Perry Rhodan Fanedition 17 "Die letzte Säule"

Perry Rhodan Fan Edition Band 17, Die letzte Säule, Titelbild
Wolfgang Morgenstern

Nach „Mein Freund Perry“ siedelt Wolfgang Morgenstern als zweiter Autor der “Perry Rhodan  Fan Edition“ seine Geschichte außerhalb des klassischen Universums an und zieht Parallelen zwischen dem „Leben“ eines Autoren und seinen zahlreichen Schöpfungen.

Nach mehreren Kurzgeschichten handelt es sich bei „Die letzte Säule“ um die erste längere semiprofessionell veröffentlichte Arbeit des 1968 in Bochum geborenen Wolfgang Morgenstern. Nach verschiedenen Studien lebt er seit fast zwanzig Jahren inzwischen in Belgien.

Um auf den Roman zurückzukommen. Vor vielen Jahren hat im „Star Trek“ Universum John M. Ford mit „Was kostet dieser Planet?“ den Versuch gestartet, die klassischen Figuren um Kirk, Spock und vor allem auch Pille in eine Screw Ball Komödienhandlung einzubauen. Dabei hat der Autor als Ziel vorgegeben, die zugrunde liegenden Manierismen der Charaktere in einen irrwitzigen wie leider gegen Ende auch deutlich unlogisch angelegten Plot mit einem Paukenschlag als Auflösung einzubauen. Wolfgang Morgenstern versucht Vergleichbares mit Raumkapitän Guy Nelsen und seinem offensichtlich zu erkennenden Schöpfer Horst Gehrmann alias Hage Nockemann.

Bevor man auf die sich an aktuellen gegenwärtigen Ereignissen orientierende Handlung eingeht, sollte die Figur des Hage Nockemann betrachtet werden. Natürlich ist es H.G. Ewers bzw. Horst Gehrmann.

 In dieser Geschichte haben sich seine zahlreichen Figuren anscheinend nach seinem Abschied aus der „Perry Rhodan“ Serie und dem Versuch anderer Autoren, diese bizarren Charaktere aus dem Universum abzuschieben, in seinem Haus materialisiert und beginnen dort zum Leidwesen des Autoren ein Eigenleben. Die Idee ist grundlegend interessant. Leider konzentriert sich Wolfgang Morgenstern nicht nur in diesen Szenen eher auf das vordergründig „exzentrische“ Verhalten Nockemanns als das er lustige Konflikte zwischen Schöpfer und Kreaturen heraufbeschwört. Nicht selten nicht nur in diesem Spannungsbogen versucht der Autor literarisch seinen Frust gegen Europa im Allgemeinen, die Hilflosigkeit der Politik mit der Sperrspitze Martin Schulz sowie die politischen Bestrebungen des gegenwärtigen Populismus und des Protektionismus meistens mittels SPERRBUCHSTABEN dem Leser zu verdeutlichen. Dabei wirft der Autor mit Schlagworten und Parolen um sich. Sollte er es ernst meinen, dann bleibt er viel zu stark an der Oberfläche und folgt dem gegenwärtigen Trend. Sieht er diese Vorgehensweise als Teil einer Satire, dann erreicht der Autor auf diese Art und Weise sein Ziel nicht. Die Ansätze zur Übertreibung sind zwar vorhanden, sie bleiben aber oberflächlich und werden nicht in irgendeiner Art und Weise begründet extrapoliert. Vor allem im ersten Drittel des Romans agiert der Autor derartig überambitioniert mit einer gigantischen verbalen wie absolutistischen Fliegenklatsche, dass er seine Haupthandlung zu ignorieren beginnt. An keiner Stelle fügt er diese einzelnen Versatzstücke zufrieden stellend zusammen. Vor allem wenn dann auch noch Guy Nelsen ordentlich aus den Tageszeitungen zitiert und kommentiert.

An einer anderen Stelle – Seite 16 – widerspricht sich der Autor sogar. Da tippt Nockemann seine bahnbrechende Einführung in die politische Kybernetik mit einem langen unlogischen Namen sehr altmodisch an einer Schreibmaschine, während er in der nächsten Spalte erst einmal speichern muss, da man bei Computern es nie weiß. Dazu kommt der Hinweis auf den Scheißcomputer.  Wahrscheinlich handelt es sich um eine altmodische Schreibmaschine mit Speicherfunktion, die in einem Paralleluniversum als Computer verkauft wird.

