1.02 Sould Hunter / Der Seelenjäger

Kurzinhalt

Als ein beschädigtes Schiff bei Babylon 5 strandet stellt man fest, dass es sich bei dem Piloten um einen Seelenjäger handelt, der die Seelen von besonderen Wesen nach deren Tod mitnimmt und verwahrt. Unter den Außerirdischen breitet sich Angst aus.

Inhalt

Der neue Oberarzt der Medlabs, Dr. Stephen Franklin, trifft auf der Station ein.

Bei der Begrüßung erhält Commander Sinclair eine Nachricht: es gibt ein Problem am Hyperraumsprungtor. Ein beschädigtes Schiff verlässt nun das Sprungtor und befindet sich auf Kollisionskurs mit der Station. Sinclair fliegt mit einem Starfury los und kann das Schiff in letzter Sekunde bergen.

Der bewusstlose Pilot wird ins Medlab gebracht. Er gehört zu einer den Menschen unbekannten Rasse, und so bietet Minbari-Botschafterin Delenn ihre Hilfe an, da sie schon viele Rassen gesehen habe.

Als Delenn erkennt, dass es sich um einen Seelenjäger handelt, eine Spezies, die die Seelen von Verstorbenen einsammeln, rastet sie völlig aus. Dieses Wesen, macht sie eindringlich klar, müsse auf der Stelle von der Station geschafft werden, bevor jemand den Tod fände.

Als der Seelenjäger erwacht, versucht er Franklin zu erklären, dass die Seelenjäger keine Diebe seien sondern die Seelen der Großen zum Wohle aller bewahren. Sinclair bemerkt, dass der Seelenjäger großes Interesse an den Minbari zu haben scheine. Der Seelenjäger erklärt ihm, dass vor Jahren, als einer der großen Führer der Minbari im Sterben lag, die Minbari einen "Wall aus Körpern" bildeten, um ihn abzuhalten, sie hätten die Seele ihres Anführers um jeden Preis verteidigt. Sein Tod sei ein verschwendeter Tod gewesen, da seine Gedanken und Träume für immer verloren gingen.

Sinclair, der bemerkt, dass die Außerirdischen Angst haben, beschließt, den Seelenjäger solange unter Bewachung zu halten, bis er sich erholt hat und sein Schiff repariert ist, damit er die Station verlassen kann.

Delenn spricht nun noch einmal mit dem Seelenjäger. Sie erfährt von ihm, dass "seine Kinder" in Sicherheit seien, versichert ihm aber, sie werde sie finden und befreien. Nun erkennt er in Delenn eine der Minbari, die die Seele des Anführers verteidigt hatten. Er weiß, dass man sie Satai Delenn nannte und fragt, was ein Mitglied des Grauen Rates auf einem Botschafterposten verloren hat. Delenn verlässt daraufhin verstört das Medlab.

Der Seelenjäger kann vermittels eines Tricks aus dem Isolab entkommen und sucht n’Grath, den Boss der Unterwelt auf, um sich einen Plan von der Station zu besorgen.

Für alle, die mehr wissen möchten, steht eine ausführliche Inhaltsangabe bereit.

Kritik

von Christian Siegel. Im Prinzip hat ein "Mystery"-Autor (in Ermangelung eines besseren Begriffes will ich es mal so ausdrücken) 2 Möglichkeiten, um die Zuschauer an den Bildschirm zu fesseln. Entweder er bedroht einen oder gar mehrere Figuren, oder er baut ein interessantes Rätsel auf, für dessen Lösung sich der geneigte Seher interessiert. In "Der Seelenjäger" hat JMS diese beiden Ansätze miteinander kombiniert. Um den Zuschauer gleich von Anfang an zu packen und seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, beginnt JMS die 2. reguläre Folge der Serie, eher untypisch, mit einer spannenden Situation. Versteht mich jetzt nicht falsch, damit will ich natürlich NICHT andeuten, dass JMS gleich zu Beginn die Station und damit alle an Bord befindlichen Lebewesen in Gefahr bringt, ist doch das kleine Schiffchen des Seelenjägers für Babylon 5 nicht im geringsten eine Bedrohung. Jedoch stellt sich die Frage, ob es Sinclair rechtzeitig gelingen wird, das Schiff zu bergen. Hier übertreibt es JMS zugegebenermaßen dann auch ein wenig - gelingt Sinclair die Rettung doch praktisch in letzter Sekunde.

