Kritik zu Brahms: The Boy 2 - Horror aus dem Augenwinkel

Eine junge Familie zieht nach einer traumatischen Begegnung mit Einbrechern im eigenen Zuhause für einige Zeit in die prächtige, aber etwas unheimliche Heelshire-Villa. Der kleine Jude (Christopher Convery), der bei dem Überfall dabei war, spricht seither allerdings kein Wort mehr und kommuniziert mit seinen Eltern (Katie Holmes und Owain Yeoman, The Mentalist) nur noch per Notizblock.

Bei einem Spaziergang in den umliegenden Wäldern entdeckt Jude eine verdreckte Porzellanpuppe im Laub. Trotz des anfänglichen Widerstandes der Eltern nimmt er schließlich Brahms, wie er die Puppe bald nennt, mit nach Hause. Brahms wird zum ständigen Begleiter von Jude: Er nimmt am Familienleben teil, sitzt beim Essen am Tisch und darf nachts am Bett des Jungen wachen. Doch bald beginnt Jude, sich zu verändern, und Brahms scheint daran nicht ganz unschuldig zu sein. ...

Never change a winning trope

Werden traumatisierte Kinder in Horrorfilmen jemals aufhören, unheimliche Spielzeuge mit sich herumzutragen und ihren Eltern damit einen gehörigen Schrecken einzujagen? Wenn es nach den gängigen Horror-Regeln geht, wohl eher nicht. Auch bei Brahms: The Boy 2 darf wieder einmal eine verfluchte, altmodische Puppe sämtliche Beteiligte in Angst und Schrecken versetzen.

Und natürlich kostet Regisseur William Brent Bell, der auch schon den Vorgänger The Boy (2016) ersann, sämtliche Puppenhorror-Klischees aus: Die Puppenaugen rollen, man hört Schritte, Flüstern und Kindergelächter, sogar über die Fernbedienung übernimmt die Puppe scheinbar die Macht, um unheimliche Botschaften zu senden. Was auch nicht fehlen darf: Der stets wachsame Nachbarshund lässt sich davon jedoch nicht täuschen, und verschwindet alsbald von der Bildfläche. Und dann war da noch das Geheimnis um das unheimliche Haus.

Brahms the boy 2

Zugegeben: Viele neuartige Drehbuchkniffe darf man bei Brahms: The Boy 2 nicht erwarten, der Film dient eher als eine Art Bingo-Feld für die gängigen Erzähltechniken. Der Grusel funktioniert aber mit etwas gutem Willen trotzdem. So kann Brahms: The Boy 2 zumindest in der ersten Dreiviertelstunde durchaus unterhalten.

Puppenhorror-Fans freuen sich über kleine Einfälle, wie wenn sich beispielsweise das sonst so neutrale Puppengesicht ganz leicht zu einem Lächeln verzieht, als die Mutter sich um die Puppe kümmert, die Kamera jedoch nie ganz auf das Gesicht fokussiert.

Dass die Puppe Brahms dabei in seiner Steifheit eher an die Handpuppe Slappy aus der Gänsehaut-Reihe als an sein prominenteres Vorbild Chucky, die Mörderpuppe, erinnert, muss dabei nicht unbedingt schlecht sein, immerhin spart man sich hier einige ungelenk animierte CGI-Momente. Umso enttäuschender ist hier jedoch, dass, bis auf die Puppe selbst die Fortsetzung Brahms - The Boy 2 nur noch rudimentär etwas mit der eigentlich weitaus interessanteren Geschichte aus dem Vorgänger The Boy zu tun hat. Das ist schade, denn hier hätte man durchaus noch weiter in die psychologische Ebene des Horror eintauchen können. (Spekulationen hierzu gern in die Kommentare)

Brahms the boy 2

Mutige Mütter, übermannte Söhne

Katie Holmes spielt die Mutter mit dem mutigen Herzen mit dem nötigen Ernst. An ihr arbeitet sich der Film genüsslich ab: Ihre anfängliche Skepsis gegenüber der unheimlichen, fast kindgroßen Puppe wird bald durch blanken Horror abgelöst. Hingegen bleibt, auch dies ist keine neue Beobachtung, die Vaterfigur eher blass und unauffällig, bis es später ans Eingemachte geht.

Auch die kindliche Hauptrolle kann einigermaßen überzeugen, um dem Grusel den richtigen Dreh zu geben, und Convery liefert mit stets ernster Miene einen recht soliden Auftritt. Ein wenig hilft hier auch die Idee, den Jungen nicht sprechen zu lassen. Was gibt es unheimlicheres, als immer wieder auf die quälend langsam gekritzelten Nachrichten und Bilder eines verstörten Kindes warten zu müssen? Gut, vielleicht noch die standardmäßigen Zeichnungen einer Familienaufstellung mit extra viel Blut. Wieder ein Kreuzchen mehr auf dem imaginären Bingo-Brett und die Frage, wie viele Notizblöcke die Eltern eigentlich dabeihaben, den Jude geht nicht gerade sparsam mit dem Papier um.

Die charakterliche Veränderung des Jungen kommt so allerdings in der zweiten Filmhälfte nur mühsam voran, da der Zuschauer den stummen Jungen praktisch nicht kennenlernt. Auch die Motivation von Brahms, wieso er ein Interesse daran hat, den Jungen um sich zu haben (abgesehen davon, dass er eben das Böse schlechthin ist, hier bitte Evil Laughter einfügen), wird dann doch nicht ausreichend erklärt.

Ein paar, leider zu wenige, amüsante Szenen hat sich Brahms: The Boy 2 allerdings dann doch gegönnt, um aus dem klebrigen Klischee auszubrechen. So darf Katie Holmes beispielsweise ihre Angst zu überwinden versuchen, indem sie ihrerseits die Puppe erschrecken will, um zu sehen, ob sie reagiert - und nach erfolglosem Versuch prompt mit einem Glas Wein gegensteuert.

Brahms the boy 2

Regeln sind halt Regeln

In der Schlusskurve verlässt sich der Film dann leider wieder zu sehr auf die gängigen Stilmittel. Und selbst die Regeln, die Brahms Jude im Laufe des Films diktiert (und bei denen man, wenig überraschend, kaum gewinnen, also mit dem Leben davon kommen kann, selbst wenn man sich an sie hält), scheinen nur eine vage Reminiszenz an Teil Eins zu sein, so spät werden sie in den Film eingeführt.

Die eigentlich recht ansprechend aufbereitete Grundhandlung vom ersten Teil wird so leider durch eine sehr austauschbare Geschichte fortgeführt. Mutiger wäre es gewesen, mit neuen Ideen und ein wenig mehr Selbstironie aus dem Genre-Brei hervorzutreten. Doch dann hätte man wohl mit den Genre-Regeln brechen müssen. Schade.

Fazit

Mit Brahms - The Boy 2 startet ein weiterer Standard-Puppenhorrorfilm, der kaum Überraschungen bereithält, jedoch in der ersten Filmhälfte relativ solide unterhalten kann. Für einen DVD-Abend mit ordentlich Popcorn jedoch ausreichend.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© Capelight Pictures

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