Kritik zum Staffelauftakt von Akte X 11.01 & 11.02 - Satz mit X

SPOILER

Staffel 10 von Akte X musste einige Kritik einstecken. Von den insgesamt sechs neuen Folgen konnte lediglich "Mulder & Scully Meet the Were-Monster" (deutscher Titel "Mulder und Scully gegen das Wer-Monster") überzeugen, die restlichen Folgen blieben hinter den Erwartungen zurück.

Gerade das Staffelfinale "My Struggle II" sorgte unter den X-Philes eher für Frust, denn für Vorfreude auf Staffel 11. Für die deutschen Fans kam noch hinzu, dass sich nur wenige mit der neuen Synchronstimme von Mulder anfreunden konnten. Schließlich lieh Benjamin Völz Mulder-Darsteller David Duchovny jahrelang seine Stimme und prägte die Figur damit erheblich. Sven Gerhardt musste damit ein schweres Erbe antreten und konnte die Erwartungen nur bedingt erfüllen.

Damit war die Freude eher getrübt. Und was macht man dann als Serienschaffender? Richtig. Man drückt auf den Reset-Knopf, um offensichtliche Fehlentscheidungen wieder rückgängig zu machen.

Denn anders lässt sich die Entscheidung von Chris Carter zu "My Struggle III" ("Der Kampf III") nicht erklären. Carter muss gewusst haben, dass das Staffelfinale den Nerv vieler nicht getroffen hat, sodass sich der Auftakt der neuen Staffel wie ein einziges Zurückrudern anfühlt. Der Cliffhanger und die gesamte Handlung des Finales von Staffel 10 entpuppen sich als Traum, respektive eine Vision von Scully. Die sie auch gleich einmal so umgehauen hat, dass sie in tiefer Bewusstlosigkeit in die Klinik eingeliefert wird. Und lediglich ihr Gehirn funkt noch eine Art SOS-Signal. Willkommen in Absurdistan.

Ein Satz mit X? Das war wohl nix.

Als Liebhaber der Serie tut es schlichtweg weh, mit ansehen zu müssen, mit welch schlafwandlerischer Sicherheit Carter bei Regie und Drehbuch von einer falschen Entscheidung zur nächsten tappt. Scully ist in Gefahr? Kein Problem, Mulder hockt als Wachhündchen neben ihrem Bett, anstatt erst einmal aktiv zu werden und sie zu retten. Blinkende grüne Punkte auf einem Scan? Kann für Skinner nur ein Morse-Code von Scullys Hirn sein, der eine versteckte Botschaft darstellt.

Als Scully dann endlich einmal wach wird, ist klar: William ist mal wieder der Schlüssel. Zu irgendwas. Denn William ist der neue Notnagel, wenn die Handlung ins Stocken geraten ist. So verständlich die Traumata sind, die Scully erlitten hat, da sie sich von ihrem Sohn trennen musste, um ihn zu schützen, so unverständlich ist die Entscheidung, aus William das zu machen, was Samantha einst für Mulder war: Die allgemeingültige Erklärung für jede einzelne Handlung der betreffenden Figur. Egal, ob es gerade in den Plot passt oder nicht.

Diese Entscheidung Carters wäre ja so eben noch tragbar gewesen. Sich aber dann auf die Ereignisse von "En Ami" ("Cobra") aus Staffel sieben zu berufen und den Krebskandidaten nun offiziell zu Williams Vater zu machen, dürfte für einiges Entsetzen sorgen. Damit macht Carter aus William so etwas wie einen Nephilim - und den Krebskandidaten endgültig zum widerlichsten Kerl im Akte-X-Universum. Eine betäubte Frau als Brutmaschine für ein derartiges Vorhaben herzunehmen und sich damit auch noch zu brüsten, sind Dinge, die einfach nicht zu Akte X gehören. Denn an dieser Stelle gibt der Krebskandidat offensichtlich stolz zu, eine Vergewaltigung begangen zu haben - und es bleibt zu bezweifeln, ob die Serie nach dem aktuellen Stand ein derartiges weiteres Trauma für Scully behutsam behandeln wird. Sollte Mulder dann auch noch von diesen Taten seines biologischen Vaters erfahren, wird es hoffentlich nicht mehr lange dauern, bis der Krebskandidat den hoffentlich endgültigen Serientod stirbt. Zeit wird es nach dieser Enthüllung jedenfalls.

Sein Name ist Mulder. Fox Mulder.

