Das Ende ist der Anfang - Kritik zu Star Trek: Picard 1.03

SPOILER

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Alle soweit nötig auf aktuellen Stand gebracht, Figuren auf Position -  na denn man tau! Im Verlauf von Star Trek: Picard 1.03 “Das Ende ist der Anfang” verlässt Jean-Luc endlich die Erde und blüht sichtbar auf. Und auch auf dem Borg-Würfel aka Artefakt geht es schrittweise voran.

All of this has happened before…

Ich wollte die Battlestar-Galactica-Anspielungen ja eigentlich runterfahren, aber sie drängen sich so auf! In kurzen, über die Folge verteilte Szenen von der Romulanischen Rückgewinnungsstation bekommen wir einiges und gleichsam wenig an neuen Informationen. Das scheinen Mythengebilde so an sich zu haben. Aber der Reihe nach:

Es gibt ein Wiedersehen mit Ex-Borg (XB) Hugh (Jonathan Del Arco), der von den Romulanern als Leiter des Rückgewinnungs-Projektes eingesetzt wird.  Dr. Soji Asha scheint Nachwuchskraft zu sein, eigentlich Anthropologin, die aber im Rahmen der Ent-Borgung die Lebewesen hinter den Implantaten therapeutisch begleitet. Da sticht sie durch viel Empathie und Sprachtalent hervor, was Hugh zu schätzen weiß.

Deswegen ermöglicht er ihr ein Treffen mit Ramdha (Rebecca Wisocky), einer der wenigen von den Borg assimilierten Romulanerinnen, die zurückgewonnen werden konnte. Ramdha galt als eine der führenden Expertinnen für romulanische Mythologie/Spiritualität (oder wie sie bevorzugt, die “News”). Soji begründet ihren Wunsch damit, dass sie an der therapeutischen Bedeutung eines geteilten mythologischen Rahmenkonzepts interessiert sei. Der scheint nämlich den Romulanern zu helfen, dass sie schneller/besser wieder Zugang zu ihrem Vor-Borg-Selbst bekommen als andere. Sie zeigt in der Kommunikation mit Ramdha, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht hat und die Grundzüge versteht. Ramdha aber halt auch - mit Hilfe ihrer “Tarotkarten”: Soji ist eine von zwei Schwestern und die prophezeite “Zerstörerin”.

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Gut, irgendwoher müssen ja auch Narek und Schwester Narissa aka Lt. Rizzo ihre Information über Soji haben. Die Geschwister sind wieder vereint (also, trotz gewisser Lannister-Vibes nicht SO), aber nur die Möchtegern-Georgiou mit zurückgespitzten Ohren scheint darüber erfreut.

Halten wir fest: Soji ist noch nicht voll aktiviert und ahnt nichts von ihrer eigentlichen Identität (wie praktisch, dass ihre “Mutter” sie bei kritischen Nachfragen einfach schlafen schicken kann). Auf jeden Fall hat Soji mehr Wissen als sie haben dürfte und fragt statt nach Mythen nach den Hintergründen der Assimilierung des romulanischen Schiffes und wie es dazu kam, dass dies den Borg-Würfel schadete.

Wer also hat Soji dort platziert und für wen arbeitet sie? Warum wissen Romulaner da anscheinend mehr? Ein synthetischer Schläfer-Skin-Job mit prophetischer Vorhersage, großen Namen und Mythologiegespinst. “There must be some kind of way outta here …” - nur nicht verheddern, liebe Serienmacher!

Entgeisterung

Auf der Erde geht und ging es derweil deutlich weniger spirituell, sondern knallhart politisch zur Sache. Wieder einmal begeistert das Schauspiel aller Beteiligter. Die Rückblickszene kurz nach dem Moment, in dem der Austritt von Picard von der Sternenflotte angenommen wurde - brillant. In wenigen Minuten wird klar: Raffi war Untergebene und enge Vertraute von Admiral Picard im Rahmen der Romulaner-Rettungs-Mission. Und nicht nur von der Sternenflotte, sondern auch von Jean-Luc (an das JL muss ich mich erst noch gewöhnen) über die Aufgabe persönlich schwer getroffen und enttäuscht.

Die Rettungs-Mission ist ohnehin nur unter Protest in der Föderation zustande gekommen und durch den Mars-Angriff hatte es dafür endgültig keine Rückendeckung mehr gegeben. Obwohl mit Anstrengung trotz der Schäden und nötiger Ressourcenumverteilung die Fortsetzung möglich gewesen wäre. Doch dass Picard in der Sternenflotte keinen Rückhalt mehr hat, auch sein “wir müssen das machen, ansonsten gehe ich” sofort ernst und angenommen wurde - das hat ihn sichtbar ehrlich erschüttert und jeglichen letzten Funken Kampfgeist erlöschen lassen. Mit unmittelbaren moralischen und persönlichen Konsequenzen für ihn und Raffi.

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Raffi, einst Offizierin der Sternenflotte, verliert mit einem mal ohne eigene Schuld ihren Status und ihre Karriere. Picard trifft sie 14 Jahre später drogenabhängig im Trailer mitten im Nirgendwo (Vasquez Rocks! :D), und Raffi hält mit nichts zurück, auch nicht den Hinweis auf die doch sehr unterschiedlichen Verhältnisse, in denen beide leben (was wieder das Fass zu Fragen rund um “Kein-Geld-Trek-Welt-Utopie” aufmacht). Und dass Picard auch kein Freund oder sonderlich gut im Kontakthalten ist. Jeder kennt doch so jemanden, der sich nur meldet, wenn er was braucht.

Aber Picard weiß, wie er sie (oder eher eben ein Raumschiff) bekommt: Mit romulanischer Geheimpolizei auf Erden hat man Raffis Aufmerksamkeit. Sie vermutet seit jeher ja ohnehin die Tal Shiar in Zusammenarbeit mit jemanden aus der Sternenflotte hinter dem Angriff auf den Mars.

Übrigens, wer sich mehr für Picards und Raffis gemeinsame Zeit in der Sternenflotte und die Rettungs-Mission interessiert: Am Mittwoch erscheint mit “Star Trek: Picard - Die letzte und einzige Hoffnung” die Vorgeschichte als Begleitroman (von Una McCormack). Um nicht zu spoilern erscheint dazu noch eine eigene Kritik, aber so als Vorabinfo. Es war auch Patrick Stewarts Wunsch, dass das Buch erst nach Episode 3 herauskommt.

Heimelig, aber kein Zuhause

Trotz seiner Enttäuschung und obwohl auch sein Alter einen Ruhestand durchaus rechtfertigen würde - angekommen ist er im ach so heimeligen französischen Weingut nie. Er hat es wirklich versucht, wie er Laris kurz vor dem bevorstehenden Abschied mit Blick in die Sterne sagt.

Kurz nachdem Zhaban noch ein Lunchpaket zusammengestellt hat, können sich die beiden Mitbewohner von ihrer anderen Seite zeigen: Ein Trupp Tal Shiar (oder auch Zhat Vash, der Geheimnisgrad bleibt offen) greift an. Wie gut, dass Laris und Zhaban selbst romulanische Spezialkräfte gewesen sind und überall im beschaulichen Chateau Picard Waffen versteckt haben. Außer den Angreifern wird niemand ernsthaft verletzt (kurz habe ich um Picards Mitbewohner gebangt!), aber Neues erfahren wir auch nicht. Nagut, dass Zhaban und der eine Angreifer aus dem Norden kommen und daher Dickköpfe wären.

So kommt Dr. Agnes Jurati aber auch zu ihrem ersten Actioneinsatz. Nachdem sie Besuch von Commodore Oh erhalten hat und über Picard ausgefragt worden ist, macht sie sich gleich auf nach Frankreich, um sich ihm anzuschließen. Ist sie jetzt (eventuell unwissentlich) im Auftrag/als Spionin für Oh dabei? Und warum trägt Oh eine Sonnenbrille? Gerade wenn sie als Vulkanierin durchgehen will, die lichtunempfindlicher sind. Rieche ich das Spiegeluniversum? Oder macht man das so, wenn man geheime heimliche Geheimagentin ist?

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Sag es, SAG ES!

Ich habe schon lange niemanden mehr so aktiv NICHT Platz nehmen sehen wie Jean-Luc mit Blick auf den Kommandosessel. Raffi hat ihm tatsächlich ein (schickes) Raumschiff nebst (ebenfalls schicken) Piloten besorgt. Es liegt nicht nur an der einsetzenden Musik, dass Picard mit Betreten des Schiffes gleich wieder anders, vertrauter wirkt. Leichter, zuversichtlicher - schon beinahe aufgeregte Freude sind zu spüren.

Synth sind verboten, hochentwickelte Hologramme aber nach wie vor erlaubt. Sagt ja gleich etwas über Wolverine-Rios (Santiago Cabrera), dass er es so witzig-fürsorglich, aber eben auch nach seinem Bilde programmiert. Jean-Luc zeigt sich gleich begeistert, denn er vermutet in Rios beste Sternenflotten-Manier. Immerhin sei das Schiff nach allen Richtlinien tadellos. Ohne genaue Hintergründe zu bekommen, aber im Gespräch mit seinem Hologramm eben doch bestätigt: Ja, Rios war anscheinend bei der Sternenflotte und das grausame Ende seines Captains nimmt ihn immer noch mit. Und jetzt ist da die Legende Picard bei ihm an Bord.

Natürlich findet sich auch Raffi am Ende auf dem Schiff wieder, und so ist die fast komplette Rollenspielgruppe (ich warte immernoch auf den vulkanischen Legolas aus den Trailern) bereit für den Abflug.  Sehr schön, die unterschiedlichen Reaktionen zu sehen: Die entnervte Raffi, die enthusiastische Agnes und Rios, der sich wohl doch auch zumindet etwas positiv an seine Sternenflottenzeit erinnert und beinahe stellvertretend für uns Zuschauer zu denken scheint: Sag es, ich warte! Ein guter Aufbau, auch in der Körpersprache schön vereint (die eine Seite in bekannt-beliebter Pose, in der anderen Hand noch ganz bodenständig die Mitbringsel aus Frankreich im Jutebeutel) hin zu einem perfekten Moment: Captain Jean-Luc Picard zurück auf der Brücke. Engage!

Fazit

Dicht und spannend erzählt, eine gute Mischung aus Charaktermomenten, Action und Geheimniskrämerei mit einem äußerst befriedigenden Höhepunkt als Episodenabschluss. In dieser Folge zeigt sich deutlich die andere Erzählweise und eigene Geschichte, ohne aber das Wesentliche von Picard zu verlieren oder die Serienvergangenheit zu schädigen. Im Gegenteil.

Noch sechsmal schlafen, bis es endlich weitergeht!

Star Trek Picard Episode 4 Preview

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