Professor Zamorra 51 "Der Golem der Menschen"

Christian Schwarz & Manfred Rückert

Der Jubiläumsband 50 „Der Ruf“ hat trotz kleinerer Schwächen und Ungenauigkeiten das Feld für ein großes Finale in dieser Fortsetzung geebnet. Leider konnten die Autoren die Energie nicht in den zweiten Teil hinüberretten und greifen vor allem beim Handlungsaufbau, aber enttäuschend auch bei der Motivation der einzelnen Antagonisten nicht nur auf Klischees zurück, sondern beginnen sich immer stärker zu widersprechen.

Es ist vielleicht noch akzeptabel, dass die Wandlung einer wichtigen Figur unter dem Einfluss des Dunklen Prinzen im ersten Teilband vor den Lesern so elegant versteckt worden ist, das es nicht vorhanden ist. Jetzt tötet diese Frontenwandlerin Petra Magin, die allerdings ihren Geist noch in den Körper ihrer Tochter übertragen kann. Mit dieser Übernahme wird auch ein Widerspruch zu bisherigen Gesetzen der Serie erzeugt, in denen wie bei Merlins Magie immer wieder auf deren Aktiva und im Grunde auch Passiva hingewiesen worden ist. Die Übernahme einer blockierten Figur soll unmöglich sein. Natürlich lässt sich jetzt argumentieren, dass die Macht des dunklen Prinzen als Überantagonist so groß ist, dass das ohne Probleme geschehen kann. Aber dann sollte diese Situation auch besser und für den Leser greifbarer und nachvollziehbarer vorbereitet werden. Ähnliches gilt auf der anderen Seite für Merlins Magie und damit auch Professor Zamorra. In „Der Ruf“ erhielt er unbekannte Selbstheilungskräfte, die spannungstechnisch überambitioniert und vor allem kontraproduktiv erschienen sind. So wirkt plötzlich auch Merlins Machtspruch wieder, obwohl es vorher hieß, das mit Merlins Tod seine Magie sich aufgelöst hat. Wäre das Amulett immer noch so mächtig, dann gäbe es keinen Grund, das Amulett ausgerechnet dem Erzfeind und nur zeitweiligen „Verbündeten“ wider Willen Asmodi zur Reparatur zu überlassen. Es wird auch nicht auf die Frage eingegangen, warum ausgerechnet der Gegenpol Merlins die Kräfte des Amuletts in bewährter und nicht von ihm veränderter Manier wieder her stellen lassen kann.

