Kolumne: Wie verdienen Filme eigentlich Geld?

Zugeben, auf den ersten Blick erscheint die Antwort auf die Fragestellung des Titels dieser Kolumne vergleichsweise simpel. Filme verdienen ihr Geld natürlich an den Kinokassen; schließlich berichten ja auch wir regelmäßig darüber, wie viele Hundert Millionen ein Blockbuster gerade wieder eingenommen hat. Nicht selten werden die Zahlen allerdings auch falsch interpretiert oder deutlich überbewertet. Daher lohnt es sich, einmal einen Blick darauf zu werfen, wie genau Filme eigentlich Geld verdienen.

Sehr oft laufen die Bewertungen, ob ein Film erfolgreich oder nicht erfolgreich war, auf den Blickwinkel der jeweiligen Betrachter heraus. Die einzigen, die einen Erfolg tatsächlich bewerten können, sind die Chefs der Filmstudios, und diese halten sich mit konkreten Aussagen in der Öffentlichkeit meist zurück. Ein gutes Beispiel für einen Film, der aufgrund der bekannten Zahlen eigentlich als Erfolg gelten müsste, in der Realität jedoch anders gesehen wird, ist The Amazing Spider-Man 2. Die Fortsetzung, die letztendlich Sonys Versuch, ein alleiniges Spider-Man-Universum zu etablieren, beendete, ist vor allem deshalb interessant, weil der Film sich gleich aufgrund einer ganzen Reihe von Punkten als gutes Beispiel eignet.

Die Budgetfrage

Bevor man sich damit beschäftigen kann, wie ein Film denn nun tatsächlich Geld einspielt, muss man erst einmal einen Blick auf die Ausgaben werfen. Eine der Hauptgründe, warum es so schwer ist, einen Film anhand des Boxoffices zu bewerten, liegt darin begründet, dass es eigentlich nie verlässliche Angaben gibt, wie teuer das Projekt war. Klar werden immer wieder Budgetangaben im Vorfeld veröffentlicht, diese sind aber in etwa so genau aussagekräftig wie die Reisezeiten in der aktuellen Staffel von Game of Thrones. Letztendlich geben sich die Studios gerade beim Thema Ausgaben immer sehr zugeknöpft. Daher sind in den Produktionskosten in der Regel auch nie Marketingausgaben enthalten. Gerade bei kleineren Filmen mit Budgets unter 50 Millionen Dollar kann es durchaus vorkommen, dass das Marketingbudget die tatsächlichen Produktionskosten übersteigt. Selbst bei großen Blockbustern ist es nicht selten üblich, noch einmal 100 Prozent auf das Budget draufzuschlagen.

Allerdings sorgen nicht nur die Kosten für Werbung für ungenaue Budgetangaben. Mitunter enthalten die offiziellen Angaben der Studios nicht einmal die Gehälter der Darsteller. Vor allem bei Blockbuster-Filmen mit einem entsprechend namhaften Cast sind diese jedoch in der Regel ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor, insbesondere wenn die Schauspieler auch an den Einnahmen beteiligt werden. Im Gegenzug gibt es allerdings auch Aspekte, die dafür sorgen, dass die Budgetangaben in positiver Hinsicht verfälscht werden. Steuerliche Vorteile, Produktplatzierung und Filmförderungen helfen Studios dabei, die Kosten zu drücken. Konkrete Angaben gibt es dazu ebenfalls selten. Wie verwirrend dies am Ende werden kann, zeigt sich schließlich bei unserem Beispiel The Amazing Spider-Man 2. Schätzungen zufolge soll sich das Budget des Films zwischen 200 bis 293 Millionen Dollar bewegen. Hierbei handelt es sich wohlgemerkt wie immer nur um die Produktionskosten. Werfen wir Marketing noch in den Mix, landen wir vermutlich bei weit über 500 Millionen. Wie teuer der Film am Ende wirklich war, weiß aber nur Sony.

