PR Neo 56- Suchkommando Rhodan

Hermann Ritter

Mit "Suchkommando Rhodan" wird wieder die irdische Handlungsebene aufgenommen, die mit dem Spoiler des von den Mutanten herbeigewünschten, deutlich gealterten Rhodan vor einigen Taschenheften endete. Da sowohl Andre Noir als auch anscheinend Ernst Ellert bewiesen haben, dass die "Neo" Serie aus meiner als einer Dimension besteht, nutzt die Untersuchung von Maoli und Fulkar wenig. Der alte Rhodan ist weiterhin kein Unsterblicher, aber mit seinen achtzig bis neunzig Jahren noch in einem soliden körperlichen Zustand. Geklonte Nieren, Hauttransplantationen und schließlich auch Knochenbrüche. Passend befindet er sich in einem Koma

Reginald Bull macht sich auf die nach einem anderen Perry Rhodan. Die Argumentation der Exposeautoren ist nicht ganz schlüssig, denn es gibt keine Hinweise, dass der ganze alte Rhodan geklont worden ist. Immerhin ist Rhodan vor den Augen seiner Freunde in die Tiefe des Alls aufgebrochen, wo ihm viel passiert sein kann.

Da das Raumschiff der NAATS quasi auf der Fahndungsliste stehen - aber nicht mit GPS ausgerüstet worden sind -, beschließt Bull, sich ein anderes Schiff zu organisieren. Diese Taktik ist aus der alten Serie bekannt. Nur haben in diesem Fall die Terraner immer ihre Raumschiffe von Feinden der Menschheit gestohlen. Mit einem Piratentrick - das vorhandene Raumschiff wird getarnt, so dass es angeblich bei einer Raumschlacht beschädigt worden ist - locken sie einen schweren Kreuzer des arkonidischen Imperiums an.

Hermann Ritter schafft es dann, ein wahres Feuerwerk an unglaubwürdigen Konstruktionen abzubrennen. Wie passend, das an Bord des Kreuzers Naats sind, die sogleich von ihren Rassekollegen zu ehrenhaften Kapitulation überredet werden. Unabhängig davon, wie stümpferhaft der Kreuzer auf die gestellte Falle angesichts der Maahk Hysterie im bekannten Universum hereinfällt. Den ersten Offizier, der sich ständig über seine Kommandantin beschwert, soll auf einem fremden Planeten abgesetzt und die Kommandantin mittels des Bordgeistlichen Caine Gehirn gewaschen werden.

Noch herrlicher ist, wie Bull auf eine weitere Spur Rhodans kommt. Bei einer Stippvisite mit dem gestohlenen Raumschiff an Bord der Mehander- Basis findet Bull auf einer Tischplatte eines Imbisses eine eingeritzte Darstellung eines heiligen St. Georg. Die Kellnerin erkennt an Bullys Duft, dass er eine mit Rhodan verwandte Lebensform (!!!) ist und händigt ihm ein Kreuzworträtsel (!!!) aus, das Bull umgehend löst. Es folgt der erste Hinweis auf das nächste Ziel, der sich in einer angezapften Positronik versteckt, bevor ein Trebolaner heimlich ihnen auf dem Planeten Trebola eine Genprobe entnimmt, die Bull natürlich als Artgenossen Rhodans identifiziert. Mittels eines gefälschten Marschbefehls kann sich Bully Raumkreuzer der Flotte des Fürsorgers anschließen und so das nächste Ziel erreichen. Allerdings müssen sie in der bevorstehenden militärischen Auseinandersetzung beweisen, dass sie auf der Seite des Fürsorgers stehen.

Dieser hat versucht, das Geheimnis der Tarnseide sowie die Hintergründe des Raumschiffwracks der Goldenen auf Trebola zu bergen. Dazwischen begegnet er Mehander Talamon und Volater Elnatiner, die wiederum auf der Suche nach Belinkhar sind.  

 

