Terra Firma, Teil I - Kritik zu Star Trek: Discovery 3.09

SPOILER

Star Trek: Discovery 3.09 “Terra Firma, Teil I” bringt uns zurück ins Spiegeluniversum. Für Regisseur Omar Madha (The 100, Another Life) ist es die erste Arbeit im Trek-Universum. Das Drehbuch zum Zweiteiler stammt von Alan McElroy, der bereits gewisse Discovery-Erfahrung hat.

Nebulöse Nachricht

Adira hat wegen Schlafmangel den entscheidenden zweiten Teil der gängigen IT-Problem-Lösung “Hast du schon versucht, es aus- und wieder anzustellen?” vergessen. Das wirft die Arbeit an der Decodierung des empfangenen Notrufs aus dem Verubia Nebel um einige Stunden zurück, bringt dafür aber der Neben-Neben-Handlung an Bord der Discovery gute zwei Minuten mehr Laufzeit in dieser Episode.

Ansonsten bleibt die Frage nach dem Ursprung des Burns und die Auswertung der so hart errungenen SB-19-Daten anscheinend arg egal. Immerhin wissen wir nun, dass es sich nicht um ein uns bekanntes Sternenflotten-Schiff handelt, sondern um ein rund hundert Jahre altes Notsignal eines Föderationsschiffes von Kaminar. Was natürlich Saru sichtbar bewegt, immerhin war er zu seiner Zeit der erste und quasi einzige Kelpien, der überhaupt vom Leben jenseits seines Planeten wußte. Und dann sieht diese Dr. Issa der KSF Khi’eth auch noch seiner Schwester Siranna arg ähnlich (unter der Maske steckt bei beiden Hannah Spear).

So gerne Saru sich sonst mit Admiral Vance trifft, um seinen Rat und seinen Zuspruch einzuholen, jetzt mag er dann doch lieber erstmal warten und weiter analysieren, um was es sich handelt - und sich derweil alleine in seinem Quartier die Aufnahme von Dr. Issa in Dauerschleife ansehen.

Die Bedürfnisse weniger

Der Brillenmann Kovich (David Cronenberg) ist zurück und klärt Doctor Culber über Georgious mysteriöse Krankheit auf. Beobachtet wurde das gleiche Phänomen etwa bei Lt. Yor, einem Sternenflotten-Soldaten aus den Zeitkriegen im 24. Jahrhundert, der zudem aus der Kelvin-Zeitlinie/Alternativuniversum stammt. Das Problem scheint zu sein, dass allerlei Körperbestandteile nicht mit der Kombination aus Zeitreise und Sprung aus einem anderen Universum klar kommen.

Muss eine sehr schmerzvolle Angelegenheit sein, bei der die Sterbehilfe noch das beste ist, was man anbieten kann - glaubt Kovich. Der hat allerdings auch nicht wie Culber das gigantische gesammelte Wissen der Sphärendatenbank nebst der Crew wohlgesonnener KI zur Hand. Demnach gäbe es auf dem Planeten Danus V für Georgiou eine 5-Prozent-Chance eine Heilung zu finden.

Nachdem die Discovery in der vergangen Woche Taxi extra für Book gespielt hat und auf sehr fragwürdige Weise trotz expliziter anderer Befehle eine kämpferischen Auseinandersetzung mit der Smaragdkette einging, entdeckt Saru nun die ein oder andere moralische Grundfeste der Sternenflotte wieder für sich: Die Bedürfnisse vieler sind wichtiger als die Bedürfnisse weniger. Neenee, für jemanden wie Georgiou macht man keine Extratouren. Ich meine, was sie überhaupt noch an Bord macht und warum sie nicht lange irgendwo festgesetzt wurde, frage ich mich ja schon länger, aber nun hat man sie schon so lange mit durch Zeit und Raum genommen, da lässt man sie doch auch nicht mal eben so qualvoll sterben, wenn es eine Resthoffnung auf Heilung gibt.

Das sieht auch Admiral Vance so, der zudem glaube ich gar nicht so abgeneigt ist, die Discovery erstmal nicht mit in den Kampf zu nehmen, sondern lieber fernab bei einem unbewohnten Planeten in Sicherheit zu wissen. Saru gegenüber stellt er es als Lektion in Führungsstärke dar: Wenn man als Captain ein ertrinkendes Crew-Mitglied nicht rettet, verliere man den Respekt der kompletten Mannschaft und vor sich selbst.

Also geht es per Pilzantrieb auf nach Danus V.

Narnia

Ob das wohl der Abschied von Georgiou in Discovery ist? Die Bildsprache deutet so etwas an: Die Wanderung durch die ewigen Schneelandschaft von Danus V gleicht auffallend unserer ersten Begegnung mit Prime-Georgiou und Burnham auf der Außenmission auf einem Wüstenplaneten gleich zu Beginn der Pilotepisode.

Allerdings waren die Gespräche damals interessanter. Georgious anhaltend miesepetriges Rumgiften zur Untermalung ihrer (schrumpfenden) Bösartigkeit ist und bleibt einfach extrem ermüdend. Gerade, weil es ja auch schon an Bord der Discovery anfing mit schnarchigen Möchtegern-Kampf mit Burnham. "Bring mich um, damit ich ehrenvoll sterben kann" - jaja, hier, nimm einen Keks, ist gut jetzt. Bei ihr ist es eine feste Charaktereigenschaft und nicht durch den jetzt bekannten Ausblick auf einen baldigen, schmerzhaften Tod begründet.

