Sternenfieber

Kurt Kobler (Hrsg)

Anlässlich des fünfzigsten Jahrestag der Mondlandung präsentiert der Terranische Club Eden eine besondere Anthologie. „Sternfieber“ beschreibt unabhängig von Andreas Eschbach inzwischen veröffentlichten Texts Perry Rhodans Weg bis im Grunde zur seiner Landung auf dem Mond. Der Rest ist ja Geschichte.

 Kurt Kobler geht in seinem Vorwort auf die Entstehung dieser Sammlung aus Kurzgeschichten, sekundärliterarischen Informationen und einem semirealistischen „Interview“ ein. Begleitet wird Kurz Kobler von Felix Banzhaf und Dr. Björn Voss, welche eine Wanderausstellung anlässlich des Mondlandejubiläums organisiert haben und diese bis dem Perry Rhodan Universum kombinierte.

 Die folgenden fünf Kurzgeschichten sind bis auf die beiden letzten Texte in chronologischer Lebensreihenfolge geordnet worden. Dieter Bohn beginnt in „Fehleinschätzung“ klassisch. Ein Lehrer spricht mit Rhodans Eltern über dessen überbordende Phantasie. Der Vater ist eher für eine strengere Erziehung, die Mutter weiß, dass aus Träumern besondere Menschen werden. Die Kürze des Textes verbietet inhaltliche Überraschungen, auch die Kritik am eingefahrenen Schulsystem egal auf welchem Kontinent kommt eher klischeehaft rüber.

 Norbert Mertens „Mondsüchtig“ steht inhaltlich in einem zu scharfen Kontrast zu Angelika Rützels Novelle. Hier hätten die Herausgeber Angelika Rützel bitten müssen, zumindest einen Hinweis auf Reginald Bull einzubauen, denn Norbert Mertens beschreibt, wie die beiden rückblickend am 3000. Geburtstag Rhodans zu ewigen Freunden geworden und gemeinsam den Traum des Fluges zu den Sternen verfolgt haben.

 Angelika Rützel geht in der längsten Geschichte der Sammlung „Der Mann von den Sternen“ auf Perry Rhodans nicht nur äußerlichen Weg bei US Air Force ein, sie versucht herauszuarbeiten, wie aus dem eher schüchternen jungen Mann der Sofortumschalter und später potentielle Großadministrator geworden ist. Dabei bezieht sie sich auf Implikationen Willy Voltz und Kurt Mahrs, die erste Begegnungen zwischen ES und Perry Rhodan in dessen Jugendzeit lange vor der Landung auf Wanderer beschreiben. Die Novelle ist in im Grunde zwei größere Abschnitte und einen unbefriedigenden Epilog eingeteilt. Im ersten Abschnitt wird Perry Rhodan von einer Pilotin auf einem Testflug ordentlich durchgeschüttelt, bis sie nicht nur einem russischen Flugzeug, sondern auch einem geheimnisvollen Wesen begegnen. Im zweiten Abschnitt muss Perry Rhodan über Deutschland versuchen, ein überschnallschnelles Testflugzeug vor dem Absturz bewahren und sich möglichst selbst retten.

In beiden Kapiteln wird Perry Rhodan mit Herausforderungen konfrontiert, wobei sich seine pazifistische Einstellung vor allem im ersten Abschnitt zeigt. Erstaunlich ist rückblickend, warum Rhodan dann doch später in den Scheer Romanen auf Wanderer so von ES überrascht worden ist, dem er ja schon Voltz, Mahr und jetzt Rützel folgend früher begegnet ist.

Auch wenn die einzelnen Situationen spannend beschrieben worden sind, weiß der Leser deren Ausgang schon. Perry Rhodan wird ja zum Mond fliegen.

Frustrierend bis enttäuschend ist, dass der interessanteste Abschnitt – Perry Rhodan während der Studentenunruhen in Frankreich Ende der sechziger Jahre – im Grunde offen endet. Hier wäre ein tatsächlicher Ansatz, um zu zeigen, dass der schüchterne Junge nicht nur ein überragender Pilot ist, der von dem Flug ins All träumt, sondern sich aufgrund verschiedenen irdischer Erlebnisse zu einem Mann entwickelt hat. Schade das die Autorin wirklich so viel originelles, wie auch zeitkritisches Potential verschenkt. Themen wie eben die Studentenunruhen, den Vietnamkrieg oder andere historische Ereignisse hätte es genug gegeben.

 Martin Marheinecke beschreibt die Umrundung des Mondes an Bord der DIANA durch Rhodan und Bully. „Lunar Orbit“ weißt auch auf den ersten echten Perry Rhodan Roman hin. Die Geschichte ist kurzweilig geschrieben. Wie später in der Serie ist wissende Improvisation vor allem auch des Sofortumschalters Perry Rhodan wichtig, um die Mission zu retten.

