Countdown für Lepso

Jörg Isenberg

Mit „Countdown für Lepso“ legt Jörg Isenberg seinen inzwischen dritten „Perry Rhodan Fan Edition“ Roman vor. Sein geradliniger Actionroman mit allerdings einer etwas quer stehenden Nebenhandlung spielt im Jahr 2920 A.D. In dieser Perry Rhodan Ära begann das stetig vorwärts strebende Solare Imperium zu zerfallen und die einzelnen Kolonien suchten die Autarkie. Dabei wählen die Kolonien sehr unterschiedliche Wege. Jörg Isenberg beschreibt den Angriff der Untergrundbewegung Schwarzer Stern, die Millionen, wenn nicht Milliarden von Menschen auf Lepso töten möchten, um eine Zielperson zu eliminieren. Dabei kreuzen sich nicht nur an Bord des mehr als zweihundert Jahre alten Ultraschlachtschiffs HORNBURG verschiedene Lebenswege.

Auf den ersten Blick wirkt „Countdown für Lepso“ wie eine weitere Inkarnation der „Stirb Langsam“ Plots. Vielleicht spielt Jörg Isenberg auch absichtlich mit den inzwischen zu Klischees gewordenen Plotelementen dieses Genres. Die HORNBURG wird über ihre Positronik von der Untergrundbewegung „Schwarzer Stern“, über dessen Motive und Kommandostruktur der Leser relativ wenig erfährt, unter Kontrolle gebracht. Die Besatzung soll eingenordet werden, um ihr Leben zu behalten, während die HORNBURG einem lange Zeit unbekannten Ziel entgegenfliegt. Denkt man an die in der Ägide Scheer veröffentlichten Romane mit vergleichbaren Szenarien – terranische Besatzung gerät unter die Kontrolle einer fremden Macht – zurück, dann wurden diese Probleme vor dem Beugen der Knien unter teilweise sehr großen Opfern immer selbst gelöst. Das der Kommandant der HORNBURG anfänglich so bereitwillig den Terroristen zu folgen scheint, wirkt ein wenig sperrig und bemüht.

Agent Fletcher Aarndt streichelt gleich zu Beginn seines Auftritts dagegen die Mikrobombe in seinem Zahn mit seiner Zunge. Aarndt könnte der Erwartungshaltung folgend der strahlende Held sein, der am Ende in einer verzweifelten Ein-Mann-Mission die Feinde besiegt. Jörg Isenberg hält erstaunlich lange diesen Eindruck aufrecht. Als Figur eher ambivalent mit einer Reihe von Ecken und Kanten gezeichnet wirkt die abschließende persönliche Verbindung zu einem Besatzungsmitglied der HORNBURG ein wenig überzogen. Zusätzliche Motivation braucht Aarndt nicht. Im Verlaufe des etwas ruhigeren Mittelteils relativiert der Autor aber Aarndts Figur und lenkt sanft die Handlung vom „Allein gegen alle“ Gedanken ab. Hinzu kommt, dass die Motive Aarndt sehr lange im Dunklen bleiben und die Zusammenführung der beiden Spannungsbögen auf den letzten Seiten mit dem schon angesprochenen persönlichen Motiv überzeugend, wenn auch ein wenig überambitioniert erfolgt.

