Fräulein Schmidt und die Maske der Mona Lisa

Fräulein Schmidt und die Maske der Monsa Lisa, Rezension, Thomas Harbach, Wilko Müller
Wilko Müller jr.

Mit „Fräulein Schmidt und die Maske der Mona Lisa“ hat Wilko Müller eine inzwischen mehrere Bände und eine längere Novelle – erschienen im Tess Verlag – umfassende Abenteuerreihe geschrieben, in welcher die Protagonisten sich unabhängig von den mystisch magischen Momenten ihren Inspirationen, aber nicht Vorbildern bewusst sind. Wenn die in einer Buchhandlung angestellte Fräulein Schmidt sowie ihr Chef Wichowski davon sprechen, dass sie wie Lara Croft und Indiana Jones gen Mexiko reisen, dann ist es nur bedingt richtig. Der Reigen könnte sich sowohl um die von Tadi erschaffene Adele vor allem in Kombination mit der unterschätzten Luc Besson Verfilmung genauso erweitern wie um die von Earl Warren erschaffene Roberta Lee, die mit ihrer Begegnungen der dritten Art sowie ihren Überraschungen vielleicht noch mehr an Fräulein Schmidt erinnert, die am Ende dieses ersten Abenteuers niemals weiter weg von der anscheinend altbackenen, gelangweilten, Zeitschriften lesenden Jungfer sein könnte, die jeden Tag im Laden ihres Chefs vergeblich nach Kunden Ausschau hält.

Über dem Plot schwebt das Jahr 2012 mit dem von den Maya prophezeiten Weltuntergang. Wichowski findet in einem alten Kunstbuch einen Zettel mit Notizen in Sytterlin. Kurze Zeit später verkauft er das Buch, der Kunde wird aber auf dem Rückweg in den Laden überfahren. Auch Frl. Schmidt scheint mehr über den Zettel und die Nachricht wissen zu wollen, als es auf den ersten Blick den Eindruck macht. Wichowski entziffert die Botschaft mittels eines Hinweises auf Da Vincis berühmtestes Bild. Anscheinend hatte auch Da Vinci Kenntnisse von einigen Prophezeiungen der Mayas. Gleichzeitig ist Fräulein Schmidt im Auftrag einer Geheimloge auf den Antiquar angesetzt worden, da ein Teil der Prophezeiung der Kauf des Buches durch einen anfänglich Unbeteiligten ist.

Gemeinsam reisen Wichowski und Fräulein Schmidt nach Mexiko, um den von vielen Menschen prophezeiten Weltuntergang verhindern zu können. Dabei sind sie nicht alleine, denn viele Weltuntergangstouristen wollen unbedingt zu den Maya Pyramiden.

„Fräulein Schmidt und die Maske der Mona Lisa“ ist ein erstaunlich kurzweiliges und vor allem auch kompaktes Buch. In der Tradition zahlreicher Krimis spielt Wilko Müller förmlich hinsichtlich der Protagonisten mit seinen Lesern. Wenn man die Fräulein Schmidt vom Beginn des Buches mit der Frau vergleicht, die nach Mexiko reist, dann ist der Unterschied schon spürbar. Das offene, nicht unbedingt zynische, aber doch alle Konstellationen verändernde Ende dagegen lässt das Komplott hinter dem Komplott ein wenig konstruiert erscheinen. Wahrscheinlich hätte Fräulein Schmidt diese Umwege – einer wird dabei eher im Off behandelt – gar nicht benötigt, um zur rechten Zeit am richtigen Ort aber zur Überraschung ihres Kontrahenten unerwartet aufzutreten. Behutsam, ein wenig das Agentengenre auf die Schippe nehmend verändert Wilko Müller seine Titelfigur kontinuierlich. Das beginnt bei der Tatsache, dass sie ihr Wissen nicht wie immer impliziert aus Magazinen hat. Es geht weiter über die Haarfarbe und endet schließlich an einem Punkt, der vor allem einige der präsentierten Fakten als falsche Spuren entlarvt. In der schon erwähnten Novelle, die Fräulein Schmidt auf einer weiteren Reise nach Mexiko zeigt, werden einige Ideen aus der Zeit extrapoliert, die vor diesem Auftaktroman spielt. Sie ist auf jeden Fall die gelungenste Frauenfigur in Wilko Müller umfangreichen Werk und am Ende nur bleibt die Frage offen, in welche Richtung der Autor die Handlung weiter extrapolieren möchte. Dabei könnte es ein schmaler Grad zwischen nur Lara Croft oder schon in mehrfacher Hinsicht „Wonder Woman“ sein. Deutlich unscheinbarer, naiver ist Wichowski, der immer wieder bei seinen Forschungen auch die Mona Lisa umfassend an die Dan Brown Romane in mehrfacher Hinsicht erinnert wird. Während Dan Brown allerdings eher spekuliert, geht Wilko Müller am Ende des Handlungsbogens den notwendigen Schritt weiter und fügt phantastische Elemente fast unscheinbar ein. Dabei erzählt der Autor durchaus visuell, wobei der Leser sich manchmal keinen Vergleich zu spektakulären Werken wie den „Jedi Rittern“ wünscht, sondern hofft, dass Wilko Müller mit eigenen Worten ohne viele Vergleiche die dynamischen Actionszenen beschreibt. So wird der Leser immer wieder aus dieser Illusion gerissen und seine Phantasie schlägt im Umkehrschluss den Bogen zu den Lucas Epen. Da hilft auch der Hinweis wenig, dass George Lucas sehr viel besser in der Namensgebung ist als Dan Brown.

Einige Szenen in Mexiko – wie der Paukenschlag des Grauen Mannes – oder die Anreise zu den Pyramiden wirken angesichts der interessanten, sehr ruhigen Exposition ein wenig hektisch. Wilko Müller konzentriert sich stark auf den Plot, wobei der Vorgriff auf den finalen Showdown mittels Traumsequenzen ein eher unnötiges Spannungsmoment ist. Wichowskis Träume/ Visionen werden zu wenig erklärt. Rückblickend ist seine besondere Reisebegleitung in dieser Hinsicht zu wenig.

Zusammengefasst gelingt es Wilko Müller selbst bei der aus heutiger Sicht überholten Thematik – in dem mehrfach zitierten Emmerich Film ist ja die Welt „2012“ untergegangen, in der Realität nicht -, eine entsprechende Spannung zu erzeugen und alleine die Erklärung, was diesen Weltuntergang verhindert ist, überrascht rückblickend. Zwischen den Zeilen schwingt mit, dass es historisch gesehen nicht der erste Versuch gewesen ist und in die Zukunft geschaut, nicht der Letzte sein wird. Während Wichowski als alter staubiger Gelehrter, der plötzlich nicht nur aus seinem Laden in die Welt gestoßen, sondern mit etwas Phantastischen konfrontiert wird, noch ein wenig eindimensional erscheint, ist die Metamorphose von Fräulein Schmidt beginnend mit einer Mauerblümchen beschreibend verblüffend, so dass insbesondere dieser Charakter in Kombination mit einer stringenten Handlung, in welche Wilko Müller unauffällig und nicht belehrend einige Fakten zu den Mayas und ihren Kalendern eingestreut hat, eine empfehlenswerte Lektüre und ein interessanter Auftakt zu einer ohne Frage phantastischen, mit dem Abenteuergenre gekonnt spielenden Kurzromanreihe ist.

 

Phantastische Erzählung
Taschenbuch, 139 Seiten
Projekte-Verlag 2011
ISBN 978-3-86237-493-9
 

Kategorie: