Das Haus Zamis 43 "Wiegenlied für einen Dämon"

Das Haus Zamis 43, Wiegenlied für einen Dämon, Christian Schwarz, Catalina Corvo,
Christian Schmidt & Catalina Corvo

Am Ende von „Rebeccas Baby“ drohte die Geschichte in den „Rosemarys Baby“ Bereich abzudriften. Auch wenn das Flair vor allem in Kombination mit der Hintergrundgeschichte einige Klischees hinsichtlich der Plothandlung ausgeglichen hat. Im vorliegenden Doppelband werden allerdings Vergangenheit und Gegenwart effektiv miteinander verbunden. Die Hauptarbeit muss Christian Schwarz mit „Asabi“ machen. Hinter diesem Namen verbürgt sich auch die größte Überraschung der Geschichte. Das schwächste Glied des Spannungsbogens ist weiterhin Rebaccas Schwangerschaft und ihre unfreiwillige Gefangenschaft in dem berühmten Dakota Building durch eine Dämonin mit holländischen Wurzeln. In den „Gegenwarts“ Abschnitten holt Coco Zamis im Grunde nur auf und viele Ideen aus dem letzten Band werden ein wenig schwerfällig, aber nicht mehr originell genug extrapoliert. Natürlich bürgt es Potential, wenn es statt der Befreiung sogar zu einer Art Seelentausch kommt und eine Voodoo Königin sowie eine Vampirin in der Enge des exotischen Gebäudes aufeinandertreffen, aber Christian Schwarz konzentriert sich ausschließlich auf Stimmungen und entwickelt aus der laufenden Handlung heraus keine wirklich überzeugende Spannung, geschweige denn Gefahrenmomente. Auch wenn Coco Zamis sich in diesem Abschnitt ihrer Entwicklung zumindest in Träumen/ Visionen/ früheren Erscheinungen dämonischer verhält, bleiben diese Ansätze auf die Vergangenheitsebene konzentriert. Erst der zweite Handlungsabschnitt mit Catalina Corvo am Runde unter dem Buchtitel „Wiegenlied für einen Dämon“ lässt das Tempo in der Gegenwartshandlung deutlicher anziehen, wobei der Autorin auch zu Gute kommt, dass Christian Schwarz in den besten Teilen seines Handlungsbogens die Vergangenheit erstaunlich effektiv an die Gegenwart herangeführt hat.

Nicht zum ersten Mal in dieser Serie sind es aber die in der Vergangenheit spielenden Szenen, die mit ihrer Mischung aus Sex und Gewalt überzeugen. Anscheinend lebt Coco Zamis auch in den zwanziger Jahren und ist Bestandteil eines perversen Wanderzirkus, in dem sie den Fetischfreunden folgend auch die Peitsche schwingt. Ohne Not gibt sie sich teilweise täglich Asmodi hin. Während sie nicht zuletzt durch dessen Erpressungen eher ein Spielzeug des Höllenfürstes gewesen ist, agiert sie dieses Mal deutlich rücksichtloser und zielstrebiger, ohne dass der Leser oder auch nur in der Gegenwart Coco Zamis die Ziele abschließend erkennen kann. Um Sex zu haben, muss Asmodis im Grunde Widersacher aus dem Weg räumen. Coco macht quasi im Bett Karriere in diesem einzigartigen Zirkus. Die Dämonen halten als Sexsklavin Asadi gefangen. Auch hier bleibt es hinsichtlich der Gegenwartsebene noch bei Andeutungen.  Mit dem Zirkus und der Vanderbuild Familie reist Coco Zamis nach New York und erlebt dort passiv, wie die Dämonen in der Stadt mit dem Dakota Building als Mittelpunkt ihre Macht ausbauen. Ohne hier in die Details zu gehen – alleine die Stadt mit ihrer wechselhaften Geschichte  hätte wahrscheinlich wie vorher schon Wien für einige Doppelromane ausgereicht – folgt im Zeitraffer und bestehend nur aus wenigen Episoden der Aufstieg dieser Familie. Immer wieder gibt es einzelne Beispiele für die Boxkämpfe in den irischen Vierteln, die Vernissagen und Vergnügen einer arroganten wie hinsichtlich ihrer Zahl, aber nicht ihres Einflusses kleinen Elite oder schließlich der Hinweis auf die immer stärker werdende Finanzwelt.  Natürlich ist es interessant, die Entwicklung dieser Familie im Big Apple zu verfolgen, aber wichtiger ist es, die Moderne mit dem gotischen Schrecken zu verbinden. In dieser Hinsicht reicht ein einzelnes Gebäude nicht unbedingt aus, auch wenn es ein guter Ausgangspunkt ist. Interessant wie positiv ist aber in dieser Hinsicht, dass der Leser schon das vorläufige Ende dieser Entwicklung in der Gegenwart kennt und die subjektiven Rückblicke dadurch weniger historisch geschichtlich distanziert erscheinen, sonst wie ferngesteuert wirken. Während sich die Autoren zusammen mit Uwe Voehl in den letzten Bänden eher auf die nihilistische Atmosphäre im Gebäude konzentriert haben und es teilweise zu einem wichtigen, fast lebendigen Bestandteil des Handlungsbogens gemacht haben, wirkt das Gebäude selbst fast blutleer und aus dem Gefängnis heraus baut sich unabhängig von den einzelnen Exkursen der Vergangenheit keine nachhaltig innere Spannung auf.

Nicht gänzlich überzeugend ist aber für die gesamte Serie und nicht nur diesen Roman stehend, dass Coco Zamis in der Gegenwart bislang nur sehr verzögernd und objektiv gesehen ausgesprochen zögerlich reagieren kann. Diese Passivität ist nicht neu und stellenweise wirkt sie angesichts der unendlichen Machtpotentiale der dämonischen Gegenspieler und ihrer eigenen Erfahrungen ein wenig zu naiv, um das Geschehen nicht schneller zu akzeptieren und vor allem zum einen Vorteil ausnutzen. Viel interessanter sind in dieser Hinsicht die Vergangenheitsebenen, in denen sich Coco bis auf die Befreiung Asadis als vollwertiges, rücksichtsloses und von ihren eigenen Trieben gesteuertes Wesen erweist, das rücksichtslos Asmodis zu steuern scheint, auch wenn der Höllenfürst am Ende des Handlungsbogens ein wenig konstruiert das Zepter und damit auch die Teufelspeitsche wieder in die Hand nehmen möchte. 

Das Ende zeigt, dass es sich um einen weiteren Mittelband einer laufenden Serie handelt. Die Autoren versuchen nicht zu viele weitere Informationen zu präsentieren und konzentrieren sich in den beiden Teilromanen auf entsprechende vorläufige, natürlich Coco Zamis überraschende oder schockierende Abschlüsse. Viele Fragen bleiben offen, aber die interessante und überzeugend vollzogene Zusammenführung von Vergangenheit und Gegenwart unterhält als Ganzes betrachtet sehr solide, zumal ohne übertrieben exzessiv zu werden und allen, nicht nur einigen Klischees folgend die Dämonen der zwanziger Jahre den dunklen Mächten der Gegenwart in nichts nachstehen.  

 

 

Zaubermond Verlag

Taschenbuch, 202 Seiten

  • ISBN-10: 3954262436
  • ISBN-13: 978-3954262434
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