Nachdem das Schiff geborgen und das fremde Wesen auf die Krankenstation gebracht wurde, konzentriert sich JMS auf das Mysterium rund um den seltsamen Besucher, der insbesondere die außerirdischen Rassen auf Babylon 5 in helle Aufregung versetzt. Trotzdem wird selbst bei diesen Teilen der Handlung nicht völlig darauf vergessen, ein ständiges Gefühl der Bedrohung aufrecht zu erhalten. So stellt sich, nachdem Delenn Sinclair über die Hintergründe bezüglich des fremden Besuchers aufgeklärt hat, die Frage: Hinter wem ist der Seelenjäger her? Als dieser schließlich in einer sehr klischeehaft wirkenden Szene aus dem Medlab ausbricht (wobei man den Machern zu gute halten muss, dass sie alles getan haben, um diese Szene nicht zu standardmäßig wirken zu lassen - so bewegt sich der Seelenjäger wirklich außerordentlich schnell, und der Sicherheitsbeamte verständigt bevor er sich auf den scheinbar bewusstlosen Fremden zubewegt die Sicherheitszentrale) und Delenn entführt, treten die philosophischen Fragen eher in den Hintergrund.

Es ist dieser Teil der Folge, der doch irgendwie unoriginell erscheint und dem es nicht gelingt, so richtig zu packen - ist doch dem Zuschauer völlig klar, dass Delenn überleben wird. Allerdings muss man JMS zu gute halten, dass er sich nicht rein auf die Bedrohung für Delenn konzentriert, sondern auch die zuvor aufgeworfenen Fragen rund um den Seelenjäger nie ganz außer acht lässt. Am Ende wird dann schließlich auch der rote Faden rund um Sinclairs Lücke im Gedächtnis gekonnt weitergesponnen. Es sind eben diese kurzen Elemente wie die Offenbarung rund um "Satai" Delenn bzw. die Verwunderung vom Seelenjäger (siehe Original-Zitat), die den Zuschauer daran erinnern, dass diese Folge nur Teil einer viel größeren Handlung ist, die zwar in der 1. Staffel noch eher im Hintergrund verläuft, aber trotzdem fast ständig weitergesponnen wird. Damit wird das Interesse des Zuschauers aufrecht erhalten bzw. gesteigert - und eben dies ist die große Stärke von Babylon 5, mit der sich diese Serie von der Konkurrenz abhebt...

Wenn auch die Bedrohung rund um Delenn einen größeren Teil der Folge ausmacht, wirkt dieses Stilmittel doch ein wenig unoriginell und kann nicht gänzlich überzeugen. Stattdessen ist es das Mysterium rund um den Seelenjäger, das wirklich interessant ist und den Zuschauer zu faszinieren vermag. Die Folge wirft einige nette philosophische Fragen auf, wobei vor allem interessant ist, dass fast jeder die Geschehnisse bzw. generell das Rätsel rund um den Seelenjäger anders interpretiert. Doktor Franklin glaubt an derartig phantastisches nicht und zieht eine rein wissenschaftliche Erklärung vor, während Sinclair die Möglichkeit, dass der Seelenjäger die Wahrheit sagt, zumindest in Betracht zu ziehen scheint.

Interessant auch die Einblicke in den minbarischen Glauben - und wie eklatant sich diese Ansichten von jeden der Seelenjäger unterscheiden. So sind die Minbari davon überzeugt, dass die Seelen aller Verstorbenen in eine Art Nirvana reisen, wo sie darauf warten, wiedergeboren zu werden. Eben deshalb sehen sie auch die Taten der Seelenjäger als Verbrechen an, werden die Seelen von ihnen doch quasi gestohlen, wodurch sich die Anzahl der "vorhandenen" Seelen laufend reduziert. Die Seelenjäger wiederum halten diese Ansicht der Minbari für dummen Aberglauben. Es gibt kein Leben nach dem Tod und auch keine Wiedergeburt. Wird eine Seele nicht direkt im Zeitpunkt des Todes eingefangen, geht sie unwiederbringlich verloren. Die Seelenjäger sehen sich also in keinster Weise als Diebe, sondern als Retter.

Was an dieser Folge nun besonders hervorsticht, ist die Tatsache, dass die aufgeworfenen philosophischen Fragen nicht beantwortet werden. Welche der Ansichten rund um Seelen letztendlich stimmt wird ebenso wenig geklärt wird die Frage, was es mit der Maschine des Seelenjägers nun wirklich auf sich hat. Eben dies ist meines Erachtens eine weitere große Stärke von Babylon 5 im Vergleich zu anderen Science Fiction-Serien und insbesondere natürlich Star Trek: JMS fühlt sich nicht verpflichtet, alle Mysterien bis ins letzte Detail aufzuklären und klare Antworten auf die aufgeworfenen Fragen zu geben. Vielmehr bleibt es dem Zuschauer überlassen, wie er die Ereignisse aus dieser Episode interpretiert. Gibt es Seelen tatsächlich, und haben die Seelenjäger die Möglichkeit, diese einzufangen? Handelt es sich so wie Doktor Franklin sagt nur um Kopien der Gedankemuster eines Lebewesens? Ist vielleicht alles nur Humbug? Diese Frage zu beantworten obliegt allein dem Zuschauer, und eben das ist das Schöne an Babylon 5: Mysterien dürfen Mysterien bleiben...

