Kritik zu The Man Who Killed Don Quixote – Was lange währt ...

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Adam Driver Jonathan Price Don Quixote Still

Der erfolgreiche Werbefilmer Toby (Adam Driver) wird bei einem Dreh in Spanien mit seiner Vergangenheit konfrontiert: Hier hat er vor Jahren seinen Abschlussfilm über Don Quixote für die Universität gedreht. Er begibt sich auf die Spurensuche und merkt schnell, dass seine Arbeit nicht ohne Auswirkungen geblieben ist. Am schlimmsten hat es den alten Schuster (Jonathan Pryce) getroffen: Der spielte damals den titelgebenden Helden Don Quixote und hält sich bis heute für die Romanfigur. Zusammen stolpern die beiden von einem Abenteuer in das nächste und begegnen schließlich Angelica (Joana Ribeiro), Tobys Affäre aus Tagen des Studentenfilms. Er beschließt, sie vor ihrem Ehemann zu retten.

Der Film beginnt mit selbstironischen Worten: „25 Jahre in Entstehung und Zerstörung, es ist endlich soweit ...“ gefolgt vom Filmtitel. Und in der Tat: Terry Gilliam hat rund 25 Jahre gebraucht, um seine Version der Geschichte von Don Quixote in die Tat umzusetzen und dabei viele Rückschläge einstecken müssen. Zuletzt hatte er Streit mit seinen Geldgebern und Lizenznehmern. Aber trotz allem kommt der Film am kommenden Donnerstag in die Kinos. Hat sich das Warten gelohnt?

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Adam Driver Jonathan Price Don Quixote Still

Vorweg sei gesagt: Nach so einer langen Zeit sind die Erwartungen an diesen Film entsprechend hoch. Nichts weiter als ein vor Herzblut triefendes Meisterwerk und die Krönung von Gilliams Schaffen könnte man erwarten. Wer mit dieser Einstellung in den Film geht, wird enttäuscht. The Man Who Killed Don Quixote entwickelt dank Terry Gilliams visueller Sprache einen eigenen Sog und weiß durch die Charaktere sowie gezielt gesetzte Witze zu unterhalten. Wer Gilliam allerdings nur von Filmen wie 12 Monkeys oder Fear and Loathing in Las Vegas kennt, könnte vor allem gegen Ende einige Längen entdecken.

Der Trailer legte einen Abstecher ins Genre des magischen Realismus nahe, aber tatsächlich überträgt sich die fiebertraumhafte Fantasie Don Quixotes nur selten auf Toby, der natürlich trotzdem zunehmend an seinem Verstand zweifelt. Wann immer Szenen die Grenzen der Realität hinter sich lassen, werden sie irgendwie aufgelöst, sei es als Traum oder als Zufall. So lässt der Film sein Publikum immer am Gezeigten zweifeln und hält eine gewisse Spannung aufrecht. Das Ganze kann aber zu Lasten der Logik gehen.

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Adam Driver Jonathan Price Don Quixote Still

Trotzdem hat The Man Who Killed Don Quixote die von seinem Regisseur gewohnte visuelle Schlagkraft, was sich auch daran zeigt, wie die wunderschöne Landschaft Spaniens und Portugals in Szene gesetzt wird. Der Film bietet tolle Kulissen, die den Kinobesuch auf jeden Fall rechtfertigen.

Auf der Charakterseite präsentiert Gilliam den anfangs unsympathischen Hauptcharakter Toby, dem man die unsäglichen Zwischenfälle mit Don Quixote beinahe gönnt. Sie tragen allerdings dazu bei, dass der egoistische Regisseur zunehmend am sensations- und geldgierigen Betragen seiner Mitmenschen scheitert und am Ende eine Veränderung durchlebt – allerdings mit fragwürdigen Konsequenzen. Adam Driver (Star Wars – Die letzten Jedi) spielt den Unsympath, der in den Rückblenden übrigens durchaus freundlich wirkt, überzeugend und zeigt eine unerwartete Neigung zum Slapstick.

Ihm gegenüber steht der erfahrene Schauspieler Jonathan Pryce (Game of Thrones), der den geistig verwirrten Ritter überzeugend spielt. Seine schauspielerische Breite kann Pryce andeuten und zieht damit definitiv an allen anderen Darstellern vorbei. Trotzdem liefern alle Beteiligten sehr gute bis solide Arbeit, da gibt es wenig zu kritisieren.

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Adam Driver Jonathan Price Don Quixote Still

Die Abenteuer der beiden seltsamen Gestalten wissen durch Abwechslung und Humor zu unterhalten. Wie man von einem ehemaligen Monty-Python-Mitglied erwarten kann, sitzen die Gags meist punktgenau und durchbrechen, beispielsweise in der Handhabung der Untertitel, manchmal auch die vierte Wand. Daneben kritisiert der Film in einigen Szenen auch aktuelle Gemütslagen: So beginnt The Man Who Killed Don Quixote als Darstellung des zynischen Filmbusiness oder verarbeitet die Ängste vor illegaler Migration und muslimischen Fundamentalisten. Das nimmt bisweilen stark metaphorische Züge an, kommt aber selten mit dem moralischen Zeigefinger daher.

The Man Who Killed Don Quixote ist insgesamt zwar unterhaltsam, will aber kein Unterhaltungsfilm sein und kratzt mit manchen Elementen am Art-House-Film. In der Flut von eher belanglosen Action-, Superhelden- oder Horror-Filmen ist das ehrgeizige Werk von Terry Gilliam aber eine willkommene Abwechslung und bestimmt ein Film, der auch in Zukunft noch unterhalten und beschäftigen kann. Das ist mehr als der x-te Aufguss einer Origin-Story meist zu bieten vermag.

Fazit

The Man Who Killed Don Quixote ist ein fantasievoller, moderner Abenteuerfilm mit Witz, der dank viel Abwechslung zu unterhalten weiß. Fans von Terry Gilliam können ihn ohne Sorge schauen. Wer Art House nicht mag, könnte Probleme haben, sich auf den Film einzulassen.

zusätzlicher Bildnachweis: 
Concorde Filmverleih
The Man Who Killed Don Quixote
Originaltitel:
The Man Who Killed Don Quixote
Kinostart:
27.09.18
Laufzeit:
132 min
Regie:
Terry Gilliam
Drehbuch:
Terry Gilliam, Tony Grisoni
Darsteller:
Jonathan Pryce, Adam Driver, Olga Kurylenko, Stellan Skarsgård, Joana Ribeiro, Eva Basteiro-Bertoli, Rossy de Palma, Óscar Jaenada, Jordi Mollà, Sergi López
Nach fast 20 Jahren Entwicklungszeit konnte Terry Gilliam sein Herzensprojekt um einen Mann, der sich für den echten Don Quijote hält, endlich verwirklichen.

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