Zwischenspiel auf Ath

E.C. Tubb

Nach dem quasi Doppelband nimmt der Weltraumtramp Earl Dumarest im achtzehnten Abenteuer „Zwischenspiel auf Ath“ wieder die Suche nach der Erde auf. Im Gegensatz zu den letzten Bänden ist es der Zufall, der ihm möglicherweise auf die heißeste Spur hinsichtlich der Position der Erde bringt. Auf einem Hinterwäldnerplaneten trifft Dumarest auf die ehemalige Tänzerin und jetzige Kunsthändlerin Sardia del Naeem. Sie ist auf der Spur eines jungen unbekannten wie exzentrischen Künstlers, auf dessen Bild Earl Dumarest den irdischen Mond erkennt.

Gemeinsam fliegen sie mit dem einzigen die Planeten verbindenden Frachtschiff nach Ath. E.C. Tubb hat immer wieder vor dem futuristischen Hintergrund archaische Zivilisationen beschrieben, in denen nur die Mutigen und Rücksichtslosen überleben. Ath ist anders, auch wenn der Autor abschließend eine Reihe von Klischee bedient. Die Erstauflage als Terra Astra Band 409 verrät schon auf dem Titelbild im Untertitel einen wichtigen Aspekt des Plots.

Eine weitere wichtige Pointe wird im Kasten mit den handelnden Personen viel zu früh verraten. Während Earl Dumarest verzweifelt nach der Identität des Verräters wie auch des Rebellenführer sucht, wird dem aufmerksamen Leser die Erklärung schon auf der zweiten Heftromanseite buchstäblich und laienhaft unter die Nase gerieben.  

 Auf Ath suchen sich die in verschwenderischer Dekadenz lebenden Bewohner die Besucher aus. Sie ersteigern sie. Dabei geht es auch um Prostitution, wie Earl Dumarest erkennen muss. Er wird von Ursula ersteigert, die eine Freundschaft zum Künstler unterhält.

 In vielen Romanen steht und stand Earl Dumarest zwischen zwei Frauen. E.C. Tubb geht noch einen Schritt weiter. Während die attraktive, gereifte Sardia an der Kunst und dem guten Geschäft interessiert ist, aber Earl Dumarest quasi als eine Art opportunistischen Leibwächter mit vollem körperlichen Einsatz ansieht, verzerrt sich Ursula nach dem stattlichen schweigsamen Mann, dessen einziges Interesse die Information über den irdischen Mond ist. Dieses Katz- und Mausspiel endet mit einem Tanzduell zwischen den beiden Frauen, in dessen Verlauf die ausgebildete Sardia ihrer Konkurrentin keine Chance lässt.

 Ab diesem Moment dreht sich der Plot. Earl Dumarest hat in der plottechnischen Theorie keinen echt ruhigen Moment, um Ursula oder über sie den verschlossenen, von Sardia mit Beschlag belegten Künstler nach Informationen über die Erde auszufragen. In Wirklich hat Earl Dumarest naiv und seltsam unentschlossen zwei Handvoll von Möglichkeiten verstreichen lassen. Er fokussiert sich auf die Idee, das Ursula der einzige Schlüssel zu diesen Informationen ist, ohne darüber nachzudenken, dass sie nur ein Weg zum erwünschten Ziel sein könnte.

 Ab der Mitte des Buches führt E.C. Tubb sozialistische Elemente ein. So beginnen die Einheimischen wie Sklaven gehaltenen zu rebellieren und werden dabei von einer ungewohnten Seite unterstützt. Dumarest macht der dominierenden Klasse vergeblich klar, dass Hochmut buchstäblich vor dem Fall kommt. Es grenzt schon an Arroganz Einzelner, die Verletzlichkeit der eigenen Gesellschaft nicht sehen zu wollen.

 Auf den letzten Seite überschlagen sich fatal, aber auch für Dumarest niederschlagend die Ereignisse. Das ganze Buch wirkt vor allem in der stark gekürzten Terra Astra Version – sie ist am einfachsten zu erhalten – unbalanciert. Der Auftakt mit dem Zufallsblick auf das Bild ist gelungen. Während Earl Dumarest bis auf zwei Abenteuer immer nur vage oder gar keine Hinweise erhalten hat, dreht sich an dieser Stelle der Plot. Natürlich nur für die Länge des Abenteuers.

