Das Haus Zamis 47 "Die Todesuhr"

Michael M. Thurner & Logan Dee

Mit dem neuen Abenteuer „Die Todesuhr“ kehrt die Geschichte um die junge Hexe Cocom Zamis aus den USA wieder zu ihren Wurzeln in Wien zurück. Michael M. Thurner hat den Band zusammen mit Logan Dee geschrieben. Auch wenn Malte S. Sembten schmerzlich vermisst wird und seine Lücke als meistens die stärkere Hälfte des „Coco Zamis“ Autorenduos nicht so leicht zu ersetzen ist, lebt der Österreicher natürlich bei den Geschichten auf, die in seiner Hauptstadt spielen. In diesem Band noch impliziert, im folgenden Doppelroman noch weiter erläutert ist es kein Zufall, dass Coco Zamis das „Cafe Zamis“ betreibt. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Dämonencafe in Wien betrieben worden ist. Die Hinweise auf die lange dunkle Tradition dieser Häuser erwecken ohne Frage das Interesse der Leser und könnten als Sprungbrett für einen eigenständigen Handlungsbogen innerhalb der Serie dienen. Nicht umsonst ragt auch heute noch die moderne Geschichte der Zamis Familie aus der inzwischen sehr umfangreichen, sich wieder ein wenig mehr Dorian Hunters Figuren zu neigenden Serie heraus. Immer wieder betonen die Autoren, welche eigenständigen Regeln die junge Hexe in ihrem Haus etabliert hat.

Im ersten Teilroman „Acedia“ wird Coco Zamis von einer der sieben Todsünden besucht und später buchstäblich heimgesucht. Mit bissiger Ironie hat Uwe Voehl mit einem echten Finanzhai – mehr Hai als Finanzen – einen weiteren bizarren, aber sehr dreidimensionalen Charakter erschaffen, der als uralter Meeresdämon sich ebenfalls auf die Spur Cocos setzt. Hinzu kommt als fortlaufender Faden das Problem mit ihrer Schwester Lydia, welche rapide altert. Coco Zamis erkennt sie kaum wieder. Viel interessanter ist, dass mit Acedia ausgerechnet die Todsünde der Trägheit sich ihres geliebten Cafes bemächtigt hat. Thurner hat einige spezielle Seitenhiebe während der Extrapolation dieses neuen Teilzyklus in seinem schriftstellerischen Köcher. Wie schön ihr Cafe schon in die im Hintergrund ablaufende Handlung eingebaut worden ist, zeigen die ersten Szenen, in denen Coco Zamis fassungslos ihrem Kleinod gegenübersteht.     

Michael M. Thurner hat in diesem Doppelband die dankbare „einfache“ Aufgabe, das Szenario wieder zu etablieren. Coco Zamis steht immer noch im Konflikt mit ihrer Familie, allerdings deutet sich nicht zum ersten und wahrscheinlich auch nicht zum  letzten Mal an, dass sie diese vor zwei konträren „Flüchen“ quasi retten muss. Während ihr Bruder Georg immer jünger wird, altert ihre Schwester wie eingangs erwähnt kontinuierlich. Beide Autoren haben ihren Spaß, die mehr oder weniger bekannten Figuren exzentrisch agieren zu lassen, obwohl gerade die zugrundeliegenden Bedrohungen nicht sonderlich originell oder gar spannend sind. Immer wieder sind die Kernmitglieder der Familie Zamis nicht selten in letzter Sekunde durch Cocos beherztes aufopferungsvolles Eingreifen; die alten Liebschaften ihrer Mutter oder wie hier durch einen hinterhältigen Vertrag, in welchem immer das Kleingedruckte zuerst gelesen werden sollte, gerettet worden. Thurner bereitet mit seinen bizarren, aber lesenswerten Charakteren den Boden für die zweite Hälfte des Buches, in welchem der durchlaufende und deutlich besser als in den letzten Romanen verbundene Plot sich der „Dorian Hunter“ Serie wieder nähert. Dazu greift er neben einigen brutalen Exzessen mit einer bekannten sadistischen Grausamkeit vor allem Frauen des leichten Gewerbes gegenüber auf die stimmungsvolle wie morbide Atmosphäre der Praterstadt zurück. Immer für einen unauffällig in die laufende Handlung eingebauten geschichtlichen Exkurs gut überzeugen diese Szenen deutlich mehr als einige der in den USA spielenden Sequenzen der letzten Bände, in denen sich die Autoren deutlich schwerer taten, bis auf das Dakota Gebäude wirklich eine bedrohlich erdrückende Atmosphäre zu erschaffen. 

Logan Dee gibt sich Mühe, die im Titel angesprochene Idee der Lebensuhren beginnend mit der Uhrmacherin im Auftrag der bislang ominösen Mother Goose spannend und effektiv zu beschreiben. Nur will der Plot nicht mehr richtig in Fahrt kommen. Das hängt auch mit dem ambivalenten Ende zusammen, in dem Coco Zamis zur Rettung ihrer Familie einen Kontrakt unterschreibt. Der zweiten Hälfte des Romans fehlt die notwendige Dynamik und die grundsätzliche Bedrohung fällt vor allem im direkten Vergleich zu früheren, in Wien spielenden Episoden wenig überzeugend aus.  Ein Familienoberhaupt in Windeln erscheint nicht nur den Gegnern gegenüber lächerlich, während Lydia mehr und mehr zu einer greisen Nervensäge wird. Es ist schade, dass die Autoren diese „Bedrohung“ literarisch nicht wirklich in den Griff bekommen. So bleiben die brutalen Exzesse der Dämonen deutlich mehr im Gedächtnis als diese wahrscheinlich kurzzeitigen körperlichen Beeinträchtigungen. Insbesondere in einem direkten Zusammenhang mit dem Potential des „Cafe Zamis“ und dem Hintergrund des historischen Wiens hätte man sich eine bessere Handlungsführung gewünscht. In dieser Hinsicht ist „Die Todesuhr“ leider einer der schwächsten „Coco Zamis“ Romane der letzten Jahre.  

Die Uhrmacherin ist eine Figur aus der parallel laufenden „Dorian Hunter“ Serie. Trotzdem sind die beiden Zyklen gut unabhängig voneinander zu lesen. Es stellt sich natürlich unwillkürlich die Frage, ob eine derartige Art von Verbindung wirklich sein muss, da zu viele Fragen bei Lesern beider Serien offenbleiben. Es gibt zwischen den beiden Serien in Bezug auf einzelne Protagonisten kleinere Unterschiede. Diese Vorgehensweise ist auch opportun, da „Coco Zamis“ und „Dorian Hunter“ ja eigenständig bleiben sollen. Man tut sich auch keinen Gefallen, diese Diskrepanzen extra hervorzuheben. Es sind vor allem die Antagonisten, die überzeugen. Dabei wirkt die Uhrmacherin eher wie eine Gehilfin, deren Aufgabe mit der Übergabe der Lebensuhren scheinbar erfüllt wird. Mother Goose ist bislang schwer zu charakterisieren, da dem Buch in dieser Hinsicht noch eine zufriedenstellende Auseinandersetzung fehlt.

Zusammengefasst ist „Die Todesuhr“ aufgrund der angesprochenen Schwächen eher eine solide Unterhaltung, ein Zwischenschritt in diesem neuen Teilzyklus, der über noch nicht gehobenes Potential verfügt, während vor allem der Wiener Hintergrund sehr gut weiter von dem auch stilistisch überzeugenden Michael M. Thurner weiter ausgebaut wird.

 

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Taschenbuch, 210 Seiten

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