Das Dunkel der Sterne

Peter F. Hamilton

„Das Dunkel der Sterne“ ist der zweite und abschließende Band der Chronik der Faller.  Es ist wichtig, den ersten umfangreichen Teil „Der Abgrund jenseits der Träume“ vorher gelesen zu haben. Auch wenn es immer wieder Bezüge zu den Ereignissen im ersten Buch gibt, sieht Autor Peter F. Hamilton seine Werke im Grunde weniger als Duologien oder Trilogien, sondern als einen geradlinigen durchgehenden Handlungsstrang, in dessen Verlauf sich der Autor unabhängig von der Aufspaltung seines Werkes bewegen kann. Hinzu kommt, dass sich Peter F. Hamilton in seinem Commonwealth Universum bewegt und es im Grunde auch mit dem vorliegenden Buch abschließen möchte.  Dabei spielt es keine Rolle, dass zwischen den beiden Büchern zweihundert Jahre vergangen sind. Zeit ist für Peter F. Hamilton eher eine Illusion, um wie Stephen Baxter großartige und sehr umfangreiche Szenarien quasi aufzuteilen und die Folgen der einzelnen Aktionen bzw. Reaktionen auf die Individuen heruntergebrochen aufzuzeigen.  Die zweihundert Jahre braucht der Autor im Grunde, um die einzelnen Gruppen für einen fatalistischen wie sinnlosen Kampf in Position zu bringen. Anstatt zusammenzuarbeiten erschweren sie sich das Leben auf einem Planeten, dessen Lebensgrundlage buchstäblich auf den Kopf gestellt worden ist.  

„Der Abgrund jenseits der Träume“ endete mit einem Versuch, das Void zu zerstören. Nigel Sheldon ist in dieser Hinsicht fast ein fehlgeleiteter Charakter, denn Peter F. Hamilton hat dessen Motive ausgesprochen überzeugend herausgearbeitet. Bienvenido ist aber trotzdem in die intergalaktische Tiefe geschleudert worden.

Die Bewohner des  Planeten müssen sich an die neue Situation gewöhnen. In einem grandiosen, sehr weitreichenden Szenario zeigt Peter F. Hamilton positiv auf, wie die doch beeindruckende Technik den Menschen bei der unwirtlichen Situation helfen kann.  Auf den ersten Blick scheint der Brite eine klassische Pulpidee -  die britische Fernsehserie „Space 1999“ lässt keinen Vergleich zu, da die Menschen dort schon unter unwirtlichen Bedingungen auf dem Mond gearbeitet/ gelebt haben – in die Gegenwart zu transportieren und umfangreich extrapolieren.

Ein roter Faden ist der  Konflikt mit den Faller. Auf der einen Seite haben sie während des Versuch, das Void zu zerstören, auch Federn gelassen und eine ihrer wichtigsten Basen ist zerstört worden. Auf der anderen Seite haben sie aber nun die Möglichkeit, überall auf der Oberfläche der Welt anzugreifen. 

Die Faller sind  ja Chamäleons.  Sie können jede Form annehmen. Keine unbedingt neue Idee im Genre, aber Peter F. Hamilton bemüht sich, die entsprechende Bedrohung zu konkretisieren und diese mystischen Wesen durchaus als bekämpfbare Gegner darzustellen und weniger sich im Bereich der Legenden zu bewegen. Dazu gehört  aber auch, das die Verteidigungsstrategien der Menschen ein überzeugendes Gegengewicht zu den physisch bevorteilten  Faller bilden müssen.  Die Faller wollen die Vernichtung aller Menschen.  Auch keine neue Idee, aber Peter F. Hamilton ist ein routinierter Autor, der daraus eine Reihe von interessanten brutalen Actionszenen zimmert. Auf der anderen Seite muss kritisch angemerkt werden, dass Peter F. Hamilton auch gerne zu Wiederholungen innerhalb des eigenen Werkes greift. So kommt schließlich nicht nur in diesem Buch die obligatorische und notwendige Hilfe aus einer natürlich gänzlich unerwarteten Ecke und gleicht die „Übermacht“ der Faller ein wenig aus. Bis dahin ist es zwar ein langer Weg, aber wie einige anderen Bestsellerautoren leidet der Brite stellenweise unter dem Erbauersyndrom. Die Wege zu seinen jeweiligen Finalszenen sind interessanter als die eigentlichen Abschlüsse. 