 Interessant ist auch, dass die M- Abwehr von Chateau Montagne auf derartig einfache Art durch einen Insider lahm gelegt und der dunkle Prinz eindringen kann. Ohne Frage ist die ausgewählte Person unter obigen widersprüchlichen Prämissen effektiv gewählt und nicht zum ersten Mal versuchen die Autoren mit den Hauptfiguren neue Wege zu gehen. Hier wirkt es zu opportunistisch. Der dunkle Prinz erweckt in dem Chateau das dunkle Herz, das in Madame Claires Körper gefahren ist. Dieser Rückgriff auf alte Szenen macht den vorliegenden, ohne Frage dynamischen, aber zu oberflächlich entwickelten Roman lesenswert und passt ihn allerdings mit einigen Ecken und Kanten in den „Zamorra“ Kanon ein. Auch interessant ist die Doppelung der Heimatlosigkeit Asmodis – er hat Caermadhin verloren – und Zamorras. Auf der einen Seite ist diese Grundprämisse originell, da Zamorra und Asmodi in ihren langen Ringen mit – und gegeneinander sich durch Stärken und Schwächen auszeichneten. Wie in den „Coco Zamis“ Romanen ist Asmodi ohne Frage ein Ränkeschmied der ersten Güteklasse, der aber nicht selten über die eigene Arroganz stolpert und sich durch einfache Schachzüge ausmanövrieren lässt. Zamorra schafft es zwar am Ende jeden Abenteuers, einen zumindest Pyrrhussieg zu erringen, er leibt dabei menschlich und zugänglich. Mit dem dunklen Prinzen haben die Autoren eine Art Überantagonisten etabliert, der auf einem nicht immer für den Leser nachvollziehbaren Weg die beiden Sitze Zamorras und Asmodis mit verwegenen Streichen übernommen hat. Damit ist im Grunde eine fast aussichtslose Verteidigungsposition erreicht. Wie sich schon im ersten Buch andeutete, ist es immer ein Balanceakt, an dem bekannten und etablierten Universum zu rütteln und auf der anderen Seite neue Wege zu gehen. Mit der „Allmacht“ des dunklen Prinzen haben die Autoren den Rand der Glaubwürdigkeit überschritten.  Daher muss eine Art „Wunderwaffe“ auch zum vorläufigen Sieg herhalten. Wie der Übergang einer wichtigen Figur zwischen dem ersten und zweiten Band wird diese Situation zu wenig nachhaltig vorbereitet und für den Leser ist es keine wirkliche Überraschung. Mit ein wenig mehr Mut hätten die Autoren den Doppelband mit einer vernichtenden, aber nicht tödlichen Niederlage Asmodis und Zamorras enden lassen. Dann wäre Raum gewesen, diese Seitenhandlung in einer Art Paralleluniversum wie im „Desaster“ Zyklus in einer von der Heftromanserie abweichenden Handlung weiter zu entwickeln. So bleibt am Ende des zweiten Buches leider der Eindruck, als habe der Leser nur eine schöne Exkursion gelesen. In diesen Reigen der Schwächen reiht sich leider auch die Tatsache ein, das Tode wie Petra Magins Ermordung nicht endgültig sind und es überall Hintertüren gibt.

Zu den Stärken des Romans gehören die in der Hölle spielenden Szenen, in denen die Autoren mit sehr viel Phantasie die Vergangenheit wieder aufleben lassen. Dagegen wirken andere Abschnitte wie die Exkursion nach Breslau eher langatmig und hemmen den Plot. Die Figurenzeichnung ist in Ordnung. Vielleicht ist es bezeichnend, dass der dunkle Prinz nach der langen Vorbereitung über mehrere von Christian Schwarz verfasste Romane nicht mehr so charismatisch, sondern eher überdreht schematisch erscheint, während Asmodi einige sehr nette Szenen geschenkt worden sind.

 Beide Romane zusammenfassend ist „Der Ruf“/ „ Der Golem der Menschen“ ein solides „Zamorra“ Abenteuer, das ambitioniert in der ersten Hälfte unterhält und diese Dynamik sowie innere Spannung in der zweiten Hälfte nicht halten kann. In erster Linie werden die beiden Abenteuer langjährige Zamorra- Fans erfreuen, da neben den verschiedenen, sehr gut aufeinander abgestimmten Handlungsebenen vor allem viele kleine Hinweise in die Handlung eingestreut worden sind. Kritisch gesprochen muss aber auch festgestellt werden, das es sich die Autoren gegen Ende zu leicht gemacht haben oder die Ecke, in die sie sich schrieben, die zufrieden stellende Auflösung eines nur vordergründig provokativen und eine neue Ära einleitenden Plots verhindern hat. Als Team haben Manfred H. Rückert und Christian Schwarz aber sehr gut zusammengearbeitet. Die Übergänge sind angesichts der vielschichtigen Handlungen, die sich für den Leser trotzdem gut differenzierbar durch die Romane ziehen, unauffällig und die Autoren bemühen sich, das Tempo trotz einiger Unstimmigkeiten und vor allem gegenüber dem „Zamorra“ Kosmos Ungereimtheiten hoch zu halten, um solide Unterhaltung zu präsentieren.



 

 

Zaubermomnd Verlag, Taschenbuch, 212 Seiten

www.zaubermond.de

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