PR Neo 54- Die Kurtisane des Imperiums

Alexander Huiskes

Alexander Huikes weiterer Arkonidenroman erweitert das handlungstechnische Spektrum um eine sehr viel interessantere Facette, die in den bisherigen Bänden nicht so expliziert angesprochen worden ist.

Sergh da Trefon nimmt das Verschwinden des modernsten Prototyp der arkonidischen Flotte persönlich und möchte sich an den Menschen rächen. Dazu braucht er die Position der Erde. Die Motivation ist klar herausgearbeitet, die Vorgehensweise wie nicht selten in „Perry Rhodan Neo“ umständlich und verquer. Warum er selbst aus der weit entfernten Position der Flotte heraus keine Anfrage an die Archive stellt, um festzustellen, ob es schon zu einer Begegnung mit den Menschen gekommen ist oder nicht bleibt fragwürdig. Das arkonidische Imperium ist in mehrfacher Hinsicht eine Art Wundertüte, das modern und archaisch zu gleich erscheint. Für den letzten Punkt liefert der Autor eine Reihe von Musterbeispielen im vorliegenden Roman. Es ist der Höhepunkt einer Reihe von unverständlichen Entscheidungen. Über den Verlust der TOSOMA, den Ausbruch der Gefangenen bis zu den Fantan, welche die „Erde“ richtig zu ordnen können und quasi die Position des Planeten mit sich herumtragen.

Das man mit den Fantan Handeltreiben muss und das „Besum“ immer eine besondere Bedeutung hat, ist mehrfach in den ersten „Perry Rhodan Neo“ Romanen herausgearbeitet worden. Der dieses Mal geforderte Preis schlägt aber der Glaubwürdigkeit den Boden aus. Ein preisloses Artefakt soll aus den Räumen des Regenten gestohlen werden. Zufällig führt er dieses auf seiner Reise mit sich. Der Leser darf nicht vergessen, der Regent mit seiner unfreiwilligen Begleitung in Form einer Handvoll Menschen ist immer noch auf der Rückreise. Alleine dieser Zufall ist stark konstruiert. Viel schlimmer ist aber die Vorgehensweise. Da wird an Bord der Thronflotte eine verarmte Arkoniden gefunden, die sich nichts sehnlicher wünscht, als zur Kurtisane ausgebildet zu werden. Auch in Bezug auf die Idee, das ein Raumschiff seit mehr als zweihundert Jahren in dem Tross ziellos dahin fliegt und sich dort eine eigene, verarmte Gesellschaft ausgebildet hat, wirkt unglaubwürdig. Immerhin handelt es sich um einen Teil der Thronflotte und zweitens muss ein Mitglied der Besatzung von irgendetwas leben und Treibstoff gibt es auch nicht umsonst. Selbst wenn diese Prämisse der armen erwerbbaren Waisen – das scheint nicht der erste Deal gewesen zu sein, der anscheinend in der Flotte abgewickelt worden ist – noch nachvollziehbar ist, überrascht das attraktive Mädchen: Allgemeinwissen in Ordnung, keine technischen Kenntnisse, als Kurtisane innerhalb weniger Tage für den höchstens Standard brauchbar (!!!).

Zusätzlich soll sie einer Gespielin der Regenten nur ähneln. Triebe machen blind, aber so blind kann selbst der Regent nicht sein. Oder keine Kopie nach wenigen Tagen perfekt. Hinzu kommt, dass die Leser in den letzten Taschenhefte immer wieder darauf gestossen worden sind, wie wichtig Individualsignaturen sind. Perry Rhodan hat am eigenen Leib erfahren, das man diese nur unter Schwierigkeiten fälschen kann. Sollte Theta ähnliches geplant haben, so wird es angesichts der detaillierten Beschreibung des Plans nicht weiter erwähnt.

Alleine diese Idee erscheint absurd, zumal der Regent nicht nach einer weiblichen Begleitung verlangt hat und sie ihm quasi untergeschoben werden muss. Wie gut, das niemand einen Sicherheitscheck macht, mit wem der Regent seine Nächte verbringt und sich bis zum Exzess erschöpft. Angesichts des Arsenals an unauffälligen Mordwaffen, welche die Kurtisane Theta und ihre Geschäftsfreunde immer erfolglos aneinander ausprobieren, unglaubwürdig und extrem konstruiert. Aber diese Handlungsebene geht in ihrer Naivität noch einen Schritt weiter. Ein preisloses Artefakt darf ja nicht aus der Kammer des derartig dümmlich beschriebenen Regenten gestohlen werden, es muss ersetzt werden. Dazu kauft Theta bei einem Antiquitätenhändler (wir sind immer noch an Bord einer Flotte bestehend aus 177 Schiffen auf dem Weg nach Arkon !!!) eine gute Kopie und lässt diese von der Kurtisane in der ersten Liebesnacht austauschen, während der Regent erschöpft schläft. Danach will Theta diese Dame, diesen Geheimnisträger umbringen, wird aber von ihrer eigenen Vergangenheit derartig eingeholt, das sie Mitleid hat und eine offene Flanke lässt. Wie kann das Mädchen in den nächsten Tagen von Bord der Schiffe verschwinden und wieso ist sich Theta sicher, das sie schweigt und das ihr zugesteckte Geld nicht auffällig ausgibt. Immerhin stirbt der Händler kurz nach Abschluss des Deals in einer mysteriösen Explosion in seinem Laden. Auch hier untersucht niemand dieses außergewöhnliche Phänomen. Der Abschluss dieser unglaubwürdigen Transaktion erfolgt nach Capermanier. Zumindest Theta möchte alles behalten und ist sich am Ende nicht einmal sicher, ob die Informationen korrekt sind. Alleine dem Wort eines Fantan zu vertrauen, erscheint höflich gesprochen mutig. In den vorangegangenen Romanen gehörte Theta zu den interessantesten Figuren. Die Gründe, warum die förmlich auf Sergh da Treffon angesetzt worden sind, blieben und bleiben im Dunkel. Das sie ihre Spionagetätigkeit – da Treffon ist angesichts ihrer Fähigkeiten am Computer mehrfach überrascht – Ziel gerichtet einsetzt, wird mehrfach fast überbetont. Das da Treffon den Plan in Gang setzt, dem Regenten eine Kurtisane zu schicken, um das Artefakt zu stehlen, ist nachvollziehbar, aber die Ausführung erfolgt auf einem naiven Pulpniveau, das der Leser nur noch seinen Kopf schütteln kann.  

 

Aber Huiskes hat noch in anderen Punkten extreme Schwierigkeiten. Wie Christian Montillon in seinen Perry Rhodan Romanen kümmert er sich zu wenig um die Details und füllt sich in dieser Zukunftswelt leider nicht heimisch. Persönliche Überwachung ist genauso wenig notwendig wie das Verschwinden von Besatzungsmitgliedern oder Agenten an Bord von abgeschlossenen Raumschiffen auffallen müsste. Ein Manko der alten Perry Rhodan Serie feiert in „Die Hard“ Manier seine Wiederauferstehung. Wie oft konnten die terranischen Kommandos sich an Bord feindlicher Raumer frei und ungestört bewegen, bis schließlich der verblüffte außerirdische Kommandant in seiner Zentrale in terranische Strahler strahlte? Jeder Versuch, über den umständlichen Verschwörungsplot hinaus für Spannung zu sorgen, verpufft angesichts der Oberflächlichkeit, mit welcher insbesondere Huiskes im vorliegenden Roman schludert.

 

Aber auch die zweite Handlungsebene des vorliegenden Taschenheftes ist umständlich und teilweise langweilig. Crest erhält eine zweite Botschaft hinsichtlich Thoras Aufenthaltsort. Der Hinweis auf die Puppen- diese Idee ist schon in einem der letzten Taschenhefte aufgegriffen worden – soll vielleicht von der Tatsache ablenken, das anscheinend doch eine „überirdische“ Macht den unsterblichen Arkoniden als Spielzeug in eine bestimmte Position zu lenken sucht. Anders ist das zufällige Auffinden kryptischer Hinweise nicht mehr zu interpretieren. Unabhängig von der Tatsache, das die Suche keinen einzigen Schritt voran geht. 

