Das Haus Zamis 53 "Das Galgenhaus"

Catalina Corvo & Logan Dee

„Das Galgenhaus“ beweist seit einigen Doppelbänden zum ersten Mal, das die zweite Hälfte stärker und interessanter als der jeweilige Auftakt sein kann.  Hinzu kommt der Aspekt, das vor allem durch den Verzicht auf die bekannten Charaktere und den unfreiwilligen Stabwechsel auf die nächste Generation die Bände unvorhersehbarer werden; der Kosmos wird fast widerwillig um einen weiteren Antagonisten erweitert und die bisherigen Konfliktkonstruktionen Zamis-  Asmodi werden neu definiert. 

Die erste Hälfte schließt nahtlos an das Ende des vorangegangenen Buches an. Ein Prolog macht deutlich, dass Scarabäus Toth außerhalb seiner Tätigkeit für  Asmodi und indirekt auch die zahlreichen schwarzen Familien Probleme bekommt. Das offene Ende unterstreicht, dass Toth vielleicht ein wenig zu einfach in die Enge getrieben worden ist, aus welcher  er sich nur mit einem seltsamen Vertrag „befreien“ kann.  Toth gehörte  in den bisher mehr als  fünfzig Romanen zu den ambivalenten  Eckpfeilern der Serie,  dessen ambivalente Loyalität und einhergehend eine Reihe von „Niederlagen“ irgendetwas Fundamentales  in sich trug. Die zynische Darsteller eines Rechtsverdrehers, der mindestens sein eigenes Konto immer in Sicherheit bringen konnte, wirkte wie ein Übertrag aus der Realität der Leser in dieses dämonische Wien. 

Der eigentliche Plot beginnt mit der Rückfahrt der  drei Zamis inklusiv Scarabäus Toth zur Temeschburg. Sie  konnten dort die Anschläge auf die einzelnen teilweise extrem  entfernten Verwandten beenden und die Temeschburg in Schutt und Asche legen.  Im zweiten Teil des Romans „Das Galgenhaus“ werden zu diesem Handlungsbogen noch einige weitere Informationen aus der Vergangenheit geborgen.        

Die Insassen werden im verwunschenen Hoia- Baciu Wald entführt und anscheinend der Eindruck erweckt, dass vor  allem die beiden Zamiseltern und Coco ums  Leben gekommen ist.  Eine auf den ersten Blick für eine fortlaufende Serie eher absurde  Idee, da zumindest Coco Zamis am  Leben bleiben wird. Aber Uwe Voehl,  Logan Dee und Catalina Corvo erwecken überzeugend bei den zurückgebliebenen Geschwistern Cocos diesen Eindruck, so dass sie in die Offensive gehen müssen und den Tod ihrer Verwandten rächen wollen.

Hinter der Entführung steck der Flugdämon Baal, besser auch bekannte als Beelzebub.  Das Schicksal Cocos wird ausführlich beschrieben.  Es sind auf der einen Seite sehr intensive Szenen, die aber auf der anderen Seite im Laufe der Serie leider auch sehr routiniert erscheinen. Zu oft ist diese Idee inklusiv der Täuschungen und Folter angewandt worden,  als das sie nachhaltig genug überzeugen kann. Isoliert von der restlichen Handlung wären sie wahrscheinlich besser gewesen, aber insbesondere „Das Galgenhaus“ mit dem zauderlichem Georg Zamis als neuem Oberhaupt der Familie hätten sehr viel mehr Raum verdient. 

Toth hatte ja schon vorher einen Pakt mit Baal geschlossen, der es ihm ermöglicht, zwei Familien gegeneinander auszuspielen und das Gemetzel am Ende abzuwarten, in der Hoffnung, dass die „richtige“ Partei gewinnt.  In diesem Fall wären es tatsächlich die Zamis gewesen, denen Toth nicht selten Knüppel zwischen die Beine geworfen hat. Interessant ist, das  Asmodis anscheinend keinerlei Interesse an den gegenwärtigen Konflikten hat und seinen Schiedsrichter förmlich sein Amt in mehrfacher Hinsicht missbrauchen lässt.  Toth hat ja auch das direkte Problem, dass die vor kurzem nach Wien gezogenen von Karabaczek sogar nach seinem Amt greifen wollen. 