Wie schon angedeutet hat der Leser nach der Lektüre dieses Romans wieder das Gefühl, als arbeiten Borsch und vor allem Ritter mit "Deus ex Machina" Lösung. Vor allem für Hermann Ritter kann es einem leid tun. Als Fan und Kritiker hat er sich über Jahre einen guten Ruf erarbeitet, den er mit Darbietungen wie seine letzten "Neo" Arbeiten gänzlich aus dem Fenster wirft. Wie gut, dass Bully oder besser gesagt Bull an Bord des zu kapernden Arkonidenkreuzers wieder auf Naat trifft. Es erscheint unwahrscheinlich, dass dieses Volk egal wie groß die Bevölkerung ist an allen Brennpunkten nicht nur die Schiffe bemannt, sondern im Notfall auch am Boden kämpft. Auch angesichts einer Entwicklung von mehr als zehntausend Jahren werden die Arkoniden wie die Römer gelernt haben, dass eine Konzentration eines Volkes an Bord einzelner Schiffe nicht immer glücklich ist. Es erscheint unwahrscheinlich, dass es über diese lange Periode niemals wirklich Aufstände gegeben hat, aus denen die Herrscher Lehren ziehen konnten. Das auch diese Naats sofort und vor allem nach der Flucht einiger Artgenossen mit einem wichtigen Prototyp des Imperiums ihre Waffen fallen lassen, meutern und zu den Menschen überwechseln, scheint Wunschdenken der Autoren zu sein und weniger jeglicher Realität zu entsprechen.  Auch die Gehirnwäsche der Arkonidin erscheint derartig oberflächlich beschrieben, das sie nicht in dieser Form mehr hinzu nehmen ist. Ein großes Problem der "Neo" Serie ist die kontinuierliche Einführung von funktionalen Charakteren, über die der Leser nichts erfährt und auch wenig erfahren möchte. Die aber für die abenteuerlichen Expeditionen der Menschen notwendig sind. Das eine zweite Revolution der Naat angestachelt von den Menschen in einem bestimmbaren Sektor der Galaxis alle Alarmsystem angesichts der potentiellen Bedrohung durch die gefürchteten Maahks auslösen könnte, sei hier nur am Rande erwähnt. Es ist ein reines taktisch unkluges Glücksspiel, das die Menschen vor allem in Form von Bull hier betreiben.

 

Einen Arkonidenkreuzer kann ein einfacher Hacker ausschalten. Und vor allem nachdem die Menschen den umständlichen Weg gewählt haben, einen Kreuzer mit einer Piratenaktion zu kapern? Warum hat man sich nicht mit einem kleinen Kommando an Bord der Mehandor Basis begeben und dort ein geeignetes Schiff gehackt? Interessant ist, dass die Arkoniden wie bei der Meuterei der Naats keine Abwehrmittel gegen Angriffsszenarien haben, die ihnen seit Jahrtausenden vertraut sein müssen. Wie das Auffinden von Raumschiffen an geeigneten Stellen - selbst ein Schiff der Goldenen wird gefunden und vor allem schnell einmal umplatziert, bevor die potentiellen Feinde es entern können !!! - sind das Hacken oder das wirklich dummdreiste Infiltrieren  die einzigen Methoden, mit denen die Terraner in der Zukunft ohne ein richtiges Ziel voran kommen wollen. Spätestens mit dem Verlust eines weiteren Kreuzers sollte auch der geprügelte arkonidische General ein Ziel vor Augen haben und die entsprechenden Datenbanken einmal auf Hinweise überprüfen. Was Rhodan verhindern wollte, hat Bull ohne Probleme erreicht: die Position der Erde ist in einem überschaubaren Sektor von vielleicht 500 Lichtjahren extrem gefährdet worden.

Die religiösen Aspekte wie der Heiler/ Bordgeistliche/ Faktotum Caine oder der aus der Luft gegriffene Hinweis auf St. Georg – bei Rhodan konnte man noch keine religiösen Tendenzen feststellen und er ist zusätzlich Amerikaner, welche die Georg Figur eher als Drachentöter im Hintergrund sehen -  müssen nicht unbedingt negativ sein, sie wirken aber in diesem Roman in ihrer doppelten Präsenz zu übertrieben. Die Schnitzeljagd an sich ist solide angelegt, aber Rhodan muss schon Zweckoptimist gewesen sein, um sich erstens Hoffnung zu machen, jemals gefunden zu werden und zweitens fehlt diesem Roman eine innere Dynamik. Bull als Pirat ist gewöhnungsbedürftig und soll die Menschen in einer Situation zeigen, in der alle Gesetze zu Gunsten der unterdrückten Völker über Bord geworfen werden dürfen. Diese Argumentation erscheint deutlich zu eindimensional, zumal niemand ein wirklich schlechtes Gewissen hat und mit den Naats Wackelkandidaten zur Verfügung stehen. Bei jedem anderen Volk wäre Bulls Expedition hier zu Ende gegangen. Unabhängig von den Folgen für die Erde.

Hermann Ritters Erzählstil ist solide, aber zu wenig inspiriert. Die angesprochenen Zufälligkeiten angesichts der Ignoranz wichtiger Punkte wie der Mutanten- / Genesiskrise aus dem letzten auf der Erde spielenden Taschenheft hemmen aber das Lesevergnügen, häufen weitere „Ungereimtheiten“ auf den phlegmatischen „Arkon“ Zyklus und zeigen nachdrücklich, wie einfallslos und kompliziert Borsch und seine Mannen momentan denken.  

 

Taschenheft, 160 Seiten, Pabel

Erschienen November 2013

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