Das Haus Zamis 46 "Der Sturm der schwarzen Seelen"

Uwe Voehl, Logan Dee, Michael Marcus Thurner

Logan Dee und Michael Marcus Thurner präsentieren zwei weitere Episoden der USA Tour der drei schönen, wie übernatürlich begabten Frauen. Im Hintergrund spinnt Uwe Voehl mit dem Erscheinen von Dorian Hunters Schwester einen neuen Handlungsarm. Bislang wird ihre Suche nach Coco Zamis eher ambivalent in die Handlung eingebaut und ihre Begegnung mit dem das Zamis Stammhaus in Wien hütenden  Georg erinnert die Leser daran, dass die Wurzeln dieser Sippe in der alten Welt liegen.

In den beiden eher locker miteinander verbundenen Episoden  leider sehr unterschiedlicher Qualität besuchen Coco Zamis, die Vampirin Rebecca und ihre Tante einmal die Provinz in Form einer Geisterstadt und dann in New York indirekt die Spiegelwelt. Dabei hat es Logan Dee mit ihrem Part vielleicht sogar einfacher. Dank der Rückblicke etabliert sie eine seltsame Familie, die sich mit ihrer dämonischen Herkunft in dem kleinen Ort festbeißt und das örtliche Kino übernimmt. Die Dunkelheit der Kinosäle, das Geheimnisvolle verschollener Filme haben schon immer den literarischen Horror fasziniert. Sowohl Ramsey Campbell als auch Theodore Roszak in „Flicker“ haben exemplarische Meisterwerke geschrieben. In dieser Hinsicht schöpft Logan Dee das Potential dieser Idee sowohl in der Vergangenheit als auch der Gegenwart mit der Ankunft der drei Hexen nicht gänzlich zufriedenstellend aus. Mancher Leser hätte vielleicht noch mehr über den angeblich verschollenen Klassiker „The Tempest“ aus dem Jahr 1937 erfahren. Oder handelt es sich vielleicht um eine im Geiste von Vater der Dämonenfamilie erschaffene Illusion, um Seelen einzufangen. Diese Idee wird im Verlaufe des Plots angedeutet und hätte ein wenig stimmungsvoller beschrieben werden können. 

Auch wirkt die Prämisse, dass nur noch zwei Seelen fehlen, stark konstruiert und zu oft gelesen. So nahe am Ziel können die Bösen nur scheitern. Auf der anderen Seite hat Logan Dee mit dieser besonderen dämonischen Familie aber auch dreidimensionale, skurrile Charaktere erschaffen, denen der Leser gerne folgt. Miranda als Tochter ist dabei noch am zugänglichsten. Ein wenig erinnert sie anfänglich an eine unerfahrene Coco Zamis, allerdings wird sie für ihre Liebe und Naivität entsprechend bestraft. Es obliegt ihr schließlich, indirekt dem Urdämon zu trotzen. Auch die Mischung aus Westernatmosphäre in den beiden sich spiegelnden kleinen Städten – eine Idee mit sehr viel Potential, das nur bedingt gehoben wird – und Brutalität – die Folterszene – funktioniert vor allem in der ersten Hälfte dieser Geschichte sehr gut. Der außergewöhnliche Seelensturm, der die Reisegruppe von ihrem Weg nach Las Vegas abbringt, passt dazu. In den verschiedenen in der Vergangenheit spielenden Episoden wird der Leser auf die entsprechende Konfrontation eingestimmt, so dass sich trotz einiger kleineren Ecken und Kanten ein stimmiges sehr zufriedenstellendes Bild ergibt. Vor allem schaltet Logan Dee sehr geschickt Rebeccas Fledermausarmee nach einer dramaturgisch sehr guten Szene mit zwei lokalen wie arroganten Polizisten aus, so dass die Frauen auch wirklich auf sich selbst angewiesen sind.

