Perry Rhodan Androiden 1: Totenozean

Kai Hirdt

Exposeautor Kai Hirdt eröffnet mit „Totenozean“ eine neue, wieder zwölfteilige Perry Rhodan Miniserie. Der ursprüngliche Untertitel „Droiden“ musste wegen der Ähnlichkeit zum „Star Wars“ Universum geändert werden. Das geschah aus reiner Vorsicht, da der Begriff der Droiden innerhalb der Science Fiction schon vor „Star Wars“ verwandt worden ist. Aber mit einem Milliarden Dollar schweren Konzern will man sich vorsichtshalber nicht anlegen.

 Die Geschichte beginnt im Jahre 2983 der Neuen Galaktischen Zeitrechnung. In doppelter Hinsicht folgt Kai Hirdt den etablierten Mustern der Miniserien seit ihrem Start als Heyne- Taschenbücher. Perry Rhodan alleine oder in Begleitung von höchstens ein oder zwei Getreuen befindet sich auf einer wichtigen Mission und wird aus unterschiedlichen Gründen entführt/ abgelenkt und/ oder neugierig gemacht. Ohne die geballte terranische Macht muss er sich fast alleine an die Lösung der verschiedenen Rätsel machen. Diese Auftaktbände sind inzwischen zu einer Art Klischee geworden. Auf der anderen Seite greift die Exposeredaktion der Hauptserie in Kombination mit einem seltsamen Phänomen oder einem Ruf oder einem aus dem Nichts auftauchenden Raumschiff auch gerne auf diese Handlungsmuster zurück. Diese Tradition reicht bis in die Zeit von K.H. Scheer, der auch knallige Auftaktroman bevorzugte. Man denke nur an Band 300 mit Roi Danton und OLD MAN als unangekündigte Besucher.

 Perry Rhodan soll zusammen mit Gucky zwischen zwei inzwischen zerstrittenen Parteien im bis dahin friedlichen Planetenverbund Normon vermitteln. Die Vermittlungen sind – höflich gesprochen – eher zähl, als Perry Rhodan ein seltsamer Hilferuf erreicht: „Chentap, Lebensgefahr. Sie greifen an“ Kurze Nachforschungen ergeben, dass sich ein Explorer in diesem System aufhält. Die Kontaktaufnahme mit dem Kommandanten ergibt neben dessen distanzierten Verhalten noch eine Auffälligkeit. An Bord befindet sich mit Lilja Ryksdottir ein Pflegefall. Ihre einzige lebende Verwandte gehört zur Besatzung. Kai Hirdt bemüht sich, diese Prämisse überzeugend herauszuarbeiten, es gelingt ihm allerdings nicht. Dazu wird Ryksdottirs Verwandte als zu gewöhnlich im Sinne der Raumflotte beschrieben. Ein exzentrischer, aber leider elementar wichtiges „Genie“ mit einzigartigen Fähigkeiten hätte der Leser vielleicht noch akzeptiert, aber dieser Aspekt der Geschichte wirkt schon stark übertrieben, zumal die Explorer ja seit Jahrtausenden immer wieder mit gefährlichen Situationen konfrontiert werden und das Leben an Bord der Raumschiffe nicht immer leicht ist. Dutzend von Perry Rhodan Planetenromanen, aber auch Exkurse innerhalb der Hauptserie haben diese Tatsache bewiesen.

 Perry Rhodan und Gucky beschließen, die langweiligen, aber bis dahin anscheinend wichtigen Verhandlungen zwischen den zerstrittenen Planetenverbünden zu verlassen und diesem seltsamen Hilferuf zu folgen. Auch diese Prämisse erscheint schon ein wenig konstruiert, zumal Perry Rhodan ja nicht zu jedem Streit zwischen Nachbarn gerufen wird. Anscheinend hat Kai Hirdt seine Geschichte in eine sehr ruhige Zeit der Perry Rhodan Serie platziert, um dem ehemaligen Großadministrator auch unangenehme eher bürokratische Aufgaben aufbürden zu können.

 Die Handlung schwenkt anschließend um und fasst die Ereignisse bis zu diesem seltsamen Hilferuf zusammen. Ein Team von Wissenschaftlern der MUNGO PARK ist auf dem Planeten Chentap gelandet. Die Gruppe untersucht die lokale Flora und Fauna. Die krötenhaften Chenno haben eine einfache Raumfahrt entwickelt, können den eigenen Mond erreichen. Einen der beiden Monde. Eine Beobachtung ist den Menschen nur aus der Ferne möglich. Eine Art Prime Directive des Perry Rhodan Universums. Deswegen kommt es zu Spannungen zwischen den einzelnen Teammitgliedern. Kaum wollen sie aufbrechen, fallen zwei Ereignisse zusammen. Eine Mondexpedition der Chenno landet wieder auf dem Heimatplaneten und aus dem Nichts landet ein Kugelraumschiff fremder Bauart, Roboter strömen heraus und beginnen mit einem Massaker. Das Team kann sich mit Mühe und Not retten, ist aber jetzt auf dem Planeten gefangen und muss die Zeit abwarten, bis die MUNGO PARK sie regulär abholen will.

