Kritik zu Tales of Berseria: Vendetta um jeden Preis

Tales of Berseria Logo

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Geschichten in High-Fantasy-Videospielen fallen schnell einer klassischen Formel zum Opfer: Der auserwählte Held sammelt eine bunte Gruppe tapferer Recken um sich und verteidigt die Welt gegen die Heerscharen des Bösen. In Tales of Berseria schert sich die Protagonistin nicht um solche Verhältnisse: Sie möchte einfach nur ihre Rache.

Die große japanische Tales-of-Reihe brauchte schon lange Veränderung, die jährlichen Ableger sind für viele zu ähnlich. Mit Tales of Berseria, dem mittlerweile 16. Titel, präsentieren die Entwickler eine eindrucksvolle Wandlung bei Geschichte und Charakteren und wenden sich von etablierten Standards ab.

Gut und Böse gibt es nicht, nur der Kampf von Logik gegen Emotion, beide Seiten hinterlassen unzählige Tote, was richtig ist, muss schlussendlich der Spieler selbst entscheiden. Helden gibt es im Spiel keine, jeder hat auf seine Art Leichen im Keller, manchmal sogar wortwörtlich.

Dass Velvet Crowe die erste alleinige Protagonisten in dem Spieleuniversum ist, ist erstaunlicherweise die am wenigsten erwähnenswerte Neuerung. Sie ist hasserfüllt und unsympathisch - opfert für eine Flucht ohne mit der Wimper zu zucken sogar eine ganze Stadt. Ein für Genre-Standards also sehr gewagtes Experiment, denn kann solch ein Charakter durch dutzende Stunden Spielzeit Sympathieträger sein?

Tales of Berseria Velvet Battle
© Bandai Namco

Dämonen gegen Menschen - mit einem Twist

Velvet beginnt als junges Mädchen vom Lande in einem mittelalterlichen Dorf, was aus einem Bilderbuch stammen könnte. Sie lebt zusammen mit ihrem kleinen Bruder Laphicet und ihrem Schwager Artorius, der sie nach dem Tod ihrer Verwandtschaft großgezogen und im Kampf unterrichtet hat.

Das Leben ist friedlich, bis sich in einer klischeehaften Nacht alles ändert. Die Dorfbewohner werden zu wilden Dämonen und Artorius tötet ihren Bruder bei einem mysteriösen Ritual, das Velvet selbst auch in eine Art Dämon verwandelt. Sie verbringt die nächsten drei Jahre gefangen in dunklen Verliesen. Bei einem Ausbruch opfert sie beinahe alle anderen Insassen, um zu entkommen - nicht gerade in bester Stimmung.

Mittlerweile ist Artorius der Anführer der herrschenden Kirche, beim Volk beliebt und mit beinahe absoluter Macht. Diese unwichtigen Einzelheiten sind Velvet aber vollkommen egal, weswegen sie sofort eine Vendetta gegen jeden startet, der sich zwischen sie und Artorius stellt. Schnell kristallisiertsich heraus, dass auch die Kirche nicht nur Gutes im Sinn hat.

Ihr schließen sich weitere Außenseiter an, die das System nicht akzeptiert: Etwa ein dämonischer Samurai, ein verfluchter Pirat und eine sarkastische Gauklerin, die nebenbei noch eine mächtige Hexe ist.

Das mag insgesamt nach einer etwas zufälligen Mischung klingen, funktioniert aber unheimlich gut. Die Dynamik der Gruppe sucht ihresgleichen, niemand von den sympathischen Mördern bleibt in der Geschichte am Ende er selbst. Viele überraschende Wendungen lassen den Spieler am Ball bleiben und machen Hoffnung für das Storytelling in zukünftigen JRPGs (japanischen Rollenspielen).

Tales of Berseria Pirate Battle
© Bandai Namco

Animation und Technik

Die Geschichte wird außerhalb vom Gameplay in drei Arten von Zwischensequenzen erzählt. Die typischen 2D-Sketche dominieren, sind allerdings auch nie länger als eine Minute. Das funktioniert hervorragend im Zusammenspiel mit den seltenen Anime-Sequenzen, für die ein externes Studio engagiert wurde. Ein altes Problem bleibt aber: Die Grafik-Engine.

Tales of Berseria ist nicht mehr auf dem Stand der Technik. Die Grafik ist in die Jahre gekommen, weshalb das Spiel zu oft nicht so gut aussieht, wie es könnte. Das Ärgernis gibt es in der Reihe schon länger - wer die Titel der letzten Jahre vergleicht, wird erschreckenderweise feststellen, dass kaum Veränderung zu sehen ist.

Auch das generische Kampfsystem ist seit Tales of Zestiria nicht stark verändert worden. Das ist nicht besonders schlecht, aber eben auch nicht besonders gut. Es reicht aus, um zu unterhalten, wer sich mit allen Mechaniken lange auseinandersetzt und höhere Schwierigkeitsgrade auswählt, mag sogar taktisch herausgefordert werden.

Fazit

Tales of Berseria ist ein großer Schritt in die richtige Richtung für die Zukunft der Reihe. Die Rolle des scheinbaren Bösewichtes ist erfrischend, tolle Wendungen lassen die Erzählung im Fantasy-Genre ganz oben mitspielen. Wer also die alte Technik verkraften kann, sollte sich Berseria ansehen, vor allem, wenn die Vorgänger durch bekannte Charakterrollen und Handlungsstränge nicht gefielen.

Tales of Berseria ist für die Playstation 4 und den PC erhältlich.

Tales of Berseria - Launch Trailer | PS4, PC (Steam)

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