Perry Rhodan 57- Epetrans Geheimnis

Christian Montillon

Mit Christian Montillons Roman „Epetrans Geheimnis“  haben Rhodan und sein Team das Arkonsystem erreicht, um es gleich wieder zu verlassen. In erster Linie ist der vorliegende, unglaublich umständlich konzipierte und mehr als Anleihen bei einem ATLAN Abenteuer nehmende Roman der lebende Beweis, wie man einen sperrigen Plot über zwei Taschenhefte dehnt und den Lesern vor Augen hält, dass diese ganze sinnlose Expedition anscheinend viel früher hätte beendet werden können. So spielt pünktlich beim Erreichen des Arkon Systems die Bordpositronik der TIA´IR eine weitere Holobotschaft von Crest ab, in welcher der alte Arkonide erklärt, alle Antworten auf die Fragen liegen in den Arkoniden selbst. Perry Rhodan soll den Mann suchen, der die Erkenntnis auf anderen Wegen gefunden hat. Bislang war das Ziel der Expedition, die Position der Erde – auch wenn ein entschlossener Militär wie Da Treffon sie schon lange errechnet hätte – aus den Archiven Arkons zu löschen. Was dieser Exkurs jetzt soll, gehört in den kryptischen Überbau, den Frank Borsch im Grunde seit den ersten Romanen entwickelt, um die einfallslose Handlung zu dehnen; Spannung zu erzeugen und sich nicht einzugestehen, dass er keine Ahnung hat, wie er den zerstückelten Plot wieder in die Spur bekommt. Atlan ist der Meinung, dass der Extrasinn ein wichtiger Bestandteil des Rätsels ist. Iprasa ist die Welt, auf welcher inzwischen für alle Bevölkerungsschichten die Extrasinnaktivierung nach dem Bestehen dreier Prüfungen erfolgt. Nach einiger Internetrecherche finden Atlan und Rhodan heraus, dass nur ein ehemaliger Studienkollege Crests – Onat da Heskmar – gemeint sein kann, der sich nach der fehlgeschlagenen Aktivierung des Extrasinns in die Wüste zurück gezogen hat.

 

So beschließt man, in zwei Teams auf Iprasa nach dem Einsiedler zu suchen. Rhodan, Belinkhar und Chabalh wollen sich um eine Extrasinn Aktivierung bemühen. Wie unauffällig. Anscheinend hofft man, das die genetische Struktur aller Arkoniden inzwischen so vermischt/ verwischt oder nicht mehr entdeckbar ist, dass ein Terraner nicht auffällt. Hinzu kommt, dass sich alle Arkoniden unabhängig von ihrem Stand um diese Aktivierung bemühen, aber in der Prüftstation auf Iprasa herrscht alles andere als drangvolle Enge. Anscheinend darf jeder ohne Voranmeldung landen und mit den Prüfungen beginnen. Ordnung in einem hierarchischen System sieht anders aus. Passend ist Iprasa auch noch eine Welt der Extreme, die als „Welt des Feuers und des Eises“ beschrieben wird, um mögliche Ähnlichkeiten zu Vulkan von Beginn an auszuschließen. Neben den durchaus intelligenten Ureinwohnern gibt es mehr und mehr Wüstennomaden. Immerhin filtern die Arkoniden die gigantischen Pyramiden der Ureinwohner weg. Wenn sie von deren Anblick beleidigt gewesen wären, hätten sie das Institut auch wo anders bauen können, denn der ganze Roman liefert keinen Anhaltspunkt, warum ausgerechnet auf diesem abgeschiedenen Planeten das Faehrl Institut gebaut worden ist.

 

Den Hauptteil des Romans nehmen die der Prüfungen ein, wobei sich der Sinn der zweiten Prüfung – Folter bis das Gewissen ruft – angesichts der brutalen Vorgehensweise der Arkoniden anderen Völkern gegenüber nicht richtig erschließt. Auch das Rhodan trotz seines Durchfallens während der ersten Prüfung vom Kandidaten zum Helfer reduziert weiterhin Belinkhar begleiten darf. Wie schon angesprochen ist die abschließende Prüfung aus einem anderen ATLAN Abenteuer übernommen worden. Positiv könnte man von einer notwendigen Hommage und Verbindung zu der Schwesterserie sprechen. Da aber Frank Borsch und seine Autoren alles Mögliche tun, um jegliche Verbindung zu Hauptserie zu eliminieren, hat der Leser eher den Verdacht, als wollte ein Autor ein wenig Zeit gewinnen und hat auf das Mittel der „Kopie“ zurück gegriffen.

 

Es ist das zweite Mal, dass mehrere aufeinander aufbauende Prüfungen in einem „Neo“ Band verwandt worden ist. Marc A. Herren hat in „Zu den Sternen“ (Band 41) bewiesen, wie man trotz mancher Klischees diese Aufgaben spannend und interessant abhandelt. Christian Montillons Roman fehlt jegliches Leben. Vor allem erstaunen die Widersprüche. Auf der einen Seite will der Regent den Extrasinn dem ganzen Volk zur Verfügung stellen, auf der anderen Seite gab es bislang nur eine Extrasinnaktivierung pro Tag. Sollte das Institut wie impliziert wirklich die einzige Aktivierungsstation gewesen sein, dann ist es erstaunlich, wie vielen Extrasinnträgern Perry Rhodan und Atlan begegnet sind angesichts der wahrscheinlich Milliarden von Arkoniden. Eine Aktivierung pro Tag reicht nicht einmal aus, um den wichtigsten Flottenposition zu besetzen, vom Vergnügungssüchtigen Adel ganz zu schweigen. Es sind diese Ungereimtheiten und vor allem der unnötige Exkurs, dass der Regent noch eine zweite Station bauen will – warum, denn die beschriebene Anlage kann deutlich mehr Aktivierungen durchführen -, die wie falsch klingendes Füllmaterial klingen. Vom arkonidischen Alkoholiker einmal abgesehen, der entdeckt wird, weil Rhodan eine leere Schnapsflasche (!!!) findet. Das eine derartig wichtige Welt für das arkonidische Imperium nicht weiter bewacht wird, steht auf einem anderen, ungeschriebenen Blatt.

Das Archiv ist plötzlich nur ein Gerücht. Bislang konnte und musste der Leser davon ausgehen, dass sich diese Daten in einem auch dem Regenten zugänglichen Archiv befanden und deswegen Rhodan/ Crest förmlich durchgedreht sind und diese wahnwitzige und im Grunde nur in der Phantasie der Autoren funktionierende Expedition gestartet haben. Da war von Datenbanken die Rede. Sollten Frank Borsch und seine Autoren auch nur einen Hauch von „Realismus“ zurück in die Handlung bringen, sollten sie den Bogen zurück zu Arkon schlagen. Das der Regent aufgrund unbestimmter Hinweise sich auf diesem Extremplaneten auf die Suche nach einem Gerücht macht, das zufällig gefunden werden kann, während die Entdeckung der Erde aufgrund der Raumschiffaktivitäten – der Diebstahl des Prototyps -, der im Gespinst gefolterten Gefangenen – man suche eine Sonne mit acht/ neun Planeten – und dem zweiten Auftauchen der Terraner in einem einzugrenzenden Sektor sehr viel wahrscheinlicher ist und ausschließlich in Rhodans Verantwortung liegt. Aber derartige Fakten werden in der „Neo“ Serie mehr und mehr übersehen, während in der laufenden Erstauflage dank Wim Vandemaan der Bogen zurück geschlagen worden und die Handlung deutlich konzentrierter und deswegen auch in sich logischer aufgebaut worden ist. Leider kann Wim Vandemaan nicht überall zu gleich sein.

Der letzte erschreckende Punkt dieser Veränderung um der Veränderung willen ist Arkon selbst. Aus den drei Planeten sind in den letzten zehntausend Jahren – Atlan kannte die Veränderung ja nicht – vier Planeten geworden, von denen der neue „Fremdkörper“ eine um neunzig Grad gekippte Umlaufbahn hat. Das System dieser vier Welten ist so synchronisiert, dass der vierte Planet natürlich die Umlaufbahn der anderen drei nur schneidet, wenn nichts im Weg ist. Wie gut, dass Christian Montillon das ausführlich erläutert. Wer Planeten versetzen kann, kann auch Umlaufbahnen berechnen. Auf dieser „elysische Welt“ darf nur der Regent einmal während seiner Herrschaft für drei Tage landen. Ansonsten ist die Welt von einem Schutzschirm umgeben. Der augenblicklich regierende Regent hat den Planeten noch nicht betreten. Auch kein Wunder, da zumindest im letzten Roman impliziert worden ist, dass es sich um einen Maulwurf handeln könnte. In der Originalserie beherrschte der Robotregent einen der Planeten mit seiner mechanischen Fülle, der dritte Planet war die Kriegswerft. Die Funktionen der drei Planeten – nur der vierte wird unter dem irreführenden Namen „Arkon“ ausführlicher, soweit es der Schutzschirm zulässt, beschrieben – bleibt unbekannt. Vor allem hat Belinkhar die ganzen Informationen, während Atlan naiv immer noch davon ausgegangen ist, das alles in seinem Heimatsystem beim Alten geblieben ist. Dass das nicht der Fall ist, hätte er schon angesichts der letzten Abenteuer wissen müssen. Die Beschreibung des neuen Viererkomplotts passt zu vielen aufgezwungenen Veränderungen „Neos“, die mit ein wenig mehr Überlegung unnötig gewesen wären. Alleine die Idee, den Robotregenten – es sei denn, er versteckt sich unter dem Schutzschirm und wäscht jeder menschlichen Herrscherpuppe einmal in den Leben das Hirn – gegen einen Menschen und dann gegen einen potentiellen „Doppelgänger“ auszutauschen, hätte ausgereicht, um die bekannt Struktur des Arkonsystems nachhaltig zu verändern.

„Epetrans Geheimnis“ – das erfährt der Leser natürlich am Ende der einhundertsechzig Seiten kaum – ist ein mühsamer Versuch, den bislang enttäuschenden Arkonzyklus weiter zu strecken, zumal mehr und mehr die Sinnlosigkeit dieser Expedition zum Schutz der Erde sich unwiderruflich abzeichnet. Immerhin sind Rhodan und Co nach neun von zwölf Teilten (!!!) am Ziel angekommen und damit ein oder zwei Hefte/ Taschenhefte vor den ähnliche strukturierten Miniserien der letzten „Atlan“ Heftromanserie.                    

Pabel Verlag, Taschenheft, 160 Seiten

Erschienen November 2013

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