Begegnung auf Sphinx

David Weber

 Mit „Begegnung auf Sphinx“ legt David Weber den ersten Band einer neuen , an das Harrington Universum angelegten Trilogie vor, der Kennern der Materie allerdings auch Geduld abverlangt, da der Autor auf bekannte Facetten und Schemata anfänglich ein wenig zu öffentlich zurückgreift. Die Kurzgeschichte „Die Siedler von Sphinx- eine wunderbare Freundschaft“ wird zu stark kopiert. Hinzu kommt, dass die Grundidee der Freundschaft zwischen einem überdurchschnittlich begabten Menschen und einem Alien nicht unbedingt neu ist und diese Idee dann in einem originellen Roman verpackt werden sollte. Alleine Pip& Flinx aus der Feder Alan Dean Fosters haben bewiesen, wie es in den ersten Romanen sehr gut gegangen ist. Wie Alan Dean Foster macht David Weber allerdings den nicht unbedingt nachvollziehbaren Fehler, zu viel zu wollen. Fosters späte Romane sind Langweiler, in denen der Amerikaner die Freundschaft zwischen den beiden so sympathischen Protagonisten nicht nur auf harte Proben stellte, sondern den Grundideen seiner ersten Romane widersprach. Diesen Fehler begeht David Weber nicht, aber selbst mit dem Harrington Universum wenig vertraute Leser werden die ersten Ideen mit dem gestohlenen Gemüse als wenig originell bis in der präsentierten ausgedehnten Form als langweilig empfinden. 

Zusätzlich macht David Weber in dieser in den USA für ein jugendliches Publikum konzipierten Serie den Kardinalfehler, den Handlungsbogen zu unterbrechen und im Anschluss an die schon 1998 veröffentlichte Kurzgeschichte „Die Siedler von Sphinx“ einen neuen Handlungsbogen zu beginnen, der Monate nach Abschluss der unverändert übernommenen bekannten Geschichte spielt.  Der Autor hat zwar den Plot um die Perspektive der Fremden erweitert, aber gerade da verschenkt er die Würze dieser ersten Begegnung. Zu viele Ideen sind bekannt und die Katzenwesen erscheinen plötzlich zu sehr wie eben irdische Tiere, deren Instinkte/ Bewegungen/ Marotten sehr gut von David Weber skizziert worden sind.   Im Original passend „With friends like these“ benannt überzeugt der zweite Abschnitt des Buches ein wenig mehr.   

Wie es sich für Jugendbücher gehört, ist die Isolation - selbst in einer futuristischen Gesellschaft wie in den Harrington- Büchern - und die Entwurzelung eines Jugendlichen im Fahrwasser seiner Familie ein wichtiger Grund für die kommenden Ereignisse. Die Harrington Familie zieht nicht nur von ihrer bisherigen Heimat Meyerdahl auf den Planeten Sphinx, sie kaufen ein riesiges Grundstück, auf dem sie weit entfernt vom nächsten Nachbarn leben können. Die elfjährige Stephanie langweilt sich. Sie findet keine Freunde und das "nahe gelegene" Örtchen ist langweilig. Sie streift durch die Wälder, was ihr kurze Zeit später von ihren Eltern verboten wird. David Weber zieht im Grunde ein klassisches, allerdings auch in dieser Phase trotz des aufmüpfigen wie ironischen Untertons auch unterhaltsam zu lesendes Szenario auf. Aus den Gewächshäusern der Siedler verschwindet Sellerie. Ohne Frage ungewöhnlich. Mit Technik macht sich Stephanie auf die Suche und begegnet einer Baumkatze, den sechsgliedrigen Ureinwohnern dieser Welt. Schnell kommt es zum Bonding zwischen Stephanie und der im Original sehr viel schöner benannten neugierigen Baumkatze Climbs Quickly.Es ist nicht nur das erste Mal mit der Entdeckung der Spezis. Stephanie wird die jüngste Entdeckerin einer fremden Rasse sein, ihre Kinder werden die meisten Verbindungen mit den Baumkatzen eingehen und wie intensiv diese Symbiose wird am Ende tragisch gezeigt. Viele dieser anderen Aspekte tauchen im Rahmen der langen Karriere der späteren Karrieresoldatin wieder auf. Es gehört ohne Frage nicht nur Einfühlungsvermögen, sondern ein gehörige in diesem Fall fehlende Portion von Esprit dazu, um eine Vorgeschichte wirklich packend zu erzählen.  

 Die Baumkatzen sind eine Rasse, die sich in erster Linie telepathisch verständigt. Intelligent haben sie keine echte Zivilisation entwickelt, sondern bewegen sich auf dem Niveau der Jäger- Sammler mit den ersten Ansätzen für Ackerbau. Auf der anderen Seite sind sie den Menschen gegenüber scheu, aber neugierig und beginnen wie schon angesprochen die Sellerie Vorräte zu plündern.