Wolfgang Morgenstern hat einige Aspekte von Horst Gehrmann alias H.G. Ewers Leben sehr gut zusammengefasst. Als Figur kommt sein Alter Ego ein wenig zu bieder daher. Wie ein kleiner Beamter, der in einem weiteren Paralleluniversum davon träumt, ein berühmter Perry Rhodan Autor zu sein. Die Begegnungen mit seinen Figuren konzentrieren sich auf einige Floskeln, da deren plötzliches Erscheinen mittels einer „Deus Ex Machina“ Wendung auch nicht zufrieden stellend genug erläutert worden ist. Guy Nelsons Schwester Mabel sorgt für Ordnung, wobei sich insbesondere seine Psycho Mutanten sowohl als Zinnfiguren auf dem Regal als auch in Wirklichkeit eher peripher wie pragmatisch in Erscheinung treten.

Es bleibt bei diesen Begegnungen zwischen „Realität“ und „Fiktion“ das Gefühl im Leser zurück, als habe Wolfgang Morgenstern zu viel Respekt vor den Schöpfungen und kann sich zu wenig in diese exzentrischen bizarren und doch liebenswerten Figuren hinein denken. Daher wirken diese Exkurse auch zu sehr wie unentschlossenes Füllmaterial.

 Die Haupthandlung betrifft Guy Nelsons ungenehmigte Expedition mit der Raumzeitmaschine in ein über weite Strecken vertrautes und doch „fremdartiges“ Paralleluniversum.  Guy Nelson ist eine dieser Antiheldenfiguren, die im Kern alles verkehrt machen und trotzdem den Triumph des kleinen Mannes feiern können. Im direkten Vergleich zu dem angesprochenen bizarren Mutantenduo verlässt sich Guy Nelson auf die Bodenständigkeit seiner Schwester und den Roboterbutler. Guy Nelson funktioniert am besten als Charakter in den Tiefen des Alls, wo er mit seiner britischen Bauernschläue Mitglieder anderer Rassen beglücken kann. Mit einem Sprung durch die Raumzeitmaschine nach Gibraltar fast in die Gegenwart des Lesers nimmt Wolfgang Morgenstern dieser Figur einiges an ihrer hintergründigen Originalität und muss neue Wege suchen, um die Handlung interessant zu gestalten.

 Die Grundidee ist simpel. Die Briten sind aus der EU ausgetreten, die Spanier besetzen Gibraltar, da es ja im Kernbereich der Europäischen Union sitzt. Guy Nelson als Nachfahre Admiral Nelsons sieht seine persönliche Bestimmung, Gibraltar wieder in das britische Empire zurückzuführen. Nicht mit Gewalt, sondern dank eines exzentrischen wie subversiven Widerstands. Seine Basis ist ein Hotel, in dem sich auch einige andere überdrehte Gestrandete befinden. Der Autor nimmt sich Zeit, jeden der einzelnen Charaktere irgendwo zwischen vertrauten Klischees und überambitionierter Charakterisierung zu beschreiben.

 Das Hotel CONTINENTAL – der Autor liebt Sperrbuchstaben – als Schmelztiegel britischer Interessen wirkt formaljuristisch als Hauptquartier der Rebellen natürlich mit einem Billardzimmer inklusiv entsprechender Hausbar wie ein Fremdkörper, in dem der Geist der Revolution gefangen gesetzt worden sind.

