Hier endet Gott, hier fängt Valak an - Kritik zu The Nun

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Türaufschrift Finit Hic Deo in The Nun

Gerade einmal fünf Jahre ist es her, dass mit Conjuring ein neues Horror-Franchise die Kinosäle eroberte. Bereits ein Jahr später folgte mit Annabelle das erste Spin-Off, bevor es mit Conjuring 2 im Jahr 2016 nach Enfield ging. In der zeitlichen Abfolge sprang man im vergangenen Jahr mit Annabelle 2 zurück und ist nun in diesem Jahr mit The Nun am Anfang der Geschichte angelangt - der Geschichte um den Dämon Valak.

Im Jahr 1952 werden die Novizin Irene (Taissa Farmiga) und der Priester Burke (Demián Bichir) vom Vatikan nach Rumänien geschickt, um den Suizid einer Ordensschwester in einem Kloster zu untersuchen. Sie nehmen in dem abgeschieden gelegenen Ort ihre Ermittlungen auf und müssen bald feststellen, dass sie mit einer dämonischen Macht konfrontiert sind.

BUH! Haha, du bist zusammengezuckt!

Nach den Auftritten in Conjuring 2 und in Annabelle 2 bekommt der Dämon Valak, der aus blasphemischen Spaß gerne als Nonne erscheint, nun also seine eigene Geschichte. Zeitlich ist damit The Nun vor den anderen Filmen das Franchises angesiedelt und ermöglicht somit auch dem Publikum, das nicht mit dem Franchise bekannt ist, einen leichten Einstieg in die Geschichte.

Bereits vor dem Kinostart sorgte The Nun mit einem Kurz-Trailer für Schlagzeilen. Der Clip lief als Werbung vor den eigentlich Videos auf YouTube und wartete mit einem Jump-Scare auf. YouTube entschied, dass dies gegen die "Shocking Content"-Vorschriften verstieß und verbannte den Clip von der Plattform.

Diese Marketingstrategie beschreibt dann auch, worauf The Nun abzielt: Der Film möchte streng genommen keine ausführliche Origin-Geschichte erzählen, sondern eher einen Jump-Scare-Rekord aufstellen.

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Bonnie Aarons & Taissa Farmiga in The Nun

Nun sei es bei Horrorfilmen dahingestellt, ob sie eine Handlung haben müssen, die den Film über die Länge tragen kann oder ob viel "Buh!" und "Kreisch!" für den Kinospaß reichen. The Nun hätte mehr Substanz in der Handlung jedoch gut getan.

Den eigentlich wären die Voraussetzungen hierfür vorhanden gewesen. Der Film wurde ausschließlich in Rumänien gedreht, unter anderem auf der Burg Hunedoara und in Sighișoara, das im Gebiet Transsilvaniens liegt, und bietet damit das passende Ambiente für einen Horrorfilm.

Dazu fanden sich mit Taissa Farmiga und Demián Bichir in den Hauptrollen entsprechende Darsteller. Farmiga, die jüngere Schwester von Vera Farmiga, die Lorraine Warren im Conjuring-Franchise verkörpert, war in American Horror Story als Violet zu sehen, während Bichir für seine Rolle des Carlos Galindo in A Better Life sogar eine Oscar-Nominierung einheimsen konnte.

Einmal den üblichen Mix aus der Klischee-Schublade, bitte

Damit ist es umso frustrierender, dass The Nun nicht so recht zünden will. Es mag daran liegen, dass Regisseur Corin Hardy sich auf eine Menge düstere Bilder konzentriert hat und sich anscheinend nicht davor scheute, tief in der Klischee-Schublade des Horror-Genres zu wühlen. Hier bitte eine große Portion Nebel, dann noch einen Schuss "Da war ein merkwürdiges Geräusch, ich gehe mal allein los, um das zu erkunden", und garniert wird das Ganze dann bitte noch mit Spiegeln, in denen nichts so ist, wie es den Anschein hat. Es war nicht zu erwarten, dass The Nun das Genre neu erfindet, es ist jedoch erschreckend, wie wenig innovativ der Film inszeniert wurde. Wenig innovativ untermalt es auch der Soundtrack, der sich auf mystische Chorgesänge konzentriert.

Und so stolpern Farmiga und Bichir in ihren Rollen verloren von einem Jump-Scare zum nächsten, wobei sie sich redlich bemühen, noch das Beste aus ihren Figuren herauszuholen. Farmiga hat hier den Vorteil, dass die Novizin Irene die treibende Kraft der Geschichte ist, während Bichir damit zu kämpfen hat, dass Vater Burke der Stichwortgeber ist, der in einem kleinen Nebenhandlungsstrang noch ein Priestertrauma auferlegt bekommen hat - ein Exorzismus ist eben kein Zuckerschlecken.

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Taissa Farmiga in The Nun

Gibt The Nun wenigstens in diesem Getöse eine befriedigende Antwort darauf, wie Valak es letztendlich in die menschliche Welt geschafft hat? Nun (man verzeihe das schlechte Wortspiel), dies ist schwierig zu beurteilen, wenn die Handlung sich zum Großteil nicht auf den Dämonen und dessen Ursprung konzentriert. Dafür bietet der Film aber einen wunderbaren "Nee, oder?"-Moment, wenn man überspitzt ableitet, wer daran schuld sein könnte, dass sich Novizin und Priester mit Valak herumschlagen müssen.

Aber wir wollen abschließend nicht ganz so hart im Urteil sein. Immerhin bietet The Nun reichlich Gelegenheit, alte Lateinkenntnisse aufzufrischen. So wäre der Satz "Finit hic, Deo!" passend, um zu testen, ob man noch "finire" konjugieren kann. Für alle Nicht-Lateiner: "Hier endet Gott!" Zudem darf das Publikum sich die lateinische Form des Ave Maria ins Gedächtnis rufen. Damit hat The Nun schließlich doch einen Bildungsauftrag erfüllt. Und der Rest der Zuschauer zählt einfach die Jump-Scares. Wir haben 16 Stück für The Nun gezählt.

Fazit

The Nun ist der Beweis dafür, wie schnell ein Horror-Franchise sich abnutzen kann. Was bei Conjuring 2 noch als interessante neue Figur daherkam, verpufft in der Origin-Geschichte nun zum wandelnden Klischee, das außer einer hohen Jump-Scare-Dichte und Lateinunterricht wenig Substanz zu bieten hat. Eingefleischte Fans des Franchises werden mit der Kinokarte vermutlich auf ihre Kosten kommen. Das restliche Publikum sollte getrost den Home-Entertainment-Start abwarten können.

The Nun
Originaltitel:
The Nun
Kinostart:
06.09.18
Regie:
Corin Hardy
Drehbuch:
James Wan, Gary Dauberman
Darsteller:
Demián Bichir, Taissa Farmiga, Bonnie Aarons, Charlotte Hope, Ingrid Bisu, Jonny Coyne, Sandra Teles, Manuela Ciucur, Jared Morgan
Das Spin-off zu The Conjuring 2 dreht sich um eine dämonische Nonne.

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