 In „Unternehmen Starlight“ nimmt Stefan Holzhauer noch einmal den Staffelstab auf und beschreibt einen besonderen Textflug. Wie in Angelika Rützels Geschichte und Martin Marheineckes lunarer Erweiterung werden die Astronauten um Perry Rhodan mit besonderen technischen lebensgefährlichen Problemen konfrontiert. Objektiv müsste gesagt werden, dass Perry Rhodan schon vor dem Start zum Mond jegliches Glück überstrapaziert hat und nach der Wahrscheinlichkeitstheorie irgendwann fällig ist. Allerdings greifen sowohl bei Angelika Rützel als auch Stefan Holzhauer noch andere Mächte ein, während sich Martin Marheinecke nur einen kleinen Hinweis aus das Kommende einbaut.

 Isoliert sind die Geschichte ohne Frage gut recherchiert und auch spannend. Ein großes Problem ist der Kontext, denn wie in der Erstauflage kann Perry Rhodan mit seinen Mannen vor die größten Herausforderungen gestellt werden, er muss überleben und aus den gefährlichen Situationen entkommen. Zumindest weisen einige Autoren darauf hin, dass seine Bestimmung in kosmopolitischer Hinsicht nicht mit der ersten Begegnung auf dem Mond begann. Damit schlagen sie wie erwähnt den Bogen zu Voltz Bahnbrechenden Roman „Der Terraner“ und ignorieren K.H. Scheers technokratischen Unterbau.   

 Der sekundärliterarische Teil besteht im Grunde aus einem semifiktiven Abschnitt sowie Ergänzungen zur Serie. Die Paradise City Post mit ihrem Reporter Martin Marheinecke interviewt Professor Lehmann anlässlich des 25. Jubiläums von Perry Rhodan Raumflug. Die Antworten sind eine Mischung aus Fakten – von Braun, das Saturnprogramm, die Verwicklung der deutschen Ingenieure in die Schrecken der Naziherrschaft – und Fiktion – die Stardust, Perry Rhodans Flug zum Mond. Die Informationen sind gut miteinander vermischt und ergeben ein faszinierendes wie dreidimensionales Bild einer möglichen Parallelwelt. Der gleiche Autor fügt mit einem weiteren Artikel „Unternehmen STARDUST – Perry Rhodans erstes Raumschiff im Vergleich“ noch einen technischen Aspekt hinzu, in dem er die Konstruktion der STARDUST mit den Entwicklungen der NASA und ihren Raketen vergleicht.

 Auf der persönlichen Ebene mit „Die ersten 35 Jahre im Leben des Perry Rhodan“ ergänzt Ekkehard Brux diesen Vergleich zwischen Realität und Fiktion. Er zieht möglichst viele der rudimentären persönlichen Daten aus den einzelnen Romanen und baut darum herum eine Lebensgeschichte bis zum Star der STARDUST auf. Teilweise überschneiden sich auf der technischen Ebene die einzelnen Artikeln, aber sie ergeben ein Facettenreiches und selbst für Stammleser interessantes Gesamtbild, das den literarischen phantasievollen Kontext dieser Anthologie auf Augenhöhe positiv begleitet.  

 Rainer Castors Artikel „Wann landete die STARDUST“ schließt die Ausgabe wunderbar ab. In seiner akribischen Art versucht Rainer Castor eine weitere Auslassung der Serie zu füllen und kommt zu einem erstaunlichen Ergebnis. Diese kleinen Artikel zeigen, wie wichtig der zu früh verstorbene menschliche Datencomputer für die Serie gewesen ist und immer noch ist. 

 Zusammengefasst ist „Sternfieber“ auch angesichts des originellen Grundthemas und der Zusammenstellung von Beiträgen verschiedener Herkünfte eine lesenswerte Anthologie und eine spekulative Erweiterung der Perry Rhodan Historie, die einen anderen Weg geht als Andreas Eschbach. Nicht alle Beiträge sind Originalabdrucke. Die Nachdrucke teilweise aus sehr unterschiedlichen Quellen sind aber für die Neuausgabe sorgfältig überarbeitet worden. Allerdings hätte um eine bessere Abstimmung zwischen den einzelnen Beiträgen zu erreichen wie erwähnt Angelika Rützel auf den Inhalt von Norbert Mertens „Mondsüchtig“ hingewiesen werden müssen. Mit kleinen Änderungen wäre es ein leichtes gewesen, ihre Novelle besser in den gesamten aus Episoden bestehenden Handlungsbogen einzubauen.

Das ist aber nur eine kleine Kritik an einem weiteren empfehlenswerten und auch sorgfältig mit technischen Zeichnungen und Fotos illustrierten Fanprojekts aus dem Hause TCE.

Cover STERNENFIEBER - (c) Thomas Röhrs

Paperback, 220 Seiten

www.terranischer-club-eden.com

direkt beim Club bestellbar

Kategorie: