Perry Rhodan Neo 102 "Spur durch die Jahrtausende"

Perry Rhodan Neo 102, Kai Hirdt, Thomas Harbach, Rezension
Kai Hirdt

Mit „Spur durch die Jahrtausende“ legt Kai Hirdt seinen zweiten Perry Rhodan Neo vor. Wie schon im ersten Band der neuen zehnteiligen Miniserie konzentrieren sich Rüdiger Schäfer und Michael Buchholz als Exposeautoren vor allem zwei Handlungsarme, von denen die eine im Sonnensystem spielt, während Perry Rhodan mit seinen Leuten nach der ergreifenden, aber auch ein wenig pathetischen Taufe des neuen Flaggschiffs – natürlich auf den Namen CREST – in die Tiefen des Alls aufbricht.  Auch wenn militärische Hierarchien wichtig sind, beschreiben Kai Hirdt und Rüdiger Schäfer Perry Rhodans neue entspannte Haltung exemplarisch an der Idee, dass jeder eine zweite Chance verdient, aber ein drittes Zugeständnis Leichtsinn wäre. Hier weht positiv der alte Geist der K.H. Scheer Ära durch „Neo“ und vor allem erscheint Perry Rhodan deutlich entschlossener, ohne Arroganz charismatischer und vor allem ein modern denkender, im Team agierender Anführer. Wobei die eigentliche Entscheidungsgewalt Homer G. Adams innerhalb des Sonnensystems zu stark wie ein konstruierter Gegenentwurf gegenüber zur alten Serie erscheint. In „Neo 101“ ist zumindest die unfreiwillige relative Unsterblichkeit zurückgekehrt, so dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der Protektor des Sonnensystems in der flachen Hierarchie nach oben rückt.  Zu den modernen Aspekten gehört auf der einen Seite das Denken und Agieren im Team, wobei die Balance zwischen einem modernen Anführer und dem heroischen Individuum, das jede Klippe selbst meistert vor allem im Mittelteil zu sehr wieder in Richtung des alten Perry Rhodan schwankt und damit einige interessante „Neo“ Ansätze der neuen Exposeredaktion negiert. Die Schiffstaufe dagegen ist ein kleiner Blick in die Vergangenheit der Serie, denn keines der Raumschiffe hat so sehr den Vorlagen der Erstauflage geähnelt wie die CREST.

Viel interessanter ist im vorliegenden Roman die ohne Frage komische, aber nicht alberne Handlungsebene um Eric Leyden, seine Kollegen und den Kater Hermes, der ja eine lange Tradition von Maskottchen jeglicher Art und Rasse aus der Erstauflage mit dem gebührenden Stolz fortführt. 

Gleich zu Beginn gelingt ihnen eher ein Münchhausenstreich. Um den Absturz zu koordinieren, bringen sie einen Vulkan zum Ausbruch, dessen Druckwelle planmäßig genutzt wird, um sie seitwärts zu versetzen.  Der Panzer setzt zwar hart, aber noch funktionsfähig auf. Hier bemüht Kai Hirdt die physikalischen Wunder, um ohne Frage eine gute, aber nicht nachhaltig überzeugende Actionszene zu schreiben.  Sie steuern die Pyramide neben dem berühmten Marsgesicht an. Mittels eines aufgezeichneten Mars Funksignals können sie aber eine Pyramide unter der Pyramide feststellen, wobei kurz vor dem eigentlichen Triumph Leyden und sein Team gefangen genommen werden.  Mit einigen Umwegen können sie schließlich doch in das Innere der Pyramide eindringen, wobei die Wände mit kristallinen Strukturen besetzt sind. Anscheinend handelt es sich um Vorläufer der ägyptischen Sprache.  Die Verbindung bekannter Fakten wie dem Marsgesicht oder den ägyptischen Kulturen mit der laufenden Perry Rhodan Serie gelingen Kai Hirdt und dem neuen Exposeteam deutlich besser als der anfängliche Rückblick auf Atlantis. Viele Fakten bleiben offen und vor allem fällt es Eric Leyden an einigen wichtigen Stellen viel zu leicht, den entscheidenden Schritt weiter zu gehen und trotz des Widerstandes der Marsobrigkeit ans Ziel zu kommen. Im letzten Moment greift dann auch noch Reginald Bull an. Da diese Szenen – vor allem mit dem Kater Hermes – mit einem Augenzwinkern geschrieben worden sind,  stört die einfache Konzeption rückblickend nicht so sehr. 