Der Autor macht zumindest nicht den Fehler,  die einzelnen mehr als diese Duologie umfassenden Thematiken zu hektisch abzuschließen.  Peter F. Hamilton ist sich der Verantwortung  gegenüber seinem „Commonwealth“ Universum bewusst und bietet über die Hilfe in letzter Sekunde einen solide geschriebenen vorläufigen Abschluss an, der viele in den einzelnen Büchern aufgeworfene Fragen zufriedenstellend beantwortet, sich aber auch noch Raum lässt, um weitere Geschichten vor dem markanten Hintergrund zu erzählen.

Der Konflikt mit den Faller ist aber nur ein Aspekt dieses umfangreichen Romans. Die meisten Zivilisationen in seinen Romanen haben die gigantische Technik des Commonwealth vor allem geerbt und adaptiert.  In dieser Duologie konzentriert er sich auf ein Volk, das diese Technik oder bessere Techniken erschaffen  hat.  Die politischen Veränderungen und die Strafversetzung der herrschenden, technisch aufgemotzten Klasse quasi in den Untergrund sind ein wichtiges Thema dieses Buches.

Die neue politische Führung versucht die weitere Entwicklung von Technik selbst angesichts der Herausforderungen nach dem Verlassen des Voids zu kontrollieren oder im Notfall zu unterdrücken. Es ist die klassische Angst der Herrschenden vor Veränderungen, welche die eigenen Positionen unterminieren könnten.  Auch wenn Peter F. Hamilton auf einen charismatischen wie verbohrten Antagonisten -  im Gegensatz zu den feindlichen Fallern – verzichtet und so die politische Führung ein wenig zu schematisch erscheinen lässt, ist die intellektuelle Stoßrichtung des Autoren auf dieser Ebene klar zu erkennen und die wirren Argumente der Regierung wirken zeitlos.

Peter F. Hamilton greift bei seiner Geschichte  weiterhin auf zwei Handvoll von eckigen/ kantigen Figuren zurück.- Dabei bemüht sich der Autor weiterhin, dass jeder der Protagonisten seinen Teil der Geschichte auch  vor allem aus der eigenen, subjektiven Perspektive erzählen kann. An einigen  relevanten Stellen verbinden sich die unterschiedlichen Informationen schließlich zu etwas Komplexeren,  in anderen  Abschnitten des Buches stehen sie sich absichtlich konträr gegenüber. Das abschließende Urteil über Wahrheit oder Lüge bleibt beim Leser.

 Nicht selten wirken einzelne Abschnitte religiös mystisch verbrämt. So wird dem Förster Florian ein Baby mittels einer Rettungsboje inklusiv der entsprechenden Anweisungen durch eine künstliche Intelligenz „vor die Haustür“ gelegt. Wie in einer Fantasygeschichte soll er auf das schutzlose Wesen aufpassen. Aber auch diesen Handlungsabschnitt baut der Autor schließlich zufriedenstellend in den Handlungsverlauf ein und verzichtet positiv darauf, zu sehr die Klischeekiste weiter zu bemühen.

Einzelne Abschnitte hätten wahrscheinlich rückblickend auch ein wenig gekürzt werden können. Insbesondere gegen Ende der langen Geschichte – weit über die Duologie hinausblickend – scheint Peter F. Hamilton vom Abschiedsschmerz ergriffen worden zu sein. Anstatt den Plot weiterhin geradlinig und vor allem mit einem hohen Tempo weiter zu entwickeln, verfängt er sich in plötzlich einzelnen, nicht immer notwendigen Szenen und weicht der finalen Auseinandersetzung fast zu lange aus.

„Das Dunkel der Sterne“ ist trotz der einzelnen Schwächen ein guter Abschluss nicht nur der Duologie, sondern vorläufig auch der „Commonwealth“ Saga. Peter F. Hamilton behandelt sein Universum mit dem notwendigen Respekt und greift sogar auf einzelne Personen aus früheren Bänden zurück. Stammleser werden sich über diese Wiedersehen freuen, Neueinsteiger können trotzdem dem Plot ohne Probleme folgen.

Es handelt sich um ein inzwischen typisches Peter F. Hamilton Epos.  Laut, mit vielen Figuren, grandiose einzelne Szenen, manchmal einige aus dem Genre bekannte Versatzstücke und als Ganzes betrachtet mit exotischen Hintergründen und vielen kleinen Ideen, um die angesprochenen Schwächen zumindest ein wenig zu übertünchen.  

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  • Broschiert: 928 Seiten
  • Verlag: Piper (1. September 2017)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3492703925
  • ISBN-13: 978-3492703925
  • Originaltitel: A Night Without Stars