Da Weber diese erste Begegnung aus beiden Perspektiven erzählt, gewinnt die Kurzgeschichte im Vergleich zum Romanauftakt. So sehr er sich auch bemüht, das Bekannte im Grunde noch einmal zu erzählen, er schafft es nicht, wirklich Spannung zu erzeugen. Emotional ansprechender ist das Aufeinanderzugehen, wobei auch hier gegen Ende mit dem gegenseitigen Helfen, dem rechtzeitigen Eingreifen des Clans und der Rettung durch den natürlich erleichterten Vater sehr tief in die Klischeekiste gegriffen wird.

Selbst wer sich bislang nicht in dieses vielschichtige Universum hereingearbeitet hat, wird wenig wirklich Neues in der ersten Hälfte des Buches finden. Für Harrington Anhänger ist es ohne Frage verführerisch, das Gleiche noch einmal doch ein wenig anders zu lesen, aber für einen alleinstehenden Roman wird außer der gelungenen Atmosphäre und den bekannten Protagonisten in nicht einmal rudimentär entwickelter, sondern dem Niveau der Hauptserie entsprechender Form sehr wenig angeboten.

Der zweite Teil der Geschichte spielt zwei Jahre später. Das Band zwischen Climbs Quickly – inzwischen von den Menschen Löwenherz genannt – und Stephanie hat sich verfestigt. Die Entdeckung dieser doch intelligenten Rasse hat dazu geführt, dass mehr und mehr Wissenschaftler den Planeten besuchen und mit Stephanie sprechen möchten. Darauf reagiert sie mürrisch und ablehnend. Auch ärgert sie, dass andere Kinder die Baumkatzen als einfache Tiere ansehen. Nur eine andere Person Dr. Scott Macdallan konnte sich bislang mit einer Baumkatze verbinden. Gemeinsam versuchen sie die Spezis vor der Ausrottung zu schützen und zu verhindern, dass einzelne Exemplare in den intergalaktischen Zoos verschwinden.

Wie schon angedeutet ist der zweite Teil des Romans unterhaltsamer allerdings auf einem sehr für einfach denkende Jugendliche zugeschnittenen Niveau. Da gibt es die Naturschützer angeführt von Stephanie und Scott Macdallan, später unterstützt von ihrem Vater, die möglichst den Status Quo gegenüber den kommerziell orientierten Menschen insbesondere von anderen Planeten erhalten wollen. Es werden die bekannten Positionen ausgetauscht und David Weber kann dem Thema keine neue Idee hinzufügen. Das Eindringen eines Tierfängers ist ein weiterer Aspekt, der insbesondere in der Jugendliteratur von Flipper oder Lassie bis zu David Weber in vielen Variationen behandelt worden ist. Selbst die Fangmethode mit dem Sellerie als Lockmittel erscheint nur durch den technologischen Überbau interessant. Es ist schade, dass auch hier keine wirkliche Originalität angeboten wird. Anstatt zumindest die potentiellen Antagonisten ausführlich zu charakterisieren und die telepathischen Fähigkeiten der Baumkatzen auch in militärischer Hinsicht zu untersuchen, bleibt der Plot an der Oberfläche. Damit soll nicht ausdrücklich herausgestellt werden, dass ein militärisches Nutzen eine Art Freibrief für das Fangen und Quälen einer intelligenten Spezis ist, aber mit einem Brückenschlag in die Gegenwart hätte diese Idee zumindest ausgenutzt werden können, um die Handlung nuancierter und ambitionierter zu gleich zu entwickeln. Selbst unaufmerksame Leser ahnen schon viele Seiten vorher, in welche Richtung sich der Plot entwickeln wird.

„Begegnung auf Sphinx“ ist ohne Frage ein Jugendbuch, das eine neue Lesergeneration an die „Harrington“ Serie langsam heranführen könnte. Leider ist es unabhängig von Weber auch in der Übersetzung gut zu lesenden Stil kein gutes Jugendbuch. Zu viel wird wenig originell beschrieben, anstatt die bekannte und in der eigentlichen Serie ja schon manifestierte Grundiee der Freundschaft zwischen Löwenherz und Stephanie Harrington an der Seite abzuhandeln und das Universum um eine frühere Inkarnation sowie vor allem eine eher unbekannte Geschichte zu erweitern.   Auf der anderen Seite sind die beiden zusammengefassten Kurzgeschichten warmherzig geschrieben und lassen die Fans von David Webers inzwischen Generationen umfassender Serie in Erinnerungen schwelgen.        

 

  • Taschenbuch: 416 Seiten
  • Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch); Auflage: Aufl. 2015 (15. Januar 2015)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3404207793
  • ISBN-13: 978-3404207794
  • Vom Hersteller empfohlenes Alter: Ab 16 Jahren
  • Originaltitel: A Beautiful Friendship