 Kai Hirdt präsentiert eine stringente Geschichte mit einer dunklen Pointe. Natürlich sind die „Funde“ nicht so, wie es sich den Forschern der MUNGO PARK darstellt. Welche Zusammenhänge zwischen den Robotern und Perry Rhodan bestehen, werden die nächsten Bände zeigen. Zwischen dem Auftakt mit dem Unsterblichen und dem ihm begleitenden Retter des Universums und dem Eintreffen der beiden im Chentap System konzentriert sich Kai Hirdt auf die Gruppe von Wissenschaftlern und einzelne Funde auf dem Planeten. Es ist in weiten Teilen eine klassische, vielleicht auch ein wenig kitschige First Contact Geschichte mit der potentiellen Rettung eines Chenno Kindes unter der Gefährdung des eigenen Lebens vor den Robotern und den durch ihre Angriffe ausgelösten Naturkatastrophen. Es gibt ausreichend Konflikte zwischen den Forschern und einzelne, ihrer über Wochen gesammelten Erkenntnisse werden auf den Kopf gestellt. Auch hier fordert Kai Hirdt einen gewissen Unglauben von seinen Lesern ein. Das die Forscher nach Wochen selbst des Beobachten aus der Entfernung mittels ihrer grundsätzlich überlegenen Technik und vor allem auch Erfahrung an Bord eines Explorerraumschiffs nicht die wichtigen Grundzüge der ihnen präsentierten fremden Kultur erkannt haben, ist schwer zu glauben und einer der schwächsten Aspekte dieses Heftromans. 

 Auch mit den Begriffen Androiden im Titel und Roboter geht Kai Hirdt sehr freigiebig um. Der erste Band der Miniserie hätte auch als „Roboter“ durchgehen können. Zu den Androiden fehlt der Miniserie noch einiges und hier muss Kai Hirdt exposetechnisch in den nächsten Bänden noch Überzeugungsarbeit leisten.

 Zu den Stärken gehört die exotische Kultur der Chenno. Auch wenn die terranischen Wissenschaftler zu betriebsblind sind, um die wichtigen Aspekte ihrer jeweiligen Lebensräume (!) zu erkennen, gelingt es Kai Hirdt, auf Augenhöhe nach dem Überfall durch die Roboter das Wechselspiel zwischen den getriebenen und isolierten Menschen und ihren Gastgebern sehr gut zu beschreiben. In den Details gibt sich der Autor sehr viel Mühe und dank der Erzählstruktur ist der Leser bei jeder dieser noch schwer einzuordnenden Entdeckungen quasi live dabei.

 Die Terraner sind solide bis gut beschrieben. Kai Hirdt konzentriert sich auf die vier Forscher und arbeitet ihre Stärken und Schwächen innerhalb der kleinen Gruppe allerdings in extremen Situationen heraus. Es gibt ausreichend Konflikte, in denen sich die Protagonisten zwischen Menschlichkeit und Überleben im Versteck entscheiden muss. Es gibt keine klaren Lösungen und nicht jede Szene endet in einem kleinen Happy End. Da es sich um Nebenfiguren des Perry Rhodan Universums handelt, sind die Gefahren deutlich größer und Kai Hirdt könnte auch diese Protagonisten sterben lassen, ohne die Serienstruktur zu gefährden. Hinsichtlich der Kommandantin hält sich Kai Hirdt ein wenig zu sehr bedeckt. Das soll auf der einen Seite sicherlich die Spannung erhöhen, auf der anderen Seite wird in zwischen den Zeilen lesenden Betrachtern schon ein entsprechender Verdacht geweckt. Es bleibt abzuwarten, in welche Richtung Kai Hirdt die einzelnen zwischenmenschlichen Beziehungen entwickelt. Potential ist auf jeden Fall vorhanden.

 „Totenozean“ ist ein solider Auftakt zur neuen Miniserie. Einzelne Aspekte – die Roboter statt Androiden; die Betriebsblindheit der Forscher sowie der Hinweis auf Perry Rhodan im Cliffhanger – wirken teilweise stark konstruiert und bislang nicht überzeugend genug herausgearbeitet. Zu den Stärken gehören die Charakterisierung der Nebenfiguren und das exotische und interessante Volk der Chenno.    

 Kai Hirdt verfügt über einen angenehm zu lesenden Stil, seine Dialoge sind gut und auch natürlich geschrieben, die Hintergrundbeschreibungen im richtigen Verhältnis zur laufenden Handlung und die zwei/ drei Actionszenen sind intensiv und packend geschrieben.    

Bild von Perry Rhodan Androiden Teil 1 - Totenozean - Kai Hirdt - Neu

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