Der Brite für Gut und Böse: Interview mit Iain Glen
Iain Glen spielt in Game of Thrones Jorah Mormont, den Berater von Daenerys Targaryen (Emilia Clarke). Für seine Rolle in der dritten Staffel hatte er einen besonders netten Drehort und ist aus dem kalten Europa für einen Monat nach Marokko geflogen. Sebastian Lorenz von SFR hat ihn auf der RingCon zu seiner Rolle befragt.
SFR: Iain, kanntest du die Bücher bereits, als du die Rolle in der Serie bekommen hast?
Iain Glen: Nein, überhaupt nicht. Das ist aber meiner eigenen Ignoranz geschuldet. Ich war noch nie ein großer Fan dieses Milieus, außerdem bin ich kein großer Leser. Aber ich hatte gehört, dass HBO eine Serie machen wollte, die wirklich sehr groß wäre, darum haben meine Agenten Kontakt aufgenommen. Dann habe ich mich mit den Autoren und Produzenten der Serie Dan (D. B. Weiss) und David (Benioff) getroffen. Manchmal kommst du aus so einem Meeting und denkst: „Hm. Na ja.“, aber ich hatte ein gutes Gefühl.
Kurz darauf haben sie mir die Rolle angeboten. Dann gab es noch einige Komplikationen. Wenn man sich für eine so lange Zeit verpflichten soll – es ging immerhin um eine Option auf fünf oder sechs Jahre – dann muss man genau wissen, worauf man sich einlässt, bevor man entscheidet. Daraufhin habe ich das erste Buch gelesen. Ich habe außerdem eine Zusammenfassung bekommen, die grob beschrieb, was meine Figur erleben würde. Ich finde die Bücher machen total süchtig.
Das erste Buch habe ich in seinem Rutsch durchgelesen, auch weil ich einen nicht ganz uneigennützigen Grund hatte. Man kann auch ganz gut erkennen, wann man dran ist. Du weißt vielleicht, dass die Kapitel die Überschriften der jeweiligen Hauptfigur tragen. So bleiben die unterschiedlichen Storylines voneinander getrennt. Man könnte also fast an die richtigen Stellen blättern. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich liebe die Art, wie George (R. R. Martin) schreibt.
Was er besser als alle anderen beherrscht, ist es, diese unglaublich lebhaften Landschaften voller wunderbarer Figuren zu erschaffen. Wie kann so etwas denn der eigenen Vorstellungskraft entspringen? Also habe ich die Bücher angeschaut, die Zusammenfassung meiner Storyline gelesen und nicht mehr gezögert.
SFR: Hast du die Bücher denn richtig gelesen oder nur überflogen und die Passagen mit deiner Figur gelesen?
Iain Glen: Ja, ich habe schon nach meiner Figur gesucht, um ganz ehrlich zu sein. Ich habe die weiteren Bücher nach Details über meine Figur durchgeblättert. Aber man muss sich auch in acht nehmen, denn Autoren, insbesondere Drehbuchautoren, hören es nicht gern, wenn man dauernd ankommt und sagt: „Na ja, aber im Buch war das doch so und so.“ Da ist dann auch wichtig, von welchem Ausgangspunkt man das angeht. Ich lese das Ganze als Drehbuch und nicht, um zu vergleichen, was im Gegensatz zum Buch verändert wurde. Das vernebelt nur deine Gedanken. Da geht es nur darum, welchen Effekt jede einzelne Szene innerhalb deiner Storyline der Serie hat. Also habe ich nicht akribisch verfolgt, was anders war.
Unsere Aufgabe ist auch anders gelagert, weil wir ehrlich gesagt nicht alles getreu nach der Vorlage umsetzen müssen. Vielmehr müssen wir eine gute TV-Serie drehen. Also werden viele beiläufige Details, die zu einer Figur gehören eingearbeitet. Aber es ist nicht so stark, dass man total darauf achten muss. Wir schauen nicht, welche Worte (in der Romanvorlage) in einer bestimmten Szene benutzt worden sind. Ich finde, dass die Autoren äußerst brillant sind, weil sie es schaffen, diese riesengroßen Storylines zu verständlichen Szenen in einer zehnteiligen Serie herunterzubrechen.
SFR: Wenn man die Bücher außer acht lässt, wo würdest du Jorah Mormont gern am Ende sehen?
Iain Glen: Hm. Weiß ich gar nicht. Ich habe keine vorgefasste Vorstellung davon, was Jorah will, außer dass er sie (Daenerys Targaryen) liebt und sich ihre Zuneigung sichern will. Er hat großen Respekt vor der Prinzessin, mehr noch, er hat sich in sie verliebt. Ich glaube, er ist in der Lage, Soldat und Politiker zu sein, wie es von ihm gefordert wird, obwohl er starke Gefühle hegt. Er ist aber nicht so blind vor Liebe, dass er schlechte Entscheidungen trifft. Sie trifft bereits selbst sehr gute Entscheidungen.
Außer sie für Jorah als seine Frau zu gewinnen, habe ich keine Vorstellung. Da wird es sicherlich noch einige Überraschungen geben. Da ist es dann gut, wenn man nicht ins Buch geschaut hat, weil man dann diese wundervollen Überraschungen erlebt. Bei jeder Episode fragt man sich, wo sie anfängt und wo sie wohl endet.
In unsere Storyline sind ständige Ortswechsel eingebettet, weil wir eigentlich versuchen, zurück in die sieben Königreiche zu gelangen. Wir drehen außerdem zum Beispiel in Marokko oder in Kroatien, damit der Nomadenstamm ständig durch neue Landschaften ziehen kann.
SFR: Ist es nicht seltsam, wenn man die anderen Schauspieler gar nicht sieht, weil man ständig an anderen Orten dreht?
Iain Glen: Ja, das stimmt. Allerdings kreuzen sich manchmal trotzdem unsere Wege. Es liegt aber in der Natur dieser Geschichte, dass man versucht, an andere Orte zu gelangen, oder durch andere Umstände gezwungen wird, sich zu trennen. Ich verbringe die meiste Zeit mit Emilia (Clarke) und den anderen Leuten, die in dieser Storyline vorkommen.
Das wird sich aber dieses Jahr (in der dritten Staffel) ändern, weil ein paar neue Leute dazustoßen. Ich kenne ein paar von den Schauspielern. Es sind hauptsächlich Briten und ich habe mit wenigstens der Hälfte von ihnen an anderen Produktionen gearbeitet.
SFR: In der Serie Downton Abbey einen der meist gehassten Charaktere, Jorah in Game of Thrones scheint dagegen ein netter Kerl zu sein. Was macht mehr Spaß?
Iain Glen: Die machen beide Spaß. Das eigentliche Vergnügen ist aber der Kontrast. Als Schauspieler versuchst du natürlich mit aller macht zu verhindern, dass man dich in eine Schublade steckt. Ich hatte in dieser Hinsicht sehr viel Glück. In Großbritannien sind alle von den unterschiedlichen Klassen geradezu besessen. Ich bin sehr schwer einer Klasse zuzuordnen.
Ich sehe nicht zu vornehm aus und auch nicht zu sehr nach Arbeiterklasse. Darum ist es mir oft gelungen, Rollen über die Klassengrenzen hinweg zu spielen, was in diesem Fall ein riesiger Vorteil ist. Ich spiele sehr gerne die Guten und die Bösen. Ich würde es wirklich bedauern, wenn ich auf eine Rolle festgelegt werden würde.
SFR: Vielen Dank!
Interview: Sebastian Lorenz, Übertragung: Susanne Döpke, Copyright Fotos: Susanne Döpke/Sebastian Lorenz