game (deutscher Titel Das Spiel) inszenierte Mike Flanagan (Hush, Before I Wake). Der Regisseur ist seit seinem fünften Schuljahr ein Stephen-King-Fan und hatte Gerald's Game das erste Mal auf dem College gelesen. Damals hielt er den Roman jedoch für unverfilmbar. Dennoch ließ ihn die Idee nicht los, sodass er stetig an einer möglichen Erzählstruktur arbeitete, die der Geschicht gerecht würde.

Nachdem Stephen King Flanagans Oculus gesehen hatte, kam das Projekt dann ins Rollen. Der Regisseur konnte die Rechte an der Geschichte erwerben, und nach dem Erfolg von Hush kam Netflix an Bord.

Vermutlich ist Flanagan mit das Beste, was Gerald's Game passieren konnte. Der Verfilmung ist anzumerken, dass es sich hierbei um ein Herzensprojekt handelt, das sich möglichst nah an die literarische Vorlage hält. Flanagan inszeniert die Geschichte als ein beklemmendes Kammerspiel, für das er den Wahnsinn, der Jessie beschleicht, auf seine wesentlichen Elemente reduziert.

Anstatt hier das Schauspielensemble unnötig aufzublähen, um sämtliche Identitäten Jessies, die im Roman auftauchen, darstellen zu können, hat sich Flanagan auf seine brillant agierenden Hauptdarsteller Carla Gugino (Sin City) und Bruce Greenwood (Kingsman: The Golden Circle) verlassen. Die Besetzung der Rolle des Geralds mit Greenwood war ein Vorschlag von King selbst, Gugino stieß als Letzte zur Darstellerriege und erwies sich als Glücksgriff.

Beide Schauspieler haben sichtlich Laune darin, die unterschiedlichen Facetten ihrer Figuren auszuloten. Greenwood spielt den aggressiven, sexuell frustrierten Ehemann derart überzeugend, dass man als Zuschauer umgehend eine heftige Antipathie für ihn empfindet. Im weiteren Verlauf jedoch offenbart er Züge an Gerald, die beinah Mitleid mit dem gestressten Anwalt hervorrufen.

Letztendlich jedoch trägt Carla Gugino den Film und schont sich nicht für ihre Rolle. Scheinbar mühelos wechselt sie zwischen purer Verzweiflung, die Jessie ob der hilflosen Situation empfindet, eiskaltem Kalkül, wie sie sich aus der Situation retten könnte - und einer Frau, die in ihrem Leben bereits einiges durchmachen musste.

Die Gruselelemente der Geschichte setzt Flanagan sehr dosiert, dafür umso effektiver ein. Wie Jessie weiß der Zuschauer zwischendurch selbst nicht mehr, was eine Halluzination und was Realität ist, sodass damit wie nebenbei der langsame Weg in den Wahnsinn, auf dem Jessie sich zu befinden scheint, greifbar wird.

Fazit

Gerald's Game gehört mit seiner eleganten Mischung aus Psychothriller, Kammerspiel und Grusel zu den definitiv gelungensten Verfilmungen einer Geschichte von Stephen King. Dies ist einem Regisseur zu verdanken, der hier sein Herzensprojekt endlich verwirklichen konnte sowie den brillant agierenden Schauspielern.

Gerald's Game | Official Trailer [HD] | Netflix

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