 Die Revolution wirkt inklusiv des mysteriösen Rebellenführers stark konstruiert. Die Pläne sind effektiv und zerstörerisch, aber die Grundideen scheinen selbst in Tubbs umfangreichen Werk nicht originell genug, um den Plot bis zum Ende zu unterstützen. Die Absicht der im Hintergrund agierenden Kräfte wird nicht deutlich genug herausgearbeitet und die vordergründig dominierende wie allerdings auch dekadent vergnügungssüchtige Gesellschaft scheint eher eine Fassade zu sein. Der Blick hinter die Kulissen kommt zu schnell und zu hektisch.

 Mit Sardia und Ursula hat E.C. Tubb allerdings zwei Frauen mit Persönlichkeit erschaffen. Natürlich liegen sie alle dem schweigsamen und dominanten Weltraumtramp nicht nur zu Füßen, sie gehen genauso willig mit ihm ins Bett wie er die Frauen befriedigt. Selbst ältere Frauen sind attraktiv, reif und wunderhübsch. Während die jungen Mädchen in anderen Dumarest Romanen meistens schmachtend auf die erste Nacht mit dem Tramp warten müssen, geht Earl Dumarest bei „älteren“ Damen schneller vor. Ohne in die Details zu gehen und unter Verzicht jeglicher sexueller Spannung dienen diese Dumarest eher als Mittel zum Zweck. Im Grunde ist er eine Art intergalaktischer Callboy, der aber kein Geld haben möchte, sondern wie ein Drogenjunkie nach selbst rudimentären Informationen über die Erde sucht.

 Beide Frauen sind bedingt eigenständig, wobei insbesondere die geschäftstüchtige Sardia mit ihrer fast verzweifelt erscheinenden Suche nach einer nicht nur neuen Beschäftigung, sondern im Grunde Anerkennung und Reichtum zu den markantesten Protagonistinnen der ganzen Serie gehört.

 Ath als Welt bleibt im Schatten des Labyrinths zurück, durch das sich Earl Dumarest zu Beginn schlagen muss und in dessen engen Gängen er ja Sardia zuerst kennenlernt, als er sie – wieder ein klassisches, fast klischeehaftes Szenario in der Serie – aus den Klauen von Verbrechern befreien muss.

 Dabei ist die Welt mit ihrer dekadenten Oberschicht, der seltsamen Farbkombination und schließlich auch dem Geheimnis, das die Rebellen mit einem uralten Trick erreichen , ausbaufähig. An einigen Stellen des Buches hat der Leser das Gefühl, als wollte sich Tubb nicht zu sehr von bekannten Handlungsmustern entfernen, während er das wie angesprochen klassische, aufgrund des Vorlaufs auch sehr überraschende Finale zu schnell hinter sich bringen möchte. Damit nimmt der Autor dem Plot einen wichtigen Teil seiner Faszination. 

 Aus der Serie werden dagegen zum Beispiel die Arenenkämpfe wieder aufgegriffen. Während die deutsche Heftromanausgabe diese nebensächlich und stark gekürzt abhandelt, sind die in der amerikanischen Originalausgabe nicht nur deutlich länger, sondern wirken wie eine Kopie mehrfach verwandter Szenen.

 Tubb geht mit dem Schmuggel an Bord eines Raumschiffs aber auch einen Schritt weiter. Er zeigt, dass die verschiedenen Drogen beginnend von der in der Raumfahrt oder der Heilung eingesetzten Fasttime bis schließlich zur Slowtime selbst gestählte Kerle wie Dumarest angreifen können. Hier hat der Tramp mit seinem fast naiv zu nennenden Plan noch Glück, dass die Frachtraumschiffkapitäne vor allem geldgierig sind.

 „Zwischenspiel auf Ath“ bringt Earl Dumarest für einen Moment in seiner Suche nach der Erde voran. Diese Episode streut Tubb immer wieder in regelmäßigen, aber durch mehrere Abenteuer getrennten Abschnitten in den Plot ein, um nicht gänzlich auf stereotype Handlungsschemata zu vertrauen. Es sind aber vor allem die Frauenfiguren sowie die Beschreibungen der extremen Kunst, die länger im Gedächtnis bleiben und den Roman zu mehr als einem Zwischenspiel machen. 

Zwischenspiel auf Ath

Terra Astra  409

Pabel, Heftroman