Kritik zu Babylon Berlin: Die ambitionierte Stadt der Sünde

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Berlin, Ende der 1920er-Jahre. Kommissar Gereon Rath ist aus Köln angereist, um in einem Erpressungsfall zu ermitteln, dessen Opfer sich in hohen politischen Kreisen bewegt. Schon bald sieht Gereon sich mitten in einem Umfeld, das von Drogen, Prostitution, Politik und Gewaltverbrechen bestimmt ist.

Die Berichterstattung zu Babylon Berlin neigte im Vorfeld zu Superlativen. Erstmalig war es gelungen, eine Kooperation zwischen einem Bezahl-Sender und einem öffentlich-rechtlichen Sender zu ermöglichen. Stattliche 40 Millionen Euro verschlang die Produktion von 16 Folgen der Serie. Auf der Besetzungsliste tummelt sich ein bekannter Name neben dem anderen. Und das Ganze wurde unter anderem von Tom Tykwer (Lola rennt, Das Parfum, Cloud Atlas) inszeniert. Unter diesen Voraussetzungen kann so gut wie gar nichts schiefgehen.

Glücklicherweise enttäuscht Babylon Berlin dann auch nicht. Bereits mit der Einstiegsszene ist klar, dass die Serie sich endlich einmal positiv von anderen abhebt, die in den letzten Jahren für das deutsche Fernsehen produziert worden sind.

Denn hier schafft das Kreativteam einen gelungenen Spagat zwischen einer historisch fast perfekten, auf jeden Fall opulenten Ausstattung und moderner Kameraführung. So wird optisch eine posttraumatische Belastungsstörung, die nicht wenig Männer aus dem Ersten Weltkrieg davon getragen haben, mit wild zuckenden Bildern untermalt, die auf den ersten Blick so gar nicht in den Kontext einer Serie mit historischem Hintergrund zu passen scheinen - und genau durch diesen Überraschungseffekt funktioniert es dann auch.

Mitunter ähneln die Bilder sogar einer Inszenierungsarbeit von Baz Luhrman. Wenn Berlins feierwütige junge Leute in einen bizarren, fast orgiastischen Massentanz zu dem Chanson Zu Asche, zu Staub der androgynen Sängerin Nikoros (Severija Janušauskaitė) verfallen, fühlt man sich an Moulin Rouge erinnert.

Bis in die kleinste Nebenrolle gekonnt besetzt sind die Darsteller. Volker Bruch (Unsere Mütter, unsere Väter, Hin und weg) füllt die männliche Hauptrolle als Gereon Rath erwartungsgemäß gekonnt aus und meistert die Facetten dieser Figur mühelos. Mal gibt Rath sich als Kommissar von Welt, der keine Scheu vor der großen Stadt Berlin hat, bevor sich im nächsten Moment herausstellt, dass er auch zu den sogenannten Zitterern gehört, die die Erlebnisse des Ersten Weltkriegs nicht ohne Weiteres verarbeitet haben.

Die weibliche Hauptrolle der Charlotte Ritter wird dargestellt von Liv Lisa Fries (Die Welle). Auch sie lässt in den geeigneten Momenten durchblitzen, dass Charlotte gar nicht so die berüchtigte Berliner Kodderschnautze ist, die sie zu sein vorgibt. Für Charlottes Rolle fällt zudem besonders in Auge, wie genau die Ausstattung gearbeitet hat; Charlotte macht im "Moka Efti" die Nacht zum Tage und gibt die Rolle der Weltgewandten; und das, obwohl ihre finanzielle Situation desolat ist. Hier hat die Ausstattung darauf geachtet - Charlotte hat lediglich nur ein gutes Kleid zum Ausgehen.

In weiteren Rollen brillieren unter anderem Peter Kurth (Tatort) als Gereons Kollege Bruno Wolter, Lars Eidinger (Sense8) als Alfred Nyssen, Fritzi Haberlandt (Der Tatortreiniger) als Gereons Zimmerwirtin Elisabeth Behnke, Karl Markovics (Kommissar Rex) als Katelbach und Matthias Brandt (Die Wölfe) als August Benda.

Mit der Schlussmontage treiben Regisseure, Kamera und Darsteller schließlich das optische Kaleidoskop und die Spannung in dem kurzweiligen Auftakt auf die Spitze. Ein Gegensatz jagt den anderen, enthüllt, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln könnte und positioniert alle Spielfiguren auf dem Brett.

Fans der Gereon-Rath-Romane werden einige Abweichungen zur literarischen Vorlage erkennen, wie Autor Volker Kutscher in einem Interview mit der FAZ erzählte. Kutscher hatte Tom Tykwer, Achim von Borries und Henk Handloegten sämtliche kreative Freiheiten gelassen, solange sie dem Kern der Geschichte und den Figuren treu blieben. Somit basiert Babylon Berlin mitunter lose auf dem Roman Der Nasse Fisch.

Fazit

Man darf gespannt sein, ob Babylon Berlin den Anspruch, den es sich mit den ersten beiden Episoden gesetzt hat, über die Dauer der weiteren Folgen aufrechterhalten kann. Das Potential dazu hat die Serie.

Sky strahlt Babylon Berlin immer freitags, um 20.15 Uhr, als Doppelfolge aus. Eine Ausstrahlung auf der ARD ist voraussichtlich gegen Ende 2018 zu erwarten.

Babylon Berlin – ab 13. Oktober nur auf Sky. Willkommen in der Stadt der Sünde!

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