Die Reise nach New York wird von Elivaras Ex- Mann in die Wege geleitet. Seine Existenz ist für die beiden Elvira begleitenden Damen eher eine Überraschung. Begleitet werden die Abenteuer mit der „Geburt“  Asama Das, einem sehr mächtigen Dämonen. Hier greift Michael Marcus Thurner als Autor des zweiten Teils in die Vollen und erzeugt eine perverse Atmosphäre, die mit der Mischung der fiktiven Mythen des alten Ägyptens faszinierend und verstörend zu gleich ist. Auch die Spiegeldämonen sind solide geschrieben worden, aber inhaltlich folgt Michael Marcus Thurner zu sehr den alten Handlungsmustern.

Unabhängig voneinander geschrieben und wahrscheinlich auch gesondert veröffentlicht hätten die beiden hier zusammengefassten Episoden deutlich effektiver gewirkt. Auch wenn die Orte verschiedener nicht sein könnten, vermischen sich die einzelnen Plotelemente und wiederholen sich nicht im Detail, sondern im Groben sehr stark. Die Serie „Das Haus Zamis“ bzw. „Coco Zamis“ hat in der inzwischen langen Vergangenheit immer am Besten funktioniert, wenn die einzelnen Zyklen langsamer und durchaus über mehrere Taschenbücher entwickelt worden sind. Immer wenn die Struktur des Handlungsvorlaufes bildlich gesprochen kürzer geworden ist und vor allem sich der Plot sogar nur auf einzelne Teilabschnitte in einem Taschenbuch konzentrierte, dann fehlte den Autoren der Raum. Zumindest vergisst Uwe Voehl keine guten Ideen und greift im Laufe der Serie immer wieder gerne mal auf einige übernatürliche Antagonisten zurück, denen vor allem die im Mittelpunkt stehende Coco Zamis auf ihren inzwischen mehrfach den Globus umrundeten Reisen begegnet ist. Thurner setzt mehr auf Action als Logan Dee, die vor allem eine nihilistische Atmosphäre zeichnet. Auf der anderen Seite hat Thurner auch durch die bessere Verbindung von sehr weit zurückliegender Vergangenheit und der Gegenwart mehr Möglichkeit, das Tempo nicht nur zu variieren, sondern dank des potentiellen Opfers in Form des bislang nicht in Erscheinung getretenen ehemaligen Liebhabers auch Verluste auf Seiten der Guten in Erwägung zu ziehen. Michael Marcus Thurner agiert aber ein wenig hektisch und der Handlungsfluss wirkt tempotechnisch zu sehr auf die Spitze getrieben, so dass im direkten Vergleich Logan Dees Teilroman der Lesenswertere ist.

Das Titelbild fasst eindrucksvoll die stärksten Szenen des ganzen Romans sehr gut zusammen. Als Roadmovie mit Horroreinschlag lesen sich die beiden Abenteuer immer noch gut und unterhaltsam. Vielleicht fehlt den Damen an einigen Stellen der zynische Humor, der eine so außergewöhnliche Reise auch überlebenswert macht. Den Plots geschuldet häufen sich die übernatürlichen Begegnungen und vielleicht hätte ein ganz aus der Reihe gefallener Band dieser Expedition in das Dunkle der USA auch gut getan. Mit den Andeutungen um Georg Zamis und seine von Dorian Hunters initiierte Suche nach der jungen Hexe baut sich wie angedeutet wieder ein längerer Handlungsarm auf, die wahrscheinlich noch mehr die Stärken der Serie herausarbeiten. Als kleinen Snack zwischendurch reichen aber die beiden hier leider eher rudimentär verbundenen Episoden. Zusätzlich ist es schade, dass die Hexen nicht das Spielerparadies Las Vegas erreicht haben. Hier böte sich mit ihren Fähigkeiten sowie ihrer Attraktivität eine Spielwiese, die in der Serie ihres Gleichen gesucht hätte. Aber was nicht ist, kann noch werden.   

www.zaubermond.de

Taschenbuch, 210 Seiten

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