 Die zweite Hälfte des Romans mit den einzelnen Aktionen gegen die Besatzer ist deutlich besser strukturiert als der erste Teil, Der gesamte Spannungsbogen ist weiterhin von einzelnen Episoden gekennzeichnet, die alle isoliert betrachtet sogar originell, skurril und humorvoll sind. Nur als Ganzes wirken sie bis zur Aufdeckung der eigentlichen Gegner nicht harmonisch genug. Die Gegner könnten als Politikum ausgelegt werden. Ohne Frage versucht Wolfgang Morgenstern wie in seinen politischen Exkursen in der ersten Hälfte des Romans ein Ausrufezeichen zu setzen. Alleine es reicht nicht, auf Schlagwörter zurückzugreifen. Wenn man in Form einer Satire Missstände anprangern möchte, dann sollte man dieses Mittel in Kombination mit entlarvenden Übertreibungen effektiver und vor allem geschmeidiger einsetzen. Ansonsten erreicht der Autor leider den gegenteiligen Effekt und rückt sich selbst stellvertretend durch seinen Roman in den Bereich des blanken Populismus.

 Es ist schade, dass diese starre bis belehrend angelegte Erzählstruktur der grundlegenden Handlung im Wege steht. Vielleicht hätte es Wolfgang Morgenstern geholfen, wenn er sich wegen des britischen Hintergrundes seiner Handlung – ein britischer Fels gerettet von einem echten Briten, zumindest einem Beutebriten aus der fernen Zukunft – intensiver mit den nicht unpolitischen Komödien des britischen Kinos der fünfziger Jahre intensiver beschäftigt hätte. Viele Witze schießen ins Leere. Die Anspielung auf Arsenal mit dem Querverweis auf Bayern München sowie dem Beschwichtigungsangebot mit Celtic Glasgow zeigt, dass dem Autoren in diesen Momenten das Gespür für die leiseren Zwischentöne fehlt. Wenn er schon Fußball Vergleich in die Handlung einbaut, dann sollte sich der Autor intensiver mit den einzelnen Vereinen beschäftigen und konträre Beispiele heraussuchen. Bayern München und Arsenal haben bis auf ihre internationalen Teilnahmen nichts gemeinsames, so dass Bayern als Schimpfwort in diesem Zusammenhang unzutreffend und falsch erscheint. Es gibt ausreichend Beispiele, in denen der Autor sich redlich bemüht, zu provozieren und trotzdem leider den falschen Ton trifft.

 Um auf den Handlungsbogen zurückzukommen. Es werden alle möglichen und unmöglichen Kräfte mobilisiert, wobei in diesem Punkt Wolfgang Morgenstern sogar mit den unwichtigsten Gewerkschaften genau den Ton trifft, der eine britische Satire haben muss. Diese Momente sind aber selten. Die finale Auseinandersetzung läuft relativ „schnell“ statt. Die Vorbereitung ist länger und ausführlicher als es vielleicht dieses Finale verdient hat, aber zumindest folgt der Leser dem Autoren mit weniger Bauchgrimmen auf diesem Weg und das Zusammensetzen der einzelnen Puzzleteile ist ohne Frage schlüssiger als bei einigen anderen Arbeiten der „Perry Rhodan Fanedition“.

 Zusammengefasst ist „Die letzte Säule“ eine schwierige Lektüre. Wie der inzwischen auch professionell schreibende Kollege bei „Mein Freund Perry“ hat Wolfgang Morgenstern keinen leichten Weg gewählt. Überambitioniert mit einer Idee, die auf einem Bierdeckel sehr gut funktioniert, hat sich der Autor irgendwo im politischsatirischen Niemandsland mit einem nicht gut gestimmten Klavier verlaufen. Aus dem Plot hätte man deutlich mehr machen können. Angesichts der zahlreichen originellen Vorlagen, die vor allem H.G. Ewers mit seinen Figuren erschaffen hat, hätte der Autor sogar mehr aus dieser Idee machen müssen. Wahrscheinlich wäre es sinnvoll gewesen, vor allem auf der politischen Ebene den Rotstift anzusetzen und den populistischen proklamatischen wie belehrenden Grundton zu streichen. Dabei spielt es nicht einmal eine Rolle, ob der Autor dem kleinen Mann aufs Maul geschaut hat, wie der Volksmund so gerne schreibt. Er kann es nicht effektiv für eine im Perry Rhodan Universum spielende Geschichte umsetzen und reißt den Leser viel zu oft aus der sich schließlich in der zweiten Hälfte zufrieden stellend entwickelnden Parallelwelthandlung.   

Paperback, 88 Seiten

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Titelbild: Crossvalley Smith

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