Das Haus Zamis 54"Beelzebub"

Simon Borner & Logan Dee

„Beelzebub“ schließt den unmittelbaren Handlungsbogen um die verschwundene Coco  Zamis sowie ihre Eltern mittelbar ab.  Zwar bleibt der  Konflikt als größeres Szenario angelegt inklusiv eines entsprechenden Cliffhangers bestehen und könnte noch ausgebaut werden, aber die Idee der drei toten Hauptprotagonisten und die Verlagerung  der Verantwortung auf vor  allem Georg Zamis wird viel zu schnell und leider stellenweise zu oberflächlich abgehandelt. 

Georg Zamis hat auf der einen Seite ein Respektproblem. Die verschiedenen Sippen Wiens scheinen ihm die Gefolgschaft zu verweigern, auch wenn es anscheinend keine Alternativen gibt.  In den vielen „Dorian Hunter“ und „Coco Zamis“ Jahren sollten diese Familien gelernt haben, das unter den ganzen Dämonen die Zamis nicht zuletzt aufgrund des Einfluss von Coco wahrscheinlich noch am Zugänglichsten sind. Auf der anderen Seite ignorieren die Autoren diese Flanke und machen aus dem Unmut der Dämonensippen dann zu wenig. 

Der Bogen wird überspannt, als Toth mit einem weiteren Vertrag erscheint. Angeblich hat Michael Zamis die Familienvilla nur wenige Wochen vor seinem Verschwinden an Baalthasar Zebub veräußert. Geld  ist noch nicht geflossen, soll aber jetzt laut Toth unterwegs sein.  Damit wird endgültig das  Misstrauen von Georg Zamis geweckt und vor allem gibt es selbst in Österreich Grundbücher.  So einfach wie die Autoren geht es nun einmal nicht. 

Wahrscheinlich brauchen die Autoren diese Wendung, um den zurückgebliebenen Zamis eine Spur  hinsichtlich ihrer verschwundenen Verwandten zu schenken. Anders lässt sich  diese  Oberflächlichkeit  leider nicht erklären.     

Simon Borner kommt in seinen Teilroman gar nicht rein.  In „Das Galgenhaus“ haben Georg, Lydia und Adalmar mehrfach bewiesen, dass sie trotz oder vielleicht sogar wegen ihrer unterschiedlichen Charakterzüge gut zusammenarbeiten und gemeinsam Ziele erreichen können.  In diesem Teilroman sollen die drei angeblich von den im Schatten operierenden Antagonisten vor sich her getrieben werden.  Statt zu Agieren ist Reagieren angesagt. Das Tempo des Romans ist hoch, aber wichtige Ideen werden wie das Grundbuch eher oberflächlich behandelt  oder die sich abwendenden Sippen erscheinen wie Schlagwörter, auf welche keine nachhaltigen Taten folgen. 

Einige andere  Serienautoren  können derartige inhaltliche Schwächen durch Exkursionen in das historische und atmosphärisch dunkle Wien ausgleichen.  Simon Borner verzichtet darauf und auch die perversen brutalen Szenen dominieren nicht die  Handlung. Einen echten Spannungsbogen kann der Autor nicht aufbauen und angesichts der unverbrauchten „Nebenfiguren“ verschenkt er wahrscheinlich auch der eher unglücklichen Plotführung  geschuldet viel zu viel Potential.

Interessant ist, dass Logan Dee dann drei weitere Nebenfiguren in die laufende Handlung einbaut.  Die Idee einer vielleicht auch ein wenig ironisch verklärten „Spiegelung“ von Ereignissen wird gänzlich verschenkt, obwohl die drei Stammgäste aus Coco Zamis Wiener Kaffeehaus sehr viel weiter kommen als die drei Zamis Geschwister.  Auch wenn es vielleicht nach mehr als  fünfzig Romanen absurd erscheint, „Beelzebub“ hätte ein Autor schreiben müssen.  Entweder Uwe Voehl selbst  oder Michael Marcus Thurner, welcher  vor  allem die in Wien spielenden Szenen mit seinem heimatlichen Gespür besser hätte ausmalen können. 

Hier laufen die verschiedenen Handlungsebenen parallel und leider quasi unberührt voneinander ab.  Sehr viel Potential wird verschenkt, weil Simon Borner und Logan Dee das Gespür für die Details,  für die kleinen Irritationen des dämonischen Lebens fehlt.

Wie erwähnt schaffen es die drei besonderen Stammgäste in die Nähe der Gefangenen.  In dem Dorf werden die drei Gefangenen natürlich gefoltert und auch beeinflusst. Die geistige  Manipulation wirkt ein wenig bemüht,  da sie im Grunde ziellos ist.  Baal  als Herr über die Fliegen und allerlei Getier ist immer gut  für  eine Reihe von unangenehmen Schockszenen. 

Aber wie die  Leser oder die Zamis  können anscheinend die Autoren  diesen neuen Antagonisten noch nicht  einordnen.  Auf der einen Seite scheint er so  mächtig zu sein, dass er  Asmodi gefährden könnte.  Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von Fehlern wie mit dem Hausverkauf,  welche die Gegner auf die entsprechenden Spuren bringen. Es wäre nachvollziehbar, wenn diese „Fehler“  vielleicht Teil eines komplexeren Plans wären, aber das im Vergleich zum letzten Doppelband noch hektischere Ende zeigt nichts in diese Richtung.    

Vor allem weil Baal bis auf einige wenige Szenen auch keinen echten Auftritt hat und somit die Folter  der  drei Gefangenen anderen überlässt.  Damit  fehlt  Logan Dees Romanteil  auch eine bessere Konfliktstruktur. Schon früher haben einige Antagonisten im Hintergrund die Fäden gesponnen und ihre Helfershelfer als Kanonenfutter ausgesandt, um den Zamis entweder Widerstand entgegenzustellen oder  sie zu vernichten. Aber diese verlängerten Arme verfügten über Charisma und/ oder markante Züge, so dass ein Fehlen des Hauptschurken nicht sonderlich aufgefallen  ist.  Natürlich bleibt eine gewisse Grundspannung vorhanden, wie sich Toth aus dieser brisanten und durch seine Fälschungen auch gefährlichen Situation retten könnte, aber das reicht nicht aus, um einen ganzen Plot vielleicht sogar über mehrere Romane  zu schultern.

Somit wird die abschließende Gefangenenbefreiung und die Flucht aus dem Märchenwald genauso „leicht“ gemacht wie bei einem stringenten Abenteuerfilm, in dem gegen alle Wahrscheinlichkeiten die Rettung quasi aus dem Nichts heraus erfolgt.  Zumindest hat das Autorentrio eine abschließende, vor  allem für  Coco verblüffende, aber angesichts des bisherigen Serienverlaufs auch  konsequente Pointe parat. 

„Beelzebub“ wirkt eher wie eine Art Füllroman, in dem die expliziert entwickelten Handlungsarme teilweise unnötig fast hektisch abgeschlossen und die Toten wieder zum Leben erweckt  werden. Es ist ohne Frage ein Serienklischee, wichtige Protagonisten entweder in Lebensgefahr zu bringen oder gar für die Öffentlichkeit, aber nicht den Leser „sterben“ zu lassen, um sie dann kurze Zeit später wieder  zum Leben zu erwecken.  Hier wird diese Idee  sogar durch den „Impuls“  verstärkt, der  das  Sterben eines mächtigen Dämonen begleitet und bei den Verwandten diesen Eindruck  erweckt.  Dann sollten die Autoren aber auch konsequent den Mut haben, um wenigstens  einen dieser  Protagonisten wirklich und selbst für eine Dämonenserie für immer sterben zu lassen. 

Sonst wirkt das ganze Szenario halbherzig, unabhängig davon, dass wie Georg Zamis die Leser eher überrascht sind,  wie schnell das  über einige Romane aufgebaute Szenario in einigen Punkten sogar abschließend aufgelöst worden ist.  Es bleibt abzuwarten, ob der lange Handlungsarm im nächsten Doppelband symbolisch die Kurve bekommt, aber  auf den ersten Blick haben sich Simon Borner, Logan Dee und Exposeautor  Uwe Voehl in dem vorliegenden Roman sich an der Oberfläche verhaspelt und so viel gruseliges Potential zu Gunsten einer sehr rasanten als wirklich spannenden Handlung sowie einige wenigen die zweite Hälfte  dominierenden Schockszenen unnötig geopfert. 

www.zaubermond.de

Taschenbuch, 196 Seiten

Das Haus Zamis 54 - Beelzebub von [Borner, Simon, Dee, Logan]

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