Der letzte Tag der Schöpfung: Kritik zum Hörspiel über eine Zeitreise in die Urzeit

In Filmen und Romanen haben Menschen verschiedene Gründe, um eine Zeitreise zu unternehmen. Meist ist es reine Neugier. Manchmal haben die Zeitreisenden vor, die Ereignisse in der Vergangenheit zu korrigieren – den Tod eines geliebten Menschen verhindern, Hitler töten oder Ähnliches. Selten gibt es ein so großes generalstabsmäßig geplantes Unterfangen wie in Wolfgang Jeschkes Science-Fiction-Roman Der letzte Tag der Schöpfung. Das Hörspiellabel Ohrenkneifer hat die Geschichte jetzt als Hörspiel adaptiert.

"Wir werden sie 5.5 Millionen Jahre in die Vergangenheit schicken."

Der Vatikan versucht es zu vertuschen, doch eine seiner heiligen Reliquien besteht aus uraltem Plastik – was eigentlich unmöglich ist. Darauf wird der amerikanische Geheimdienst aufmerksam und startet rund um und im Mittelmeer weitere Ausgrabungen. Unter anderen finden sie so die Reste eines Jahrtausende alten Jeeps und die versteinerten Überreste eines hochmodernen Gewehrs. Aufgrund dieser spektakulären Funde startet das US-Militär das Zeitreiseprojekt Chronotron mit dem Ziel, in die Vergangenheit zu reisen und so das Öl unter der arabischen Halbinsel weg zu pumpen.

Mitte der 80er Jahre werden die ersten Soldaten mit einem Spezialschiff auf hoher See 5.5 Millionen Jahre in die Vergangenheit geschickt. Doch die Landung in der Urzeit gestaltet sich anders als geplant. Die Amerikaner müssen feststellen, dass sie nicht die einzigen Besucher aus der Zukunft in den weiten Ebenen des noch trocknen Mittelmeeres sind. Zudem bringen Zeitreisen mehr Komplikationen mit sich, als die Wissenschaftler der Gegenwart es sich ausgerechnet haben.

Die Soldaten Steve Stanley und Jerome Bannister sehen sich nach ihrer Landung gleich den Angriffen eines feindlichen Düsenjägers ausgesetzt. Auf ihrer Flucht zum Hochplateau Sardinien stoßen die beiden Männer auf radioaktive verstrahlte Mastodonten sowie auf einen Frühmenschen, der sich sehr gut mit moderner Kriegsführung auskennt.

"Was man heute zu Tage alles so freiwillig nennt."

Verantwortlich für die Adaption von Der letzte Tag der Schöpfung ist das kleine Label Ohrenkneifer bestehend aus den drei Produzenten Marc Schülert, Dirk Hardegen und Detlef Tams. Die drei haben unter anderen bereits die beiden Science-Fiction-Hörspiele Iris und Die Fünf von Terra – Im Auftrag des Unendlichen veröffentlicht.

Marc Schülert (Sprecher von Dr. Morton Zephyre in der Twilight-Mysteries-Reihe) führt bei ihrem aktuellen Projekt die Regie und ist zusätzlich in der Hauptrolle als Soldat Steve Stanley zu hören. Auch Dirk Hardegen (Sprecher in den Hörspielen Drachenlanze und Die Elfen) übernahm zwei Aufgaben: Er verfasste das Skript und spielt den Soldaten Murchinson. Dritter im Bunde ist Detlef Tams, der dem Frühmenschen Goodluck seine Stimme leiht.

Allen drei hört man an, dass sie große Erfahrung als Sprecher besitzen. Die schwierigste Aufgabe fällt wohl Tams zu. Sein Goodluck soll zugleich verständlich, wild und fremd klingen. Es gelingt ihm gut, ohne dabei auf abgegriffene Klischees wie Knurren zurückzugreifen.

Von der restlichen Besetzung sind vor allem André Beyer als Admiral Franics und Achim Barrenstein als Howard Harness herauszuheben. Als glühender Anhänger der Mission Chronotron beziehungsweise frustrierter Befehlshaber in der Urzeit bieten beide eine exzellente Darbietung und transportieren mit ihren Stimmen mehr als sie in ihren Dialogen sagen.