Wenn die Einnahmen nur die Hälfte wert sind

Nun da wir geklärt haben, dass die Budgetangaben eines Films im besten Falle vage sind, kommen wir zu den tatsächlichen Einnahmen eines Films. Einer der Hauptgründe dafür, warum sich viele Analysten, Newsseiten und auch Filmfans so stark auf die Einspielergebnisse stützen und oft sogar stürzen, liegt darin begründet, dass hier tatsächlich einmal offiziell ermittelte Zahlen kommuniziert werden. Die Aussagekraft ist jedoch nicht zu überschätzen. Zum einen gibt es da sehr oft ein klassisches Missverständnis. Nur weil ein Film an den Kinokassen 600 Millionen Dollar eingespielt hat, landen diese nicht automatisch auf dem Konto des Studios. In den USA geht man typischerweise von 50 Prozent aus, die ein Studio von dem Einnahmen erhält, der Rest verbleibt beim Kino. Zudem sinkt der Betrag in der Regel, je länger ein Film in den Kinos läuft. Eine Marketingkampagne hat daher nicht nur das Ziel, die Zuschauer in die Kinos zu locken, sie sollen auch möglichst gleich am ersten Wochenende ein Ticket kaufen. Da Studios nur so ihre Einnahmen maximieren, ist es wenig verwunderlich, dass dem Startwochenende eines US-Blockbusters mit Prognosen und detaillierten Berichten zum Einspielergebnis eine so große Bedeutung beigemessen wird.

Mittlerweile spielen zudem neben den Einnahmen in den USA auch die internationalen Ergebnisse eine zunehmend größere Rolle. Allerdings sind diese Zahlen noch schwieriger zu interpretieren, da der Anteil an den Einnahmen für die Studios in vielen Ländern sogar noch unter den in den USA üblichen 50 Prozent liegen. Dies hängt neben den Verträgen der Studios mit den Kinobetreibern auch im großen Maße von den Steuern des Landes ab. Gerade in China soll der Anteil des Studios mit wohl 25 Prozent besonders gering sein, sodass die so oft gefeierten Zahlen nicht selten auch überbewertet sind. Das Hauptaugenmerk vieler amerikanischer Studios liegt daher natürlich immer noch auf dem heimischen Markt, auch wenn natürlich die internationalen Zuschauer eine wachsende Rolle einnehmen. Nur mit den Einnahmen des US-Markts würden sich viele Blockbuster nicht finanzieren lassen.

Spider Man Avengers Marvel
© Marvel Comics

Um auf unser Beispiel The Amazing Spider-Man 2 zurückzukommen, wird schon bei näherer Betrachtung der Einspielergebnisse deutlicher, warum die Verantwortlichen bei Sony den Film als Misserfolg ansehen. Von den 700 Millionen Dollar, die der Film in den Kinos einnehmen konnte, bleiben bei optimistischer Betrachtung von 50 Prozent lediglich 350 Millionen Dollar übrig. Bedenkt man zudem, dass die Fortsetzung mehr als 70 Prozent ihrer Einnahmen im Ausland erzielte, dürfte die tatsächlich erwirtschaftete Summe für Sony noch niedriger liegen. Allerdings muss man festhalten, dass bei der genauen Betrachtung der Boxoffice-Zahlen und der Halbierung der Summe nur wenige Filme wirklich einen Gewinn an den Kinokassen einfahren. Dass viele Blockbuster am Ende trotzdem erfolgreich sind, haben sie zusätzlichen Einnahmequellen zu verdanken.

Das Geschäft mit dem Spielzeug

Mit Star Wars sorgte George Lucas seinerzeit nicht nur für einen Kinoklassiker, er zeigte Filmstudios auch neue Möglichkeiten, richtig viel Geld zu verdienen. Seit den 70ern ist die Bedeutung von Merchandise immens gestiegen und heute bei vielen Filmen mindestens genauso wichtig wie die Kinoeinnahmen. Vor allem der Disney-Konzern erzielt seit dem Kauf von Pixar, Marvel und Lucasfilms einen großen Teil seiner Einnahmen über Merchandise. Wer sich beispielsweise schon immer gefragt hat, warum Pixar weiterhin Filme wie Cars produziert, obwohl deren Qualität gegenüber den weiteren Eigenprodutkionen deutlich abfällt, bekommt hier die Antwort. So soll das Cars-Franchise allein um die zehn Milliarden Dollar an Merchandise-Einnahmen generiert haben. Auch wenn in der Zahl wohl auch DVD-Verkäufe enthalten sind, ist dies doch ein beeindruckender Wert. Die beiden Filme allein kommen an den Kinokassen zusammen auf etwas mehr als eine Milliarde Dollar.