Zum Glück treffen sie auf Danus V aka Narnia nicht auf die weiße Hexe, sondern auf eine magische Fee namens Carl. Carl spricht in Rätseln und flachen britischen Wortwitzen, scheint aber freundlich gesinnt. Warum sollte man auch nicht einem knuffigen Hutträger mit Hang zu altmodischer Kleidung mitten im Nirgendwo mit einer frei herumstehenden Tür in eine andere Dimension vertrauen?

Seine Lektüre gibt einen Hinweis darauf, wer oder was Carl sein könnte: "The Star Dispatch" ist zwar eine fiktive Zeitung, die in diversen Filmen und Serien gewählt wird, im Star-Trek-Universum tauchte sie erstmals mit einer Ausgabe der 1930er-Jahre in “Griff in die Geschichte” (Raumschiff Enterprise 1.28) auf. In der Episode trifft die Crew der Enterprise auf die oder den Hüter der Ewigkeit. Durch ein Portal der Hüter kann man sich nicht nur sämtliche Geschehnisse der Vergangenheit und Zukunft, auch alternativer Zeitlinien, anzeigen lassen, sondern sich auch selbst hinein begeben.

Gothic Noir

Georgiou hat nicht viel zu verlieren, also klettert sie durch Carls Kleiderschrank und landet zu ihrer Verwunderung als Imperatorin zurück im Spiegeluniversum, zeitlich kurz vor der Ankunft der Discovery beziehungsweise der Handlung der ersten Staffel.

Hier sind ihr alle vertraut böse-böse Bösewichte. Sehr eindimensional, so richtig spaßig sind nur die Klamotten - also wenn man einen Lack-, Latex- und Leder-Fetisch oder Hang zu körperbetonter schwarzer Kleidung mit güldenen Rüstungselementen hat. Das ist alles sehr wichtig, damit man auf keinen Fall irgendjemand aus dem Spiegeluniversum mit ihren Zwillingen des Prime-Universums verwechselt. Überall laufen sie blutlüsternd auf der Suche nach Schmerz durch die Gänge und pöbeln alles und jeden um sich heran. Das muss doch sehr anstrengend und langweilig sein.

Ja, irgendwie kann das Spiegeluniversum mit Captain Killy, diabolischer Burnham und der Rückkehr von Landry (Rekha Sharma) und Airiam (Hannah Cheesman), den schwarzen Schiffsdroiden, den opulenten Kleidern der Imperatorin und dem theatralischen Mörder-Stamets mit seinem chinesischen Zirkus trotzdem unterhalten, vor allem, weil den Darstellern der Spaß anzusehen ist. Aber fünf Minuten reichen dann auch schon wieder. Braucht es wirklich so viel Aufwand, um zu zeigen, dass die Reise mit der Prime-Discovery auch jemanden wie Georgiou geändert hat?

Andererseits sind es die Nahaufnahmen und Kameraschwenks hin zu düsterer Owosekun wert. Ohne ein Wort in ihrer Rolle zu sprechen, sagt Oyin Oladejo viel. Die führt doch was mit Detmer, Burnham und Killy im Schilde. Werden wir Imperatorin Owosekun zu sehen bekommen? Und wo bleibt Lorca? Georgious zweite Chance für alternative Entscheidungen können ja wohl kaum ohne Konsequenzen bleiben.

Nun stellt sich die Frage: Ist das alles eine Art Simulation? Ein Test, ob es Georgiou wert ist, gerettet zu werden? Wenn es sich wirklich um die Hüter der Ewigkeit handelt, so ist eher anzunehmen, dass Georgiou tatsächlich die Geschehnisse der Vergangenheit ändern kann und eventuell eine weitere alternative Zeitlinie schafft. Bleibt sie im Spiegeluniversum oder landet sie schließlich zur Heilung zwar wieder im 23. Jahrhundert, aber im Prime-Universum, um dort mit ihren eigenen Sektion-31-Abenteuern durchzustarten?

Fazit

Eine Bewertung fällt nach der ersten Hälfte einer Doppelfolge schwer. Wir werden sehen, in welche Richtung es uns nächste Woche treibt. Es zeigt sich jedoch schon jetzt das Problem, dass Georgiou über all die Zeit recht eindimensional und damit nicht sonderlich interessant geschrieben wurde.

Wieso also sollte mich ihr Schicksal nun kümmern - und dann auch gleich noch genug für eine Doppelfolge? Ich lasse mich aber gerne überraschen.

The Guardian of Forever in Star Trek Discovery vs TOS vs TNG

Star Trek: Discovery

Originaltitel: Star Trek: Discovery
Erstaustrahlung 24. September 2017 bei CBS All Access / 25. September 2017 bei Netflix
Darsteller: Sonequa Martin-Green (Michael Burnham), Jason Isaacs (Captain Gabriel Lorca), Michelle Yeoh (Captain Georgiou), Doug Jones (Lt. Saru), Anthony Rapp (Lt. Stamets), Shazad Latif (Lt. Tyler), Maulik Pancholy (Dr. Nambue), Chris Obi (T’Kuvma), Shazad Latif (Kol), Mary Chieffo (L’Rell), Rekha Sharma (Commander Landry), Rainn Wilson (Harry Mudd), James Frain (Sarek)
Produzenten: Gretchen Berg & Aaron Harberts, Alex Kurtzman, Eugene Roddenberry, Trevor Roth, Kirsten Beyer
Entwickelt von: Bryan Fuller & Alex Kurtzman
Staffeln: 4+
Anzahl der Episoden: 42+


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