In weiteren Rollen sind unter anderen Friedhelm Ptok (Synchronstimme von Ian McDiarmid), Uve Teschner (Synchronstimme von Oscar Isaac in Das Bourne Vermächtnis) und Michael-Che Koch (Sprecher in verschiedenen Geister-Schocker- und Gruselkabinett-Folgen) sowie Urs Fabian Winiger, Martin Sabel und Robert Frank zu hören.

"Offensichtlich sind Zeitreisen möglich – und wir sollten alles daransetzen, die Ersten zu sein, die diese Technik zu beherrschen."

Als Erzähler fungiert Gordon Piedesack (Synchronstimme von Martin Sheen und Bruce Dern). Dem Regisseur war der Erzähler wichtig, wie er im Making of am Ende der CD verrät. So wollte er ausgesuchte Passage aus Wolfgang Jeschkes Vorlage, die man in den Dialogen nicht wieder geben konnte, in seine Version einbauen.

Jeschke war langjähriger Lektor und Herausgeber der Science-Fiction-Reihe beim Heyne Verlag. Daneben veröffentlichte er mehrere Kurzgeschichten und einige wenige Romane. Der letzte Tag der Schöpfung aus dem Jahr 1981 ist sein bekanntestes Werk, für das er mit dem Kurd-Laßwitz-Preis ausgezeichnet wurde.

Bei der Auswahl der Vorlage hat Regisseur Schülert ein gutes Gespür bewiesen. Jeschekes Vorlage bietet Abenteuer, Drama und vor allem eine sehr gute Science-Fiction-Geschichte. Die Grundstimmung kann man nicht gerade als fröhlich bezeichnen – was aber an der pessimistischen Weltsicht des Autors liegt. Dennoch kommt die Spannung nicht zu kurz.

"Hey Kommander worauf läuft das hinaus – zwei Woche Rimini für uns alle?"

Diese wird auch gut von der Musik unterstützt. Zwischen einzelnen Erzähl- beziehungsweise Dialogpassagen erklingt meist ein epischer Soundtrack, wie er auch in einen Hollywoodfilm passen würde. Bei spannenden Stellen tritt die Musik aber auch in den Hintergrund und schafft so eine düstere Atmosphäre. Unterschiedliche Geräusche wie Hubschrauber oder die urzeitliche Tierwelt sind glaubhaft in das Hörspiel eingebaut worden.

Der letzte Tag der Schöpfung erscheint als Doppel-CD und hat eine Länge von ungefähr 145 Minuten. Da die beiden CDs recht unterschiedlich sind – die Erste beschreibt die Vorbereitung und Durchführung des Unternehmens Chronotron, der zweite Teil das Schicksal der Soldaten in der Vergangenheit – gibt es auch kaum Längen. Nur zum Ende zieht sich die Geschichte ein wenig.

Was daran liegt, dass das Hörspiel mit einem offenen Ende einfach so ausläuft. Man hätte die Handlung auch vorher beenden können oder die Ereignisse zwischendurch straffen können. Dies soll nicht bedeuten, dass es in der Handlung keine überraschenden Wendungen oder Auflösungen gibt. Der größte Twist erfolgt zum Ende der ersten CD und in der zweiten Hälfte werden die Ereignisse dann ausführlich erklärt. Die folgenden Minuten sind nicht langweilig, aber dem Hörer wird zum Ende, nachdem er die Welt der Vergangenheit erst einmal kennengelernt hat, nicht viel Neues geboten,

"Der Umfang ihrer Aktentaschen weckt zumindest gewisse Erwartungen."

Fazit

Der letzte Tag der Schöpfung bietet mit einer Mischung aus Science Fiction und Abenteuer große Unterhaltung – die zum Ende hin allerdings ein wenig ausufert. Die Sprecher machen ihre Arbeit alle sehr gut und auch die Urzeit wurde von den Machern glaubhaft zum Leben erweckt. Insgesamt hat das kleine Label Ohrenkneifer ein großes Hörspiel produziert, wie man es sonst nur von großen Produktionen der Radiosender gewohnt ist.

Der letzte Tag der Schöpfung - Trailer (Ohrenkneifer / Wolfgang Jeschke)

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