Andromeda Prequel

Michael Pfrommer & Kurt Kobler

Der bislang fünfte Teil des "Meister der Insel Extended" Zyklus ist in mehrfacher Hinsicht ein Kuriosum.  Am Ende fragen sich die neu erschaffenen Figuren, ob es erlaubt ist, in einem Perry Rhodan Universum Star Trek zu zitieren. Spätestens in dieser Sekunde sollte dem Leser am Ende eines langen Weges klar sein, dass der ursprüngliche Plan des "Meister der  Insel" Faktor XIV ad absurdem geführt  wird und die Autoren  Michael  Pfrommer sowie Kurt Kobler sich zumindest in diesem Band eine surrealistische Auszeit genommen haben. 

 Das fatalistische und provokante Ende des letzten Bandes "Andromeda Conundrum" wird erst einmal zur Seite geschoben. Stattdessen wird eifrig auch unter Einbeziehung des Faktor XIV diskutiert, ab welchem Moment der "Andromeda Backup" Plan nicht nur schief gegangen, sondern nicht mehr umsetzbar ist. Als weiterführende These hätten in diesem Augenblick die Strukturen der "Meister der Insel" aufgehört zu existieren und eine neue Führung hätte etabliert werden müssen. Eine Frage, welche die Autoren nicht nur nicht beantworten, sondern im Laufe der Handlung negieren, wenn Faktor XIV wieder auf Angriffsmodus geht und ausführlich erläutert wird, dass dieser Backup Plan nur ein kleiner Teil eines deutlich komplexeren Schemas ist, welches sogar mystische Figuren wie die Cassandra beeinhaltet.  Diese Ambivalenz ist ein wenig schwer zu  verdauen, zumal die Protagonisten sich anscheinend nicht in einem Paralleluniversum befinden, sondern quasi in ein weiteres gewechselt sein müssen,  ohne das es die Leser wirklich nachvollziehen konnten. 

 Im ersten Paralleluniversum ist  die Handlung quasi im Jahr 1975 etabliert worden. Der Duplo Perry Rhodan folgt der Spur durch Zeit und Raum, viele Ereignisse zwischen diesem Jahr und der "Meister der Insel" Handlung haben noch nicht stattgefunden. Aber Perry Rhodan ist eine reale Persönlichkeit. Plötzlich wechselt der Handlungsbogen und der Leser befindet sich in einem Universum, in dem Perry Rhodan vor  allem eine sehr populäre  Heftromanserie ist, die nicht selten von weiblichen Protagonisten wie Cheryl  Morgan gesammelt wird.  Feucht wird es an zwei Stellen. Am Ende des Romans wird die Edeleskortdame Soraya  gefragt, ob sie nackt oder in Latex aus einem Perry Rhodan vorlesen kann. An einer anderen Stelle erzählt sie, dass sie einem ihrer exklusiven Sponsoren - eigentlich will sie ja Physik studieren aber das Leben als Edelprostituierte ist inzwischen leichter und angenehmer angesichts der aufgerufenen Preise bei entsprechend hochwertiger qualitativer Gegenleistung - aus den Perry Rhodan Romanen "Amoklauf der Schläfer" (298) und "Die Mikro- Henker" (258) vorgelesen hat.  Warum Kurt  Kobler und Michael Pfrommer nicht statt "Die Mikro-  Henker" den abschließenden Band des "Meister der Insel" Zyklus als Pointe eingebaut haben,  erschließt sich dem Leser nicht. Teile ihrer Extended Serie sind anscheinend zwischen dem angesprochenen vorletzten und dem letzten Roman des "Meister der Insel" Zykluses "Am Ende der Macht" angelegt worden, so dass es nur konsequent wäre.  

 Es ist für Autoren immer eine Herausforderung, aus der realen (für  ihre Leser aber fiktiven) Handlung in die eigene Schöpfung einzusteigen und diesen Übergab glaubwürdig zu beschreiben.  Kurt Kobler und Michael Pfrommer gehen diese Wege  mit einem entsprechenden Ernst, aber ob es wirklich der Ausgangssituation dienlich ist, steht auf einem anderen Blatt.  Immerhin ging es ja tatsächlich um eine Fortsetzung  eines der beliebtesten Zyklen der ganzen Perry Rhodan Serie, der inzwischen in eine Art Comic Relief Farce mit  zahllosen  Querverbindungen abgedriftet ist.  Wer eine ernsthafte Fortsetzung erwartet hat, wird spätestens mit dem vorliegenden Buch enttäuscht. 

 Die bislang bekannten Protagonisten müssen teilweise gegen ihren Willen in neue Rollen schlüpfen. So  wird Syntha zu der angesprochenen Edelprostituierten Soraya und hat gleich bei ihrem "ersten" Auftrag mit einem arabischen Gönner leichte Probleme.  Dieser wird anscheinend nicht nur verfolgt, auch dessen Bruder ist mit seinem Umgang nicht unbedingt einverstanden.  Immer am Rande des Klischees entwickelt  sich ein Handlungsbogen, dem aufgrund der Doppelungen schwer zu folgen ist.  Jede einzelne Szene ist klar und übersichtlich in den inzwischen manchmal komplizierten, aber nicht mehr nur komplexen Plot eingepasst, aber das Gesamtbild  wirkt deutlich überambitionierter und anstatt eine Idee auszuspielen und konsequent zu Ende zu führen, erliegen Michael Pfrommer und Kurt Kobler der Verrsuchung, es  wie einer weiteren Variation ihrer Doppelungen zu versuchen.

