Rettungskruezer Ikarus 79: Der Boomium- Plan

Holger M. Pohl

„Der Boomium- Plan“ ist der dritte Band der von Holger M. Pohl verfassten Tetralogie. Dabei muss der Autor die Balance zwischen eigenstehender Handlung und der Vorbereitung des Showdowns einhalten. Das gelingt ihm nur bedingt.  Es ist zwingend inzwischen notwendig, sowohl „Dreißig Minuten“ als auch „Die Seelenlosen“ im Vorwege gelesen zu haben. Holger M. Pohl verzichtet inzwischen darauf, Neu- oder besser Quereinsteiger auf die Höhe des Geschehens zu bringen.

Wieder in der Roman auf verschiedene Handlungsebenen aufgespalten. Dorian Darkwood und Trooid sind weiterhin Gefangene der Fremden. In Trooid steckt zusätzlich eine unbekannte Wesenheit, deren Position in diesem Konflikt noch nicht auszumachen ist. Der Verpflanzen von K.I. oder anderen Wesenheiten in Androiden wird im „Rettungskreuzer Ikarus“ momentan zu einer Art Programm. Sylke Brandt hat das in ihrem rudimentär verbundenen Zweiteiler gleich doppelt gemacht, auch Holger M. Pohl greift diese Idee allerdings positiv gesprochen auf eine andere Art und Weise auf. Aber das die Idee fast zur gleichen Zeit von zwei an der Serie schreibenden Autoren verwandt worden ist, erscheint unglücklich. Vor allem weil Sylke Brandt mit dem Sexroboter und einer expressiven K.I. Persönlichkeit sehr viel mehr Lacher bei den Lesern herauskitzeln konnte als der jetzt fast stoisch abweisend agierende Trooid. Diese von seinem Mitbewohner verursachte wahrscheinlich zeitlich befristete Persönlichkeitsveränderung macht es für Darkwood deutlich schwieriger, aber hilft dem jetzt sehr eindimensionalen Charakter auch nicht. Vor allem, weil Holger M. Pohl diese Besonderheit immer wieder betont.

Die Besatzung des Rettungskreuzer ist der gleichen Krankheit verfallen, unter welcher auch schon die Planetenbewohner litten. Nur Sonja DiMersi und Thorpa sind noch nicht erkrankt.

Am Ende des Romans befinden sich sowohl Darkwood/ Trooid – allerdings mit einer bedingten Unterstützung der fremden Intelligenz- als auch die Crew des Rettungskreuzer Ikarus – egal, ob gesund oder krank – in einer im Grunde aussichtslosen Lage und die Fremden haben alle Trümpfe in der Hand. Für eine abschließende Bewertung der Tetralogie ist es zu früh, aber es bleibt spannend, ob Holger M. Pohl eine zufriedenstellende und für den Leser überzeugende Auflösung dieses im Grunde gordischen Knoten findet oder er sich auf „Deus Ex Machina“ Lösungen zurückzieht.

Einen Schwerpunkt setzt der Autor bei den Fremden.  Holger M. Pohl stellt sowohl ihre Kultur als auch einen kleinen Teil ihrer den Menschen überlegenen Technik vor. Diese Vorgehensweise ist immer schwierig, denn je mehr der Autor offenbart, desto „menschlicher“ könnten die Fremden dann wieder erscheinen. Das rücksichtslose Vorgehen bewegt sich am Rande des Horrorklischees. Vor allem wenn die Pläne immer wieder den hilflosen Menschen vorgestellt werden und die abschließende Umsetzung des Plans sowieso auf literarisch tönernen Füßen steht. Zwischen den einzelnen Gruppen der Fremden gibt es auch Konflikte. Vielleicht versucht damit Holger M. Pohl eine mögliche Auflösung des Konflikts zu implizieren, denn auf sich alleine und die eigene Technik gestellt wird es die Menschheit nicht schaffen. Selbst an eine der zahlreichen in diesem Universum verstreuten Artefakte mit teilweise wundersamen Wirkungen mag der Leser als Instrument der Rettung nicht glauben.

Alle Punkte isoliert betrachtet, die sich flott lesen kann. „Der Boomium- Plan“ ist von den bislang drei veröffentlichten Romanen das Paradebeispiel, das es sich lohnt, bis zum Abschluss einer Trilogie oder Tetralogie zu warten und dann die Romane in einem Zug zu lesen. So stört weder das zu offene Ende mit der Überleitung auf den finalen Showdown noch das mäßige Tempo zu Beginn des Buches. Holger M. Pohl versucht viele Fakten quasi nachzureichen und mit der Perspektive der Fremden noch das Szenario zu erweitern. Das geht aber nicht nur deutlich zu Lasten der Lesbarkeit des Romans, manche Ideen kommen dem Betrachter aus anderen Quellen latent bekannt vor, so dass er aufgrund der mäßigen Spannung und vor allem der Tendenz des Autors, die Crew auf beiden Ebenen buchstäblich und die bekannten Fakten betrachtend unlösbar in eine Ecke zu treiben durchschnittlicher erscheint als „Der Boomium- Plan“ es im Rahmen der Tetralogie wahrscheinlich verdient hat.     

Rettungskreuzer Ikarus 79: Der Boomium-Plan: .

  • Herausgeber ‏ : ‎ Atlantis Verlag (15. Oktober 2020)
  • Sprache ‏ : ‎ Deutsch
  • Taschenbuch ‏ : ‎ 100 Seiten
  • ISBN-10 ‏ : ‎ 386402739X
  • ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3864027390