Es geht kein Weg zurück - Kritik zu Spider-Man: No Way Home

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Die Handlung von Spider-Man: No Way Home setzt dort an, wo Spider-Man: Far From Home endete: Die Identität von Peter Parker (Tom Holland) als Spider-Man ist enthüllt und Peter sieht sich mit den Folgen konfrontiert. Viele halten ihn für einen Mörder, es gibt nur wenige, die auf seiner Seite stehen. Damit geraten auch die Personen, die ihm wichtig sind, in den Fokus der Gesellschaft und vor allem der Behörden. Peter sieht nur einen Ausweg: Er benötigt die Hilfe von Doctor Strange (Benedict Cumberbatch), um die Situation wieder zu bereinigen. Alle sollen vergessen, dass Peter Parker die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft ist. Alle? Wirklich alle? Dass eine Idee länger durchdacht werden möchte, stellt sich heraus, als Doctor Stange sich bereit erklärt, Peter mit einem Zauber zu helfen …

Marvel pocht auf Geheimhaltung und fährt eine strikte No-Spoiler-Regel. So auch mit Spider-Man: No Way Home. Bevor die Pressevorführung starten konnte, wiesen Tom Holland, Zendaya und Jacob Batalon in einem Vorab-Clip eindringlich darauf hin, bitte nichts zum neuesten Spider-Man-Film zu spoilern. Um das Ganze aufzulockern, hatte auch Jamie Foxx einen Auftritt in dem Clip - schließlich ist er auch seine Beteiligung am Film ein Spoiler. Und unbewusst legt Marvel damit einen Finger in eine Wunde, die durch die Teaser und Trailer offen war - denn eigentlich war schon vorab genug bekannt über die Geschichte. Immerhin waren spätestens im Trailer alle Widersacher eines Peter Parker zu sehen. Und zwar wirklich alle.

Marvel und die Geheimhaltung

Damit ist es auch schwierig, eine Kritik zu einem Film zu schreiben, über den das Publikum vorab eigentlich schon fast zu viel weiß. Aber im Gegensatz zur unserer spoilerfreien Kritik zu Spider-Man: Far From Home besteht für Spider-Man: No Way Home definitiv die Gefahr: Sowohl die Geschichte als auch die Charakterentwicklung von Teil 3 präsentieren Stolpersteine, die empfindliche Gemüter als Spoiler werten könnten. Deswegen sei an dieser Stelle verziehen, dass diese Kritik nicht sehr konkret auf die Handlung eingehen kann. Dafür gibt es dann an anderer Stelle die Spoilerkritik, die demnächst erscheinen wird.

Fest steht jedoch: Seit seinem ersten Auftritt in Captain America: Civil War hat Peter so einiges im Marvel Cinematic Universe durchmachen müssen. Vom unbedarften Jungen, der erst einmal verarbeiten muss, dass er mit all den Helden zusammenarbeiten darf/muss, ist spätestens nach dem Blip und den Ereignissen von Avengers: Endgame nicht mehr sehr viel übrig geblieben. Peter ist älter geworden und hat mehr gesehen, als es vermutlich für einen Jungen in seinem Alter gut ist. Mit mittlerweile 17 Jahren hat er einige Schlachten geschlagen und mit Tony Stark seinen Mentoren verloren.

Drama! Marvel braucht Drama!

Damit dürfte es nicht zuviel verraten sein, dass die Leichtigkeit, die es in den ersten Spider-Man-Filmen gab, fast nicht mehr vorhanden ist. Vorbei sind die Zeiten der unanständig weitreichenden Schulfahrten quer durch Europa. Die vorab veröffentlichten Clips haben bereits gezeigt, dass die Schule für Peter nun einem Spießrutenlauf gleicht. Drama. Marvel fährt von Anfang an das Drama hoch.

Dies ist jedoch deswegen notwendig, um den Leidensdruck von Peter so zu erhöhen, dass er keinen anderen Ausweg sieht, als Doctor Strange um Hilfe zu fragen. Einmal alles auf Reset, vergessen, was war und mit einer weißen Leinwand neu anzufangen. Dieser Wunsch ist vielleicht naiv, aber seien wir ehrlich - der eine oder andere hat sich das nach schlimmen Ereignissen im eigenen Leben bestimmt auch schon einmal gewünscht.

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Allerdings ist es schon verwunderlich, dass gerade eine Persönlichkeit wie Doctor Strange, die in den vorangegangenen Filmen der unnahbare Narzisst war, jetzt auf einmal ihre soziale Ader findet. Zwar ist es amüsant mit anzusehen, wie gekonnt Darsteller Benedict Cumberbatch den Zwiespalt zwischen “Junge, du nervst” und “Du tust mir schon leid” darstellt, jedoch wirken seine Motive nicht immer nachvollziehbar. Harte Schale, weicher Kern? Doch mehr Ähnlichkeit zu Tony Stark als viele geglaubt haben? Oder die einzige von weiteren 14.000.065 Möglichkeiten, ein Problem zu lösen? Wer weiß …

Wie viele Schurken brauchen wir? Und Marvel so: Ja!