 Faktor XIV im Körper  des Archäologen Rom Fox war  noch akzeptabel, aber Syntha alias Mirona Theton Duplo in der Rolle der Edelprostituierten  in einer Welt,  welche Perry Rhodan und demnach auch die "Meister der Insel" nur als Groschenhefte kennt, wirkt übertrieben und negiert die eigentliche Intention. Am Ende gibt es noch eine ominöse wie obligatorische Warnung aus der tiefsten  Vergangenheit, welche einige der komplexen Beziehungsstrukturen auf einen  Schlag  wieder rückgängig machen könnte, sowie einen Hinweis auf eine ultimative Waffe aus der tiefsten Vergangenheit, die in der Erstauflage erst im kommenden Zyklus "M87" aus dem Nichts heraus auftauchte.     

 Auch wenn am Ende dieser vor allem nahe der Gegenwart des Lesers spielenden Geschichte alles wieder auf eine Fortführung, wenn nicht sogar Verstärkung des Andromeda Backups hindeutet, sollte sich wie mehrfach impliziert von der Vorstellung lösen, wirklich eine ernsthafte Fortsetzung des „Meister der Insel“ Zyklus zu lesen. Dieses enge Korsett abstreifend haben die beiden Autoren aber sichtlich Spaß, mit den verschiedenen Variationen der Gegenwart zu spielen und die Leser auch ein wenig zu provozieren.

 Neben dem Brückenschlag zu der „Perry Rhodan“ Serie nutzen sie die Londoner Anschläge – inzwischen heute wie die Bomben in der Madrider U- Bahn weit in die Vergangenheit gerückt -  Al Kaidis als Hintergrund. Aber der Funke der Terroristengeschichte springt nicht wirklich über. Auch wenn Soraya sich mit einem Klienten arabischer Herkunft und dessen martialisch konservativ eingestellten Bruder immer am Rande des Klischees der intelligenten wie edlen Prostituierten auseinandersetzen muss, bleibt dieser Teil der Geschichte sehr oberflächlich. Das hohe Tempo überdeckt diese Schwächen ein wenig. 

 Auf der anderen Seite sind die Autoren endgültig  in den Bereich der Pulp Fiction positiv  eingestiegen. Auch wenn sich Rox Fox alies Faktor XIV nicht nur einmal als eine Art Indiana Jones angesehen hat, darf er in diesem fünften Teil auch in einigen Actionszenen zwar ohne Peitsche und Hut wie einer agieren.  Die Idee, die menschliche Geschichte an einem mehr oder minder neuralgischen Punkt zu verändern und damit den zukünftigen Erzfeind auszulöschen, ist nicht unbedingt neu. Ob die ausgewählte und auf dem Klappentext erwähnte Szene wirklich den entsprechenden Plänen entspricht, muss bezweifelt werden. Angesichts des riesigen Potentials der Zeitmanipulation währen andere Epochen besser und effektiver gewesen.  Von einem Back Up Plan zu sprechen, erscheint  auch vermessen, denn bislang ging es um die  Wiederherstellung der „Meister der Insel“ bei ihrer Vernichtung durch einen noch nicht zu definierenden Gegner. Keiner der bisherigen Pläne ist speziell auf eine Niederlage gegen die Menschen und ihre Verbündeten ausgerichtet gewesen. Viel mehr variiert Faktor XIV den bisherigen Plan und attackiert die Menschen wahrscheinlich in der Hoffnung und voller Arroganz, dass Perry Rhodan im Besonderen und die Menschen im Allgemeinen die einzigen Angreifer sind, welche den Meister der Insel gefährlich werden können.

 Kritisch gesprochen hätte aber auch Faktor XIV an einigen anderen kritischen Stellen des Krieges gegen die Menschen eingreifen und wie in der Originalauflage mittels einer Zeitfalle den Ablauf ändern können. Warum so weit in die Vergangenheit greifen und vielleicht nur einen mittelbaren Erfolg  erringen. Zu diesem Zeitpunkt der Erstauflage haben sich auch noch nicht wie gegenwärtig  im Science Fiction Genre die Thesen durchgesetzt, dass jegliche Veränderung in der Vergangenheit im Grunde nicht die Zukunft verändert,  sondern einen neuen Seitenarm des Zeitflusses, ein neues anderes Paralleluniversum erschafft.

 Eine Schwäche, die Perry Rhodan auch bei seiner Begegnung mit den Ur Laren durchleiden muss. Schade ist, dass Schöpfungen aus der Erstauflage wie der Sonnentransmitter Holoin erreicht und dann wieder fallen gelassen werden. 

 „Andromeda Prequel“ ist unabhängig von den angesprochenen Schwächen vielleicht der beste nur mittelbare Perry Rhodan  Fanroman dieser Miniserie. Da wird einiges bunt durcheinander gewürfelt und die Figuren sind sich ihrer Nähe zu der populären Heftromanserie durchaus bewusst. Diese Überschneiden sind manchmal humorig, manchmal wirken sie allerdings  auch konstruiert, so dass zusammenfassend eine bunte unlogische, aber irgendwie auch unterhaltsame Jagd durch Zeit und Raum übrig bleibt, an deren Ende wieder ein Cliffhanger steht, der neugierig auf den nächsten Band macht.  

Titelbild Andromeda-Prequel - (c) Roland Wolf

194 Seiten
DIN A5-Format, Softcover


Titelbild: Raimund Peter, Michael Pfrommer
TERRANISCHER CLUB EDEN - September 2016

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