Die dritten Handlungsebene um Jorgian Solar und einen Springerklan sticht im Grunde deutlich an der stringenten geradlinigen Handlung hervor. Sie wird auch abschließend die Wesenheit der CEBRANEX einführen. Dieses „übernatürliche“ Wesen und sein erst im nach hinein erkennbarer Hunger nach Energie ist der Schwachpunkt des Romans. Die Grundidee mit den Terroristen und ihrem Anschlag auf Lepso wird von Jörg Isenberg sehr konsequent beschrieben. Die Auflösung in mehrfacher Hinsicht kommt auf der einen Seite allerdings überraschend, auf der anderen sehr viel eher nachzuvollziehenden Seite auch konsequent. Betrachtet der Leser die konsequente Auflösung des Endes, dann zeigt sich, das anscheinend die Planungen des Schwarzen Sterns eine Schwäche gehabt haben. Das Ziel ist nicht wehrlos. Warum dieser Fehler in den Planungen aufgetreten ist oder wieso sich der Planet plötzlich gegen diese ein wenig den Anschlägen des 11. Septembers nachempfundene Bedrohung zur Wehr setzen kann, wird zu wenig herausgearbeitet. Das zusätzlich die Energien aus den Waffen der HORNBURG zum Guten abgeleitet werden, ist des Guten zu viel. Die ganze Wesenheit CEBRANEX erscheint wie eine Art Kunstprodukt. Sehr viel interessanter und für den Leser verständlicher, wäre es gewesen, die Springerhandlung auf dem gleichen realistischen Niveau fortzuschreiben und ein wenig tiefer in die Händlerkultur dieses Volkes einzudringen. Eine Begegnung mit der HORNBURG und ihren Entführern hätte diese Handlungsebene ebenfalls Zufrieden stellend in den Plot integrieren können.  

Von der Zeichnung der Personen her ist „Countdown für Lepso“ Jörg Isenbergs bislang bester Fanroman. Das Spektrum der handelnden Personen ist breit. Vom siebzehnjährigen Jorgian Solar bis zum mehrfach angesprochenen Agenten Aarndt, der mit seiner Bombe lebt und fast eine perfide Symbiose bildet. Isenberg bemüht sich, auch den handlungstechnisch relevanten Offizieren der HORNBURG in dieser Extremsituation Gesichter, Facetten und Emotionen zu geben. Der Leser kann relativ schnell die Vielzahl der handelnden Personen voneinander unterscheiden.

Atmosphärisch ist sein Beitrag überzeugend, auch wenn mancher Hintergrund ein wenig mehr Spielraum verdient hätte. Der Autor unterstellt berechtigterweise, dass der Leser mit dieser aus heutiger Sicht „weit“ zurückliegenden Ära der Perry Rhodan Serie vertraut ist. Da keine „wichtigen“ Hauptfiguren des Rhodan Kosmos eine direkte Rolle spielen, kann der Autor bis auf bekannte Planeten wie Lepso, über den es in der ganzen Serie aber auch erstaunlich wenig allein stehendes Material gibt, aus seinem literarischen Vollen schöpfen und selbst sympathische Nebenfiguren im Rahmen ihrer Pflichterfüllung töten. Alleine die Inkarnation Cebranex scheint ein wenig zu überzogen und erinnert an die gegenwärtigen Abschweifungen der laufenden Serie, die unter allen Umständen „überdimensionale“ Wesenheiten integrieren müssen. Wie seine anderen Fanromane könnte auch „Countdown für Lepso“ außerhalb des Rhodan Kosmos spielen. Die grundlegende Handlung ist wie schon angesprochen mit einer Mischung aus „Die Hard“ Vertrautheit und gut platzierten interessanten Variationen sehr stringent und insbesondere nach einem etwas holprigen, auf zu vielen Hochzeiten spielenden Beginn spannend angelegt. Das Ende wirkt überhastet und die einzelnen Komponenten fügen sich rückblickend inklusiv des Hinweises auf die Zielperson – eher eine Enttäuschung denn eine Überraschung – zu leicht ineinander. Im Vergleich aber zu manch „Neo“ Geschichte oder den verkrampften Bemühungen, im Rahmen von „Perry Rhodan Action“ für Spannung zu sorgen, ist „Countdown für Lepso“ ein gut zu lesender Fanroman des bislang fleißigsten Autoren dieser kleinen Kaderschmiede für potentielle Perry Rhodan Autoren. 

 

 

Heftroman, 72 Seiten, Din A 5

Perry Rhodan Fan Edition 13

Mai 2013

bestellbar bei www.prfz.de

Kategorie: