Kritik zu Star Wars: Squadrons - Und ich flieg' wie ein X-Flügler

Zu einer Zeit, als Star-Wars-Videospiele noch nicht ausschließlich seltene Veröffentlichungen des Publishers Electronic Arts (EA) waren, gehörten die Flugsimulationen in den Raumschiffen mal zu den ganz großen Titeln am Spielehimmel. Die nach den jeweiligen Modellen benannten Spiele X-Wing und TIE Fighter sind 1993 und 1994 erschienen, doch für den Glanz der vergangenen Tage sprechen digitale Versionen und die wiederkehrende Benennung in Bestenlisten von Star-Wars-Videospielen und sogar Flugsimulatoren im Weltraum. Doch modernere Titel mit diesem Fokus existieren quasi nicht, der Markt ist aber definitiv vorhanden, wie die finanziellen Erfolge der Genre-Riesen Elite Dangerous und Star Citizen beweisen können. Trotzdem hat es viele überrascht, dass EA mit der Ankündigung von Star Wars: Squadrons den Weg eines etwas günstigeren Spin-Offs der Battlefront-Reihe gegangen ist. In den Titeln war der Kampf im Cockpit stark vereinfacht - kann Squadrons auch das Herz von Simulationsfans zurückerobern?

Im Gegensatz zum Erfolgsrezept Lichtschwert gibt es keine Action, bei der sich die Gegenspieler näher als 50 Meter kommen. Doch das Spiel nimmt sich einen Aspekt, den auch viele andere aktuelle Medien in einer weit, weit entfernten Galaxie seit einigen Jahren auffällig häufig beachten und ignoriert die Prequel-Trilogie. Damit geht es vor allem mit TIE-Fightern und X-Wings in die luftleeren Höhen - ganz klassisch Imperium gegen Rebellen-Allianz. Spieler können gegeneinander antreten oder auf beiden Seiten in der Kampagne eine - nicht großartig überraschende, aber dennoch zufriedenstellende - Geschichte erleben. Doch was das Spiel in allen Spielmodi schnell hervorragend inszeniert, ist das Gefühl, Star Wars zu erleben. Am besten lässt es sich mit der Sekunde beschreiben, in der ein Fan im Kino sitzt und eigentlich nicht von den Trailern überzeugt war, aber mit dem Beginn des Opening-Crawls und den ersten Noten der Musik wieder voll dabei ist.

Im Schatten eines Photonentorpedos

Doch bevor der Spieler Platz im Cockpit eines Raumjägers nehmen darf und mit enormer Geschwindigkeit in die unendlichen Weiten abhebt, geht es an einen Charakter-Editor. Weil die Kampagne Lust auf Imperium und Rebellen-Allianz machen soll, kann für jede Seite jeweils eine Figur aus einer kleinen Auswahl an Gesichtern, Körperformen und Stimmen erstellt werden. Das ist verwirrend, weil es mehr zu einem Rollenspiel passt und hat danach auch keine großen Auswirkungen - so wird der eigene Charakter ausschließlich mit seinem Rufzeichen angesprochen. Der Rest der Besetzung sind etwas ausgereifter und füllen den Rest der etwa zehnstündigen Handlung mit genug Emotionen, um den Spieler bei Laune zu halten. Sehr holprig wird allerdings der Einstieg. Hier greifen die Autoren in die abgenutzte EA-Trickkiste der Star-Wars-Handlungen und lassen einen imperialen Piloten zur Realisierung kommen, dass seine Fraktion womöglich eine sehr dunkle Seite hat.

SW Squadrons Dogfight

Nach dem Start erklärt ein gewisser dunkler Sith-Lord in Atemnot mit obligatorisch dilettantischer Propaganda, wie Alderaan von einer gewissen Raumstation zerlegt wurde und Flüchtlinge aufgespürt und eliminiert werden sollen. Diese verstecken sich an einem Schmugglerhafen, den das Imperium aus unbekannten Gründen relativ frei operieren lässt. Der vorgesetzte Squad-Leader wandelt damit plötzlich seine Meinung und verrät den Spieler während der Mission. All die Jahre als Veteran des Imperiums hat er von den Schandtaten des Imperiums wohl nichts mitgekriegt, anders ist der plötzliche Sinneswandel kaum zu begründen. Die Rebellen fliehen, und eine wütende Kollegin ist nicht erfreut darüber, dass ihr ehemaliger Befehlshaber unschuldige Flüchtlinge vor Folter und Tod gerettet hat.