Wie angedeutet greift „Das Galgenhaus“ vor allem auf andere Zamismitglieder zurück. Die Handlung wird zusammengehalten durch einen Geist, der seit vielen Jahren in einem der prunkvollen Häuser Wiens lebt und eine ambivalente  Haltung zu Mietern oder gar Besitzern hat.  Die Geschichte des Hauses wird in Kombination mit dem Geist im Zeitraffer zusammengefasst. Technisch gesehen ist diese zweite Handlungsebene hinsichtlich des ein wenig zu hektisch und zu gerafften Finales notwendig, aber vor allem die vorangegangenen Romane haben immer wieder bewiesen, dass „Das Haus Zamis“ eine spannende wie zeitlose Lektüre bietet, wenn Geschichte mit dämonischen Geschichten verbunden wird. Viele  Leser  werden sich an das Leben des Familienoberhaupts mit den Exkursen in den Nationalsozialismus erinnern, in denen Fakten und Fiktion eine perfekte Einheit eingegangen sind. 

Diese Tiefe erreicht die Romanhälfte nicht, da parallel ja noch die Aktionen der Zamis gegen die vermeintlichen  Mörder der eigenen Verwandtschaft beschrieben werden müssen. Dabei ist Georg Zamis in einer doppelten Klemme.  Er wird durch ein  von Toth gefälschtes Testament  zum neuen Familienoberhaupt und gleichzeitig muss er sich auf sein dämonisches Gespür verlassen, das seine beiden Eltern und die Schwester wirklich tot sind. 

Mit Lydia und Adalmar hat er zwei Verbündete, die ihm nicht unbedingt treu zur Seite stehen.  Die drei Geschwister  verbindet der Wunsch nach Rache. Im Laufe der Serie haben die Autoren unter Uwe Voehls Exposeleitung vor allem den exzentrischen Adalmar und die verführerische Lydia sehr ausführlich charakterisiert, so dass ihre Handlungen in dieser extremen Situationen nachvollziehbar sind.      

 Vor dem so historischen Hintergrund des dekadenten Wiens beschreibt die Autoren eine interessante dämonische „Mission Impossible“. Wie die entsprechenden Fallen im „Galgenhaus“ -  der  Leser ahnt es sehr schnell, wo  diese Familie  sich vor  kurzem grausam niedergelassen hat -  überwunden und während des finalen Showdowns den Besitzern zum Verhängnis werden, ist relativ zügig,  vielleicht angesichts der atmosphärisch intensiven, handlungstechnisch aber nicht so dynamischen ersten Hälfte zu kompakt  erzählt.

Positiv ist auf jeden Fall, dass aufgrund des Verzichts auf die Hauptfiguren die Handlung ausgeglichener  und teilweise auch unvorhersehbarer erscheint. Jedes dieser Zamiskinder kann ohne Frage sterben oder bei der Mission scheitern.   Es würde dem Gesamtkomplex sogar noch  mehr Tiefe geben. 

  Georg Zamis fällt es auch nicht so leicht,  mit seinen beiden Geschwüstern einen kontinuierlichen Plan zu entwerfen,  mit dem die Feinde zumindest in die Schranken gewiesen werden können. Zu unterschiedlich sind die Geschwister und zu wenig würden sie sich in der Theorie ergänzen. Dieses  potentielle Konfliktpotential wird dann allerdings im Verlaufe der Handlung auch wieder über Bord geworfen und der Fokus ist zu schnell auf der direkten Auseinandersetzung.  In der Vergangenheit haben die Autoren diese Handlungsbögen sehr viel länger, intensiver  und vor allem auch ambitionierter  ausgespielt.  Das Potential ist ohne Frage da und mit der zukünftigen Auseinandersetzung mit Baal -  immerhin hat er  Toth an seiner Seite -  stellen die Zamis nur einen Zwischenschritt hinsichtlich der Auseinandersetzung vor allem mit Asmodi da. 

„Das Galgenhaus“ ist unabhängig von den angesprochenen Schwächen ein ausgesprochen überzeugender Roman um „Das Haus Zamis“, der die Agatha Christie Handlung aus dem letzten ein wenig zu stark konstruierten Band aufteilt und vor allem in der zweiten Hälfte an Stärke gewinnt,  während wie eingangs erwähnt der Paukenschlag  in einer derartig fortlaufenden Serie  nur bedingt überzeugt und die Gefahr bürgt, sich rückwirkend als eine Art MacGuffin herauszustellen, welcher die Aufmerksamkeit der Leser  ohne nachhaltige  Konsequenzen einfangen soll.  Und dann wäre dieses Pulver unnütz verschossen worden.    

 

www.zaubermond.de

Taschenbuch, 202 Seiten

Das Haus Zamis 53 - Das Galgenhaus von [Dee, Logan, Corvo, Catalina]

Kategorie: