Das Haus Zamis 39- Kampf der Hexer

Logan Dee, Michael Marcus Thurner und Uwe Voehl

Im vorliegenden Abschlussband um das schwarze Zimmer empfiehlt es sich, mit dem zweiten Teilroman „Diener der Wollust“ von Michael Marcus Thurner anzufangen. War die Idee, dass Coco Zamis um ihres ungeborenen Kindes Willen Aufträge von Asmodis widerwillig ausführt noch in dem längeren Zyklus um die Suche nach dem schwarzen Zimmer in eine komplexere Handlung eingebaut, wirken diese Sequenzen isoliert von einer zufrieden stellenden Rahmenhandlung eher zu eindimensional und schematisch. Die Pointe, dass Asmodis mit der Ausführung des Auftrages nicht Zufrieden gewesen ist und sein Versprechen, Coco Zamis ihr gemeinsames Kind zurückzugeben, nicht einlöst, ist wenig überraschend und erscheint teilweise angesichts des eigentlich erfolgreich beendeten Auftrages wie ein Klischees.

Coco Zamis soll mit einem Team – hier schlägt Thurners Exzentrik allerdings positiv zu – einen Dämonen aus Hamburg abholen, der erstens mächtig ist und zweitens mit Asmodis verhandeln will. Allerdings soll dieser Dämon nicht im besten und stärksten Zustand eintreffen. Er erweist sich als widerlicher Sex besessener Dämon, der arrogant und selbstherrlich sich in einem Bordell auf der Reeperbahn einquartiert hat. Michael Marcus Thurners Wiengeschichten leben alleine aufgrund ihres Flairs und seiner Fähigkeit, der Stadt mit ihren vielen den Lesern unbekannten Ecken Leben einzuhauchen. Das funktioniert mit Hamburg zu wenig. Wie ein Fischer außerhalb des Wassers bedient er eine Reihe von Klischees, baut keine Atmosphäre auf und verschenkt die Chance, vor der einzigartigen Rückreise im Nachtzug zumindest Atmosphäre zu erschaffen.

Cocos Team besteht aus vier wollüstigen und willigen Unterdämonen, denen sexuelle Abartigkeiten jeglicher Form Vergnügen und Schmerz beschaffen sowie der Taktgeberin – die Callas – genannt, die als Wiener Privatbordellmutter jegliche Perversion kennt. Auf der Rückfahrt erschöpfen sie unter gütiger Mithilfe Coco Zamis – die allerdings die meisten Abartigkeiten schnell wieder vergisst – den Dämonen, der sich köstlich amüsiert. Natürlich präsentiert Michael Marcus Thurner eine Reihe von Perversitäten mit einer Detailliertheit, welche noch keine Ordnungswächter auf den Plan ruft. Aber als Teilroman kann der Plot nicht sonderlich überzeugen und führt zu viele Klischees und Bekanntheiten aus der inzwischen ja fast vierzig Bände umfassenden „Coco Zamis/ Das Haus Zamis“ Reihe zusammen. Selbst Cocos opportunistischer Helfer Vindobene wird ausschließlich funktionell eingesetzt. Er verliert im Verlaufe der Reise nach Hamburg und vor allem zurück nach Wien an Faszination, auch wenn sich Michael Marcus Thurner mehr als einmal bemüht, das ausschließlich opportunistische und in seiner Loyalität flexible Wesen mittels doppeldeutiger, zynischer oder ironische Dialoge zu definieren.

Auch Logan Dees Abschluss um die Suche nach dem schwarzen Zimmer und Cocos Aufenthalt in Moskau kann nicht gänzlich befriedigen. „Kampf der Hexer“ verdient dabei mehr Komplexität und hätte positiv gesprochen den ganzen Roman füllen können und müssen. Da wären zum einen die nicht mehr ausführlich behandelte Konfrontation zwischen alter Magie und Asmodis Macht. Asmodis Intention ist nicht gewesen, dass schwarze Zimmer selbst zu nutzen, sondern es seinen Kontrahenten zu entziehen, da er selbst die Nutzung der alten Mächte ablehnt bzw. vielleicht sogar ihre Folgen fürchtet. Dieses Plotelement ist nicht nur innovativ und neuartig, sondern erwartet den Dorian Hunter/ Coco Zamis Kosmos um eine weitere Stufe, die hoffentlich im Rahmen der nächsten Romane noch ausgebaut wird.

Auch das „Finden“ des schwarzen Zimmers ist Höhepunkt einer über mehrere Romane laufenden Entwicklung und aufgrund des abrupten Abschluss zugleich. Die Idee, das dieses schwarze Zimmer unter einer Kirche wieder aufgebaut worden ist, wird von Logan Dee auch zufrieden stellend umgesetzt. Allen Parteien – Michael Zamis, Coco Zamis mit ihrem ambivalenten Helfer von Bergen sowie der russische Anführer der schwarzen Familien – müssen sich quasi nach ihren langen, teilweise überrasche Koalitionen ausbildenden Reisen an diesem Ort treffen. Es kommt zur den Titel bestimmenden Auseinandersetzung der Hexer, aber im Vergleich zu sehr langen Plotentwicklung wirkt das Ende zu unrund, zu glatt und vor allem zu abrupt. Natürlich kann eine Spannungsschraube nicht immer weiter ausgebaut werden, aber im vorliegenden Text fehlt am Ende beim Zusammentreffen der einzelnen Parteien eine interessante Komponente.