Lord Vader, are we the baddies?

Auch Jahre später nach dem Fall des Imperators ist die imperiale Pilotin, inzwischen ein hohes Tier in den Überbleibseln der imperialen Rangordnung, immer noch wütend. Ihr abtrünniger Kollege unterstützt inzwischen die Neue Republik. Auf der Spur eines geheimen Projektes, was die Balance der Nachkriegszeit entscheidend verändern könnte, geraten die beiden ehemaligen Kollegen erneut aneinander. Der Aufhänger ist nicht sonderlich kreativ und gibt sich auch keine Mühe, besonders sein zu wollen. Das vorletzte Star-Wars-Videospiel, Battlefront 2, drehte sich ebenfalls um eine übergelaufene imperiale Agentin, in der Vergangenheit sind viele Autoren im erweiterten Universum einen ähnlichen Weg gegangen. Squadrons wird dann interessant, wenn eine Seite die Auswirkungen der zuletzt gespielten Mission einer anderen Seite zu spüren bekommt, doch das Imperium als faschistisches Regime zu durchleuchten, schafft das Spiel nicht wirklich.

Aber all diese Aspekte können eigentlich nebensächlich sein, wenn die Missionen doch ein Vehikel sein können, um den Spieler wild herumfliegen zu lassen. Und je nach Plattform klappt das hervorragend - genauer gesagt je nach Eingabegerät. Die Steuerung auf Controllern ist intuitiv und vereinfacht, lässt sich aber auf allen Plattformen in den Einstellungen je nach Geschmack umstellen. Wer sich nur auf der Couch ausbreiten und ein paar dreckige Rebellen in die Luft jagen möchte, muss nicht lange nachdenken und kann mit allerhand Schiffsmodellen loslegen. Doch auch Spieler, die mit voller Immersion am liebsten direkt im Cockpit sitzen wollen, können das Optionsmenü voll auskosten. Am besten spielt sich Squadrons nach einigen Tests mit den sogenannten Flight Sticks, die durch die Veröffentlichung des Spiels weltweit im Preis gestiegen sind.

SW Squadrons Empire

Schlecht schneidet dagegen die Maus als Joystick-Ersatz ab. In einer noch schnelleren und sensiblen Variante der Helikopterkontrollen aus GTA V ist Fingerspitzengefühl angesagt, auch wenn der Erfahrung nach die Controller einen präziseren Flug ermöglichen. Doch gut absolvierte Manöver sind in Squadrons nur die halbe Miete. Die Energie des Schiffes muss mit Ressourcen genau im Auge behalten werden, genau wie die Beschleunigung des eigenen Schiffes. Mit schnellem Knopfdruck können Ziele gewechselt und den Kameraden Befehle erteilt werden. Ein Verfolger wird so nicht nur ausmanövriert, sondern auch unerwartet in die Zange genommen, wenn der Spieler denn so entscheidet. Auch hier helfen die erweiterten Einstellungen eine passende Spielweise zu finden - damit Simulations-Veteranen und auch Neulinge passende Herausforderungen erleben können.

Fazit

Star Wars: Squadrons bringt ein Genre unerwartet in den Vordergrund, ganz ohne Schnickschnack und mit einem vergleichsweise günstigen Preis. Die Balance für Simulationsfans und neuen Spielern zu finden war sicher nicht einfach, doch welcher Angestellte bei EA den Pitch vorgetragen hat, beide Seiten mit optionalen Einstellungen bei Laune halten zu wollen, dem gehört von einer galaktischen Prinzessin eine Medaille verliehen. Die simple Idee funktioniert, Potential verschenkt hingegen die oberflächliche Kampagne. Doch eigentlich ist es auch sehr oberflächlich, in einem digitalen X-Wing-Cockpit zu sitzen und sich diebisch darüber zu freuen. Aber vielleicht hat der fiktionale Angestellte bei EA auch genau darauf gesetzt.

Star Wars: Squadrons ist für PlayStation 4, Xbox One und PC erhältlich.

zusätzlicher Bildnachweis: 
© EA

Star Wars: Squadrons – Official Reveal Trailer

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