Warum die Folge trotzdem nicht ganz zu den Besten zählt, ist leicht erklärt: Ja, die Idee ist sehr gelungen, aber was die Ausführung betrifft, ist einfach anzumerken, dass Babylon 5 den richtigen Rhythmus und Ton noch nicht 100%ig gefunden hat. Trotz dem interessanten Mysterium und später dann auch der Bedrohung für Delenn gelingt es der Folge nicht ganz, den Zuschauer richtiggehend zu fesseln und zu faszinieren. Dennoch ist "Der Seelenjäger" eine grundsolide Folge mit interessanten Ansätzen, die ordentliche Unterhaltung bietet.

Fazit: Eine gute Folge mit interessanten philosophischen Ansätzen, welche die aufgeworfenen Fragen nicht beantwortet, sondern dies dem Zuschauer überlässt. Auch der Handlungsbogen wird dank der Information rund um Delenn weitergesponnen. Insgesamt fehlt es der Episode aber doch etwas an Spannung und Dramatik...

Hintergründe

In dieser Folge wird die Cast durch die Vorstellung von Dr. Franklin komplettiert und es gibt einen kurzen Hinweis darauf, was mit seinem Vorgänger aus dem Pilotfilm, Dr. Kyle, geschehen ist.

Insbesondere für den Charakter von Delenn ist diese Folge zentral, denn dieser erhält hier gleich eine ganze Portion Tiefe. Mira Furlan fand in dieser Folge besonderen Gefallen an ihrem Charakter: "Was mir an meiner Rolle besonders gefällt, ist, dass ich sowohl Härte als auch Sanftmut zeigen konnte."

Die Thematik der Seelenjäger wird in dem Film "The River Of Souls (Der Fluss der Seelen) nochmals ausführlich thematisiert.

Notizen am Rande...

Es gab zu dieser Folge eine frühere, andere Drehbuchversion. Joe Straczynski: "Es gab eine frühere Version des Drehbuchs, die ziemlich anders war als die, die letztlich produziert wurde. Ich denke, "Soul Hunter" war die erste oder zweite Episode, die ich schrieb. Als ich sie fertig hatte und verteilt hatte, habe ich sie mir nochmal angesehen und gedacht 'Das ist Mist.' und habe alle Kopien zurückgerufen und ein Memo versandt, in dem ich schrieb, dass ich vorübergehend von einem Idioten in Besitz genommen worden sei."

Besonders Mira Furlan war von Gaststar W. Morgan Sheppard in der Rolle des Seelenjägers angetan. "Ich denke, er ist einfach großartig. Er hat eine große Theatervergangenheit, die mich an meine eigene Vergangenheit in Jugoslawien erinnerte, all die Geschichten, die Theatergeschichten, die alten Schauspieler. Es war, als ob ich wieder zum Theater zurückgeworfen worden wäre, diese besondere Art zu spielen. Es war auch ein wenig europäisches Flair da und wir hatten eine gute Zeit bei der Zusammenarbeit."

Die Review wurde mit freundlicher Genehmigung von Christian Siegel - Review Center übernommen.

Regie:
Jim Johnston
Drehbuch:
J. Michael Straczynski

Hauptdarsteller:
Michael O'Hare (Cmdr. Jeffrey Sinclair)
Claudia Christian (Lt. Comdr. S. Ivanova)
Jerry Doyle (Michael Garibaldi)
Mira Furlan (Delenn)
Richard Biggs (Dr. Stephen Franklin)
Andrea Thompson (Talia Winters)
Stephen Furst (Vir Cotto)
Andreas Katsulas (G'Kar)
Peter Jurasik (Londo Mollari)

Gaststars:
W. Morgan Sheppard (Seelenjäger)
John Snyder (zweiter Seelenjäger)
Toni Attell (Med. Tech.)
Jim Bentley (Mann)
Mark Conley (Techniker)
Marianne Robertson (Technikerin)
David D. Darling (Wache 1)
Ted W. Henning (Wache 2)