Der Plan von Peter geht bekanntlich aber nach hinten los und gibt den Drehbuchautoren damit die Möglichkeit, einige Widersacher aus den früheren Spider-Man-Filmen zu reaktivieren, bevor Tom Holland die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft wurde. Peter bekommt es gleich mit fünf Schurken auf einmal zu tun: Es gibt ein Wiedersehen mit wie bereits erwähnt Jamie Foxx als Max Dillon alias Electro, Alfred Molina als Otto Octavius alias Doctor Octopus, Willem Dafoe als Norman Osborn alias Green Goblin, Thomas Haden Church als Flint Marko alias Sandman und Rhys Ifans als Dr. Curt Connors alias Lizard.

Alle Darsteller haben sichtlich Spaß, wieder in ihre alten Rollen zu schlüpfen. Dabei sticht Willem Dafoe als Green Goblin aber besonders hervor. Seine Figur springt so gekonnt zwischen den zwei Persönlichkeiten hin und her, dass Doctor Jekyll und Mr. Hyde ihre helle Freude daran hätten.

Peter muss erwachsen werden

Fünf Schurken auf einmal bedeutet aber auch das schon erwähnte Drama. Spider-Man: No Way Home zwingt Peter, erwachsen zu werden. Und hier darf Tom Holland zeigen, dass er mehr kann, als nur den quirligen, oft überforderten Teenager darzustellen. Zwar ist es keine tiefgründige Charakterstudie, die das Publikum zu sehen bekommt, dafür ist in der Handlung rund um das Multiversum nicht viel Platz. Dennoch sind es viele Gesten von Holland und Momente, die zeigen, wie Peter sich entwickelt hat. Waren Spider-Man: Homecoming und Spider-Man: Far From Home mitunter hart an der Grenze zur Teenie-Komödie, kann man Spider-Man: No Way Home getrost als Coming-Of-Age-Film bezeichnen.

Manche Kritiker mögen deswegen vielleicht bemängeln, dass die Komödienmomente zu kurz kommen werden. Aber vielleicht hat man bei Marvel gelernt, dass die Helden sich in bestimmten Momenten einfach mal ernster präsentieren dürfen, ohne zwangsläufig noch einen lockeren Spruch präsentieren zu müssen - diese wirkten in manchen Filmen des MCU sowieso fehl am Platze. Man kann aber beruhigt sein: ganz ohne das eine oder andere Geplänkel kommt auch Spider-Man: No Way Home nicht aus.

It's up to you, New York

Wie für Marvel außerdem üblich, präsentiert sich der Film bildgewaltig. Regisseur Jon Watts hat New York wie gewohnt hier als weitere Darstellerin in Szene gesetzt und sorgt gerade in der Anfangssequenz mit den gekonnten Kamerafahrten in der Flucht durch die Häuserschluchten der Stand für Videospiel-Feeling à la Marvel’s Spider-Man. Untermalt werden die Bilder durch den gewaltigen Soundtrack von Michael Giacchino, der in den entscheidenden Momenten für zusätzliche Gänsehaut sorgt. Hier liefert das Kreativteam die erwartete, starke Leistung.

Es ist somit spannend zu sehen, wie sich das Multiversum entwickelt und welche Konsequenzen dies mit sich bringt. Zu Ende ist die Geschichte um das Multiversum definitiv nicht. Im nächsten Jahr führt Doctor Strange in the Multiverse of Madness diese Handlung weiter. Man darf gespannt sein.

Fazit

Es war nur eine Frage der Zeit, bis Peter Parker erwachsen werden musste. Spider-Man: No Way Home ist die konsequente Weiterentwicklung dieser Figur und zeigt sich ernster als die Vorgänger. Marvel präsentiert hier Drama, das aber nicht zu dick aufgetragen ist und somit funktioniert. Abgerundet wird das Kinoerlebnis von einem Cast, der zu überzeugen weiß. Wer in der aktuellen Lage ein Kino besuchen kann und mag, sollte sich Spider-Man: No Way Home nicht entgehen lassen.

Spider-Man: No Way Home Poster
Originaltitel:
Spider-Man: No Way Home
Kinostart:
15.12.21
Regie:
Jon Watts
Drehbuch:
Chris McKenna, Erik Sommers
Darsteller:
Tom Holland, Zendaya, Marisa Tomei, Tony Revolori, Jacob Batalon, Jamie Foxx, Benedict Cumberbatch, Alfred Molina,
In seinem dritten MCU-Abenteuer bekommt es Spider-Man mit vielen bekannten Schurken aus früheren Spider-Man-Inkarnationen zu tun.

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