Viel interessanter und handlungstechnisch auch dominanter ist der Jungfernflug der CREST zu den Koordinaten, welche die Auswertung der Positronikspeicher ergeben hat. Neben dem  weißen Zwerg sowie einigen nicht weiter erforschten Planeten befindet sich zwei exotische Raumstationen in dem Sonnensystem. Die eine ist ein Trichter, die andere ringförmig.  Der Perry Rhodan begleitende Tuire erinnert sich passend wahrscheinlich eher an die Aufgabe des Trichters als Bündlers denn einen Namen. Es spricht vieles dafür, dass diese beiden künstlichen Gebilde mit dem Transmitterphänomen zu tun haben.  

Die CREST wird angegriffen, allerdings scheinen die Maahks eine Technik benutzen, die aus den Zeiten des alten Maahk Kriegs stammt und nicht den Überresten der Raumschiffe aus dem Sonnensystem entspricht. In dieser Hinsicht unterscheidet sich Rüdiger Schäfer und Michael Buchholz Handlungsführung deutlich von der Frank Borsch Ära. Während dort fast alles aus der länger zurück liegenden Vergangenheit eher mystisch, ambivalent und unbestimmt gewesen ist, lassen sich hier schnell die Daten vergleichen und die richtigen Schlüsse ziehen. Unter dieser Exposeredaktion wären die Daten der Konverterkanone nicht verloren gegangen.  Leider lösen sie zusammen mit Kai Hirdt diese Sequenz wieder unglücklich auf, denn nur mit dem Abstrahlen medizinischer Daten als Beweis, dass keine Arkoniden an Bord des Raumschiffs sind, wird ein Gespräch begonnen. Woher sollen die Maahks wissen, dass es sich nicht um eines der zahllosen Hilfsvölker handelt, die vor zehntausend Jahren wie heute die Kriege der Arkoniden führen?    

Unabhängig von dieser Schwäche entwickelt Kai Hirdt die Vorlage sehr gut weiter. Der Roman ist im Ganzen kurzweilig zu lesen und am Ende bleiben im Leser deutlich mehr Fragen offen als in diesem frühen Stadion Antworten geliefert werden können. Mit dem Fund der fremden Technik – hinter dem Rücken des verhandelnden Rhodans wollen zwei Offiziere von der CREST aus ein Kommandounternehmen starten und auf eigene Faust handeln – sowie dem fremdartigen Sonnensystem wird auf die Struktur der ersten Zyklen der Erstauflage zurück gegriffen. Die Reise ins Unbekannte allerdings in einem sehr engen Zusammenhang mit den Ereignissen im Sonnensystem ist klassischer Stoff. Mit den Maahks bzw. dem Volksstamm der Scortoohks wird eine Rasse beleuchtet, die trotz ihrer Exotik als Methanatmer in der Erstauflage hinsichtlich ihrer Hintergründe zu kurz gekommen ist. Zum Leidwesen allerdings auch dieses Handlungsbogen muss die Idee der Allianz und des anscheinend im Hintergrund sich abspielenden Konflikts ein klein wenig weiter ausgeführt werden. Schon in der Borsch Ära wirkte dieser Überbau teilweise erdrückend, zumal der Freiburger in seinem Abschlussroman 100 keine zufriedenstellenden Antworten anbieten konnte und die Konzeption mit der Auseinandersetzung sehr bemüht erschienen ist. Es wäre schön, wenn dieser Aspekt von Rüdiger Schäfer und Michael Buchholz zu Gunsten einer modernen Neuinterpretation der alten Serie ausgesteuert werden könnte.  Zusammenfassend ein solider Nachfolger des über weite Strecken überzeugenden Auftaktbandes der neuen Miniserie, von Kai Hirdt mit der richtigen Mischung aus nachvollziehbarer Spannung und nicht immer subtilen Humor geschrieben.    

Pabel Verlag, Taschenheft

160 Seiten

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