Befremdlich ist auch die Entscheidung Carters, Mulder in einem Ford Mustang wie der coolste Super-Agent der Welt durch die Gegend rasen zu lassen. Dies wirkt wie eine müde und nicht gekonnte Kopie von Kill Bill und mag auch nicht so recht zum eigentlichen Tonfall von Akte X passen. Gekrönt wird dies nur durch die plötzlich auftretenden Hengstmanieren zwischen Mulder und Skinner, die sich erst einmal gegenseitig schubsen. Man wartet fast die entsprechenden Pöbeleien dazu ("Alter, hast du mich geschubst? Ich schubs dich gleich!") und hofft, dass dieser Fremdschäm-Moment schnell vorbei ist. Zum Glück ist damit dann auch bald die Auftaktfolge vorbei und die Nackenmuskulatur kann sich vom steten Kopfschütteln erholen.

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Mulder und Scully in This

Dass Chris Carter nicht für das Drehbuch von Folge 2 "This" ("Dieses Leben, jenes Leben") zuständig war, sondern Glen Morgan, gibt Hoffnung. Morgan schreibt - meist zusammen mit James Wong - bereits seit Staffel 1 Drehbücher für die Serie, unter anderem zeichnet er für Folgen wie "Blood" ("Blut"), "Home" ("Blutschande") oder auch "Tooms" ("Ein neues Nest") verantwortlich.

Und glücklicherweise zeigt "This", dass die Hoffnung doch noch irgendwo da draußen ist. Morgan hat es mit dieser Folge geschafft, Akte X endgültig in unsere Zeit zu holen, wo der Gedanke, dass wir unser Bewusstsein nach unserem Tod digital speichern können, gar nicht so abwegig scheint. Außerdem ist es ihm zudem gelungen, den X-Philes wieder die Momente zwischen Mulder und Scully zu präsentieren, die sie im Laufe der Jahre an der Serie so liebgewonnen haben.

I don't want to be buried in a Pet Sematary

Wie zu besten Zeiten in Mulders Appartement sitzen die beiden nun in Mulders neuem Haus, das Scully später interessanterweise als "unser Zuhause" bezeichnet, in altbekannter Manier auf der Couch. Wie zu besten Zeiten dürfen sie sich Wortgefechte liefern, die man länger vermissen musste. Offensichtlich haben auch David Duchovny und Gillian Anderson diese Momente vermisst, denn sie blühen mit dieser Folge regelrecht auf und legen eine Spielfreude an den Tag, die beim Staffelauftakt für den weiteren Verlauf der Serie nicht zu erahnen war.

Außerdem bietet die Episode ein Wiedersehen mit einem Fan-Liebling: Nach dem unrühmlichen Tod der Lone Gunmen, die sich mit Folge 15 "Jump the Shark" ("Helden") in Staffel 9 opferten, um einen Terroranschlag zu verhindern, gibt es ein Wiedersehen mit Langley. Als Sahnehäubchen bietet man zusätzlichen Fanservice: Es stellt sich heraus, dass Langley und Mulder am selben Tag Geburtstag haben  - sie teilen ihren Geburtstag am 13. Oktober mit Serienschöpfer Chris Carter; und natürlich dürfen auch The Ramones, Langleys favorisierte Band nicht fehlen.

Mein Pfeil flog 100 Schritt gen Westen.

Ein kleines, aber feines Highlight dürfte die Schnitzeljagd auf dem Friedhof gewesen sein. Ein Hörspiel-Kind dürfte sich zwar an "Die Drei ??? und der Super-Papagei" erinnert gefühlt haben, aber es macht einfach Spaß, Mulder und Scully dabei zuzusehen, wie sie schnell die kleinen Rätsel lösen - noch dazu mit Scully als Google - und schließlich am Grab eines weiteren Fan-Favoriten landen: Deep Throat.

So macht Morgan binnen weniger Minuten das wett, was Chris Carter mit dem aktuellen Mystery-Arc von Akte X verbrochen hat. Ein Hauch vom ursprünglichen Akte X weht durch "This" - und spart auch nicht den Twist am Ende, mit dem sich im Verlauf der Serie so oft gezeigt hat, dass die Arbeit der Agenten bei weitem nicht erledigt ist.

Fazit

Mit dem Staffelauftakt legt Akte X einen ordentlichen Fehlstart hin, versöhnt aber bereits mit der zweiten Folge von Staffel 11 für die Absurditäten in "My Struggle III". Es ist zwar noch Luft nach oben, jedoch sollten X-Philes die kleine Hoffnung hegen dürfen, dass Staffel 11 am Ende doch noch besser sein wird als die durchwachsene Staffel 10.

Akte X: Der Film
Originaltitel:
X-Files: The Movie
Kinostart:
19.06.98
Laufzeit:
121 min
Regie:
Rob Bowman
Drehbuch:
Chris Carter, Frank Spotnitz
Darsteller:
David Duchovny, Gillian Anderson, Mitch Pileggi, William B. Davies, Martin Landau
Schwarze Blut, das aus der töten Kreatur austritt, sammelt sich und kriecht am Körper des Wilden hinauf.

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