Ähnlich ertragreich erwies sich zuletzt auch wieder einmal das Star-Wars-Franchise. Um die drei Milliarden Dollar an Merchandise setzte Disney allein innerhalb von drei Monaten nach der Veröffentlichung von Star Wars – Das Erwachen der Macht um. Allerdings profitiert nicht nur Disney allein von Merchandise-Einnahmen. Das Transformers-Franchise soll beispielsweise ebenfalls schon weit über drei Milliarden zusätzliche Dollar auf diesem Weg eingenommen. Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass Filmstudios auf der Suche nach weiteren erfolgreichen Franchises sind. Gleichzeitig lässt sich das Format aber auch nicht auf alle Filme übertragen. Nicht ohne Grund sind es eben am Ende vor allem die Sommerblockbuster mit Merchandise-Potenzial, die mittlerweile die größten Filmbudgets erhalten. Romantische Komödien oder Dramen eignen sich dagegen weniger für den Merchandise-Markt, da sich die verkaufbaren Produkte wie Spielzeuge, Spiele etc. in Grenzen halten.

Spannend ist bei der Thematik zudem auch wieder unser Beispiel The Amazing Spider-Man 2. Einer der Gründe, warum der Film für Sony kein finanzieller Erfolg war, lässt sich beim Merchandise finden. Marvel und Sony hatten ursprünlich einen Deal, bei dem beide Seiten sowohl an den Einnahmen an den Kinokassen als auch bei Merchandiseverkäufen beteiligt wurden. Dieser wurde im Vorfeld der Produktion The Amazing Spider-Man 1 jedoch neu verhandelt. Fortan behielt Sony alle Kinoeinnahmen, während Marvel beziehungsweise deren Mutterkonzern Disney die Merchandiserechte bekam. Dadurch entfiel für Sony bei The Amazing Spider-Man 2 eine signifikante Einnahmequelle, während die Einnahmen an den Kinokassen unter den Erwartungen blieben.

Zu Hause auf der Couch

Nicht zuletzt verdienen Filme natürlich auch weiterhin auf dem Heimvideomarkt ein Teil ihrer Gesamteinnahmen. Hier hat sich die Landschaft in den vergangenen Jahren aber stark verändert, da DVD- und Blu-ray-Verkäufe deutlich zurückgegangen sind. Im Gegenzug haben sich Streaming-Rechte als immer wichtiger erwiesen. So sicherte sich Netflix beispielsweise in diesem Jahr die US-Rechte für Disney-Produktionen inklusive Star Wars, Marvel und Pixar und zahlte dafür wohl über 300 Millionen Dollar. Dieser Markt ist also für Filme zunehmend von Bedeutung, und auch kleine Produktionen können durch Streaming-Rechte profitieren. Gerade Indie-Produktionen nutzen heute verstärkt ein Modell, bei dem ein Film nicht nur in den Kinos, sondern auch zeitgleich bei einem Streaming-Dienst startet.

Oft unterschätzend werden zudem die Fernsehrechte. Nach wie vor verdienen Filmproduktionen mit dem Verkauf von Fernsehrechten gutes Geld. Vor allem gegenüber der Kino- und Heimvideoveröffentlichung hat der Fernsehmarkt einen großen Vorteil. Bei einer TV-Ausstrahlung sind die Werbemaßnahmen grundsätzlich Aufgabe der Sender. Das heißt, die Einnahmen werden im Gegensatz zum Kinostart für die Filmstudios nicht geschmälert. Wirkliche Informationen, wie viel Geld die Filmstudios über den Heimvideomarkt oder die TV-Rechte einnehmen, gibt es allerdings wieder einmal kaum. Daher lassen sich die Zahlen schwer in eine Bewertung aufnehmen. Trotzdem sollte man die Einnahmemöglichkeiten nicht unter den Tisch fallen lassen, da sie gerade für kleine Filme immer noch wichtig sind.

Fazit

Zum Schluss lässt sich festhalten, dass die Bewertung eines Filmerfolges aufgrund der zugeknöpften Filmstudios in der Regel schwierig ist. Letztendlich bleiben die Einspielergebnisse oft die einzigen konkreten Zahlen, was aber immer wieder dazu führt, dass diese falsch interpretiert oder überwertet werden. Filme verdienen auf verschiedenste Wege Geld und lassen ihren finanziellen Erfolg daher oft nicht konkret bestimmen. Trotzdem sind gerade die Einspielergebnisse zu einem Fixpunkt geworden, über den viel diskutiert wird. Dies macht natürlich auch Spaß, jedoch sollte man sich in die Thematik nicht zu sehr reinsteigern. Ein konkretes Finanzergebnis ihrer Filme werden uns die Filmstudios vermutlich nie präsentieren.

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