Die dunkle Atmosphäre Russlands weicht in „Kampf der Hexer“ eher einigen rasanten Verfolgungsjagden, wobei sich Coco Zamis von Asmodis langen Schatten lösen kann. Das dieses Lösen ein Teil eines komplizierten Plans ist, wird erst rückblickend klar. Logan Dee verzichtet auf weitere skurrile übernatürliche Wesen und konzentriert sich mehr auf die vielschichtigen Dialoge. Am Ende ist die Auflösung zumindest zufrieden stellend und die schon angesprochene Idee, dass das schwarze Zimmer zu viel für diese Dämonenwelt ist, könnte Hoffnungen auf eine Widerbegegnung machen. Zusammengefasst gehört alleine die Suche nach diesem Zimmer, die solide Verbindung von aktueller Vergangenheit – die im Zweiten Weltkrieg beim Abbau und Verschwinden des Bernsteinzimmers spielenden Szenen – und gegenwärtigem, vielleicht ein wenig den Klischees und weniger dem tatsächlichen Russland geschuldeten Szenen zu den stärksten Passagen der Serie.

 In Bezug auf die Familie Zamis bietet aber der Doppelroman „Kampf der Hexer“ einige sehr zufrieden stellende Informationen. Zu Beginn von Michael Marcus Thurners Abschnitt „Diener der Wollust“ spielt die Handlung in Coco Zamis Dämonencafe, das sich mehr und mehr zu einem Treffpunkt verschiedener übernatürlich begabter Wesen entwickelt, die unter dem magischen Schutzschirm einfach entspannen wollen. Mit einem kurzen Zeitraffer skizziert der Autor eine Reihe von Wesen. Es bleibt zu hoffen, das die Idee des Cafes und seine Funktion als dämonisches „Cheers“ der Serie erhalten bleibt. Logan Dee dagegen führt in ihrer Romanhälfte mit dem ältesten der Zamis Kinder Adalmar einen interessanten Charakter ein. Anfänglich eher ein irritierendes, in seiner Einsamkeit fast weltfremdes Element dieser vielschichtigen Familie ruft ihn Michael Zamis nach Hause, bevor er auf seine gefährliche Mission nach Russland aufbricht. Er soll die Familie führen. Angesichts der Irritationen, die ihn erwarten, und seiner Vorstellungen dient diese Rückführung in die Familie eher als eine Art MacGuffin, den Adalmar scheint seine eigenen Vorstellungen umzusetzen. Dabei muss bedacht werden, das die Zamis immer noch ruftechnisch in Wien als angeschlagen gelten. Die Konfrontationen zwischen den in Wien lebenden Familienmitgliedern und dem egozentrischen und opportunistischen Eindringling hätten noch ein wenig doppeldeutiger und pointierter beschrieben werden können. Sie enthalten aber ein reichhaltiges Konfliktpotential, das mit der Rückkehr Michael Zamis aus Russland nicht bewältigt worden ist. Auch das Verhältnis zwischen Michael Zamis und seiner Tochter Coco wird ein wenig warmherziger und emotionaler beschrieben. Die teilweise auch aufgesetzt erscheinende Distanz zwischen den Beiden angesichts der nicht immer nur von Michael Zamis zu verantwortenden Probleme und seinem kontinuierlichen Verteidigungskampf hat teilweise kühl vielleicht sogar unterkühlt im Vergleich zu den ersten Romanen gewirkt, in denen Michael Zamis genauso rücksichtslos, aber aggressiv gehandelt und deswegen seiner heißblütigere, menschlichere Tochter provoziert hat.

Zusammengefasst ist „Kampf der Hexer“ ein solider, aber angesichts der Hektik auch ein wenig enttäuschender Abschluss der Jagd nach dem schwarzen Zimmer, die in den Coco Zamis Chroniken trotz der angesprochenen Schwächen einen Höhepunkt darstellt, während die einzelnen von Asmodis aufgetragenen Missionen Coco Zamis nach der Wolllustreise im Nachtzug mit allerlei Perversionen nur stimmungstechnisch, aber nicht unbedingt inhaltlich angesichts der ein wenig zu einfachen Konstruktion überzeugen können.                  

  • Format: Kindle Edition
  • Dateigröße: 503 KB
  • Seitenzahl der Print-Ausgabe: 165 Seiten
  • Verlag: Zaubermond Verlag (E-Book) (5. September 2014)
  • Verkauf durch: Amazon Media EU S.à r.l.
  • Sprache: Deutsch
  • ASIN: B00MPE98WA
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