Da wären die Maahks an Bord der HESKRHUR, die immer noch der Meinung sind, das der vor zehntausend Jahren zu Ende gegangene Krieg gegen die Arkoniden fort besteht. Jetzt wäre nach er folgreichen Eroberung der Milchstraße eben der Sternhaufen Thantur- Lok an der Reihe. Vielleicht akzeptiert ein Leser die Idee, das ein Aufklärungsschiff verloren gehen kann. Selbst das man noch glaubt, der Krieg wäre zu einer anderen Galaxis gewandert, lässt sich unter viel Winden und Biegen noch erklären. Aber die Idee, das erstens ein Raumschiff zehntausend Jahre kontinuierlich im Einsatz ist, ohne eine Basis anzufliegen, erscheint genauso absurd wie die Tatsache, das die Kommandantin auf eine geheimnisvolle Stimme hört, die ihr plötzlich Anweisungen gibt. Hätte Frank Borsch zumindest das Klischee vom Kälteschlaf a la Buck Rogers aus der Versenkung geholt. Die Maahks sollen den fünfdimensionalen Impulsen von Crests Zellaktivator folgen. Es folgt eine possierliche Verfolgungsjagd mit Crest Zellaktivator als Signal im dunklen All. Als der Arkonide die Wichtigkeit des Geräts seinen unfreiwilligen Gastgebern erläutert, wird ihm der lebenswichtige Aktivator auch wieder zurückgegeben. Viel Diskussion im Grunde um ein weiteres Nichts auf dieser Handlungsebene. Es folgt noch ein Exkurs in die tiefste Vergangenheit, in welcher die Schrecken der Auseinandersetzungen in kurzen Abrissen mehr oder minder drastisch erläutert werden. Anstatt diese Nebenhandlungen zu extrapolieren, konzentriert sich Alexander Huiskes auf eine aus verklausulierten Rätseln – „die Zeitlosen Siegel“, das Artefakt und Thoras weiter in die Tiefen führende Botschaft -, ohne wirklich Spannung aufzubauen.

Als Roman, der in einem nicht unvertrauten archaisch modernen arkonidischen Imperium spielt, lässt Huiskes innerhalb des Konvois viel zu viele Flanken offen. Die Handlung wirkt stark konstruiert und das Verhalten insbesondere der verschiedenen Verschwörer – Theta und da Treffon – zu offensichtlich dem Zufall geschuldet. Während die randwärtigen Sternenfresser noch ein Geheimnis bleiben, deutet mit den schwarzen Schlachtenfressern einiges auf die Haluter hin. Als Sternenfresser könnte man die Tefroder bezeichnen, die mit ihren Sonnentransmittern ja auch ganze Sterne versetzt haben. Mit Crest Flug zu den immerhin 13.000 Lichtjahre entfernten geheimnisvollen Koordinaten geht die Suche nicht nur weiter, sondern erreicht eine eher an den Einfluss von Superintelligenzen erinnernde Dimension, welche der Erstauflage lange Zeit wie ein Klotz am plottechnischen Hals gehangen hat. Zusammengefasst unterhält Huiskes auf den ersten Seiten sehr gut. Das ambivalente Verhältnis zwischen der stetig planenden Theta und ihrem Liebhaber gibt ausreichend Ansatzpunkte für eine differenzierte Auseinandersetzung. Ab der Mitte verliert sich Huiskes zu sehr in unlogischen Scharmützeln und führt die Handlung stark konstruiert und teilweise zu enttäuschend zu Ende. Ein weiterer durchschnittlicher Roman, der sich im Kleinen verliert und die Handlung im Großen nicht voran treibt.             

Taschenheft, Pabel Verlag

160 Seiten

